Die Addams Family in verrückter Tradition

Mitte der 60er Jahre liefen zwei sich sehr ähnelnde Comedy-Serien im US-TV und später auch im deutschen Fernsehen, Die Munsters und Addams Family. Letztere beruhte auf Werken des Cartoonisten Charles Addams. Die Addams fanden 1991 erfolgreich den Weg auf die Kinoleinwand. Marius Joa hat sich die 1993 erschienene Fortsetzung auf DVD angesehen und schreibt, warum dieser Film so gelungen ist.

Die Addams Family in verrückter Tradition (Addams Family Values)
Schwarze Komödie/Satire USA 1993. Regie: Barry Sonnenfeld. 90 Minuten (PAL-DVD). FSK ab 12.
Mit Raul Julia, Anjelica Houston, Christopher Lloyd, Joan Cusack, Christina Ricci, Jimmy Workman, Carol Kane, Kaitlyn und Kristen Hooper, Carel Struycken, David Krumholtz, Peter MacNicol, Christine Baranski u.v.a.

“Es ist düster. Es ist deprimierend. Es ist trostlos – Es ist ein Traum!“

Die komplette Addams-Familie ist aus dem Häuschen: Mutter Morticia (Anjelica Houston) erwartet ganz plötzlich ihr drittes Kind. Im Krankenhaus kommt schließlich der kleine Pubert (Kaitlyn und Kristen Hooper) zur Welt, der seinem Vater Gomez (Raul Julia) schon sehr sehr ähnlich sieht. Wednesday (Christina Ricci) und ihr Bruder Pugsley (Jimmy Workman) sehen die Ankunft ihres kleinen Bruders mit gemischten Gefühlen, weil sie sich der Aufmerksamkeit ihrer Eltern nun nicht mehr sicher sein können. Damit vor allem Morticia nicht überfordert wird, begibt sich die Familie auf die Suche nach einem Kindermädchen. Nach diversen ungeeigneten Kandidatinnen taucht überraschend die attraktive Debbie (Joan Cusack) auf und bekommt den Job. Gomez’ einsamer Bruder Fester (Christopher Lloyd) verliebt sich sofort in die aufregende und sehr offene Blondine, nicht ahnend, dass sie weniger an ihm, als vielmehr an seinem Geld interessiert ist. So schiebt Debbie Wednesday und Pugsley in ein Sommercamp für „privilegierte Jugendliche“ ab, um ihren Plan voran zu treiben und Fester zu heiraten, um ihn dann von seiner Familie zu entfremden und höchst diskret um die Ecke zu bringen.

Gomez, Morticia und Baby Pubert.

Die Addams Family, eine höchst merkwürdige Sippe, dürfte wohl fast jedem irgendwie ein Begriff sein, ob aus der Serie aus den 60ern oder den beiden Kinofilmen. Vater Gomez, mit dem dezenten Schnurrbärtchen, ist ein echter Ladykiller und flüstert seiner totenbleichen und gertenschlanken Gattin Morticia immer noch spanische Liebesschwüre ins Ohr, die diese auf französisch erwidert. Die beiden ältesten Kinder Wednesday und Pugsley spielen am lieben mit Mordwerkzeugen und anderen gefährlichen Utensilien, wobei die Tochter für besonders trockene Bemerkungen bekannt ist. Da wäre auch noch der lange und dünne Butler Lurch (Carel Struycken), der nie ein Wort sagt und öfter mal einen Fehltritt seiner Dienstherren ausbaden muss. Bei zwei Charakteren wurde im Vergleich zur Serie etwas geändert. So ist Grandmama (Carol Kane) die Mutter von Morticia und nicht die von Gomez. Fester, der in Teil 1 nach Jahren der Verschollenheit zurückkehrte, ist nicht Morticias Onkel, sondern Gomez’ Bruder. Nicht zu vergessen ist natürlich das eiskalte Händchen (Christopher Hart), das seine Finger öfter im Spiel hat.

Neben den bekannten Namen innerhalb des Addams-Clans setzte Regisseur Barry Sonnenfeld (Men In Black) auch hier wieder auf Starbesetzung bis in die Nebenrollen. Joan Cusack überzeugt als überdrehte Debbie, die mit ihrem vorgetäuschten Charme das Vertrauen und die Liebe von Fester gewinnt. Das ziemlich durchgeknallte Sommercamp-Ehepaar Gary Granger und Becky Martin-Granger wird von Peter MacNicol (Bean, Mel Brooks Dracula, Numb3rs) und Christine Baranski (Chicago) verkörpert. Nathan Lane (The Producers) hat einen kleinen Auftritt als Polizist, Peter Graves (Mission: Impossible) einen Part als Nachrichtensprecher. David Krumholtz, Star der Serie Numb3rs, spielt hier den kränklichen Intellektuellen Joel Glicker, der genau wie die Addams-Kinder mit dem gespielten Fröhlichkeitsterror im Sommercamp überhaupt nichts anfangen kann.
Genial spielt die damals 13jährige Christina Ricci die düstere Addams-Tochter Wednesday, die mit ihren bösen Blicken und noch böseren Bemerkungen ihre Mitmenschen schockt und beim Zuschauer für viel Unterhaltung sorgt. Zwar spielen Christopher Lloyd, Anjelica Houston und die anderen Darsteller des Addams-Clans sehr gut, doch Christina Ricci stiehlt ihnen fast die Show.

Neben der gelegentlich theatralischen, aber immer passenden Musik sowie den gelungenen Grusel-Sets (im Haus der Familie) überzeugt der Film vor allem durch seinen grandiosen schwarzen Humor, der sich besonders in den Dialogen niederschlägt. Treffend, bitterböse, makaber, aber von genialer Situationskomik. Ein Hammerspruch jagt den anderen, wenn nicht gerade ein sehr schwarzer Gag vorkommt. Die zweite große Stärke: die satirische Gesellschaftskritik an der High-Society im Sommercamp, wo vor allem die beiden Leiter als schleimende Schwachköpfe dargestellt werden. Genial und dezent zugleich ist die Beleuchtung. So wird Morticias Gesicht von Augen bis Nase immer von einem leichten Licht angestrahlt.

Als Schwächen des Films könnte man die am Ende doch sehr konstruierte Geschichte anführen. Außerdem ist nach 90 Minuten schon Ende und dass ist sehr schade, denn die Story hätte sicherlich weiteres Potential gehabt. Insgesamt dürfte Die Addams Family in verrückter Tradition eine der besten schwarzen Komödien sein. Auch für Nichtkenner der alten Serie dürfte der Film mehr als sehenswert sein.

Fazit: Bitterböse, schwarze Komödie mit genialen Dialogen, makabren Gags und Gesellschaftskritik. Herausragend bei den Darstellern: Christina Ricci mit ihren bösen Blicken. 9 von 10 Punkten.


Was führt Debbie im Schilde?

Schwarz, böse, schlagfertig: Wednesday Addams.

Zur DVD:

Sprachen: Deutsch (Dolby Surround), Englisch (Dolby Digital 5.1), Tschechisch (Dolby Surround, Ungarisch (Mono).

So genial der Film, so schwach ist die DVD-Ausstattung, die lediglich zwei Kinotrailer bietet. Da bleibt nur das Warten und Hoffen, dass Paramount irgendwann eine Special Edition auf den Markt bringt.

Marius Joa, 22. Juli 2007. Bilder: Paramount.


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Kommentare

7 Antworten zu „Die Addams Family in verrückter Tradition“

  1. […] Die Addams Family (vor allem in ihrem zweiten Kinuauftritt) fand ich als Film tatsächlich weitaus besser als in der alten […]

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  7. […] Die Addams Family in verrückter Tradition Zum Schluss mal ein sehr schwarzhumoriger „Familienfilm“, nämlich die zweite […]

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