Der Hobbit: Eine unerwartete Reise

Das Warten ist vorbei. Nach vielen Hindernissen kommt mit Eine unerwartete Reise endlich zumindest der erste Teil der Verfilmung von Tolkiens Der Hobbit in die Kinos. In 3D und mit einer revolutionär hohen Bildrate. DAS Kinohighlight des Jahres?

 

Der Hobbit: Eine unerwartete Reise (The Hobbit: An Unexpected Journey)
Fantasyfilm Neuseeland/USA 2012. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 169 Minuten. Kinostart: 13. Dezember 2012.
Mit: Martin Freeman, Ian McKellen, Richard Armitage, Ken Stott, Graham McTavish, William Kircher, James Nesbitt. Stephen Hunter, Dean O’Gorman, Aidan Turner, John Callen, Peter Hambleton, Jed Brophy, Mark Hadlow, Adam Brown, Sylvester McCoy, Andy Serkis, Hugo Weaving u.v.a. Regie: Peter Jackson. Drehbuch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Peter Jackson, Guillermo del Toro. Nach dem Roman von J. R. R. Tolkien.

 

 

Eine (un)erwartet lange Mittelerde-Telenovela

Die Präliminarien und die Entstehungsgeschichte zu der Verfilmung von J. R. R. Tolkiens Kinderbuch/Roman Der Hobbit bieten eigentlich selbst schon Stoff genug für einen großen Hollywoodfilm. Fast erstaunlich, dass nach all den Schwierigkeiten (MGM-Pleite, diverse Rechtsstreitigkeiten, Arbeitskampf in Neuseeland usw.) das riesige Filmprojekt nicht in irgend einer Produktionsvorhölle verbrannt ist. Nun liegt uns der erste Teil der Trilogie vor. Der Hobbit: Eine unerwartete Reise ist nicht nur der Traum aller Fans und Puristen, sondern auch ein bei weitem zu langer Film. Durch die hoch auflösende Bildrate von 48 Bildern pro Sekunde wirkt er optisch zwar hyperrealistisch, aber auch wie eine Telenovela.

 Gandalf und Bilbo

In Mittelerde gibt es viele Völker. Im idyllischen Auenland leben die Hobbits. Diese menschenähnlichen Geschöpfe sind gekennzeichnet durch Gemütlichkeit, Friedfertigkeit und Sesshaftigkeit. Einer dieser Hobbits ist Bilbo Beutlin (Martin Freeman), der in seiner kunstvoll ausgebauten Hobbithöhle ein ruhiges, aber erfülltes Leben führt. Bis eines Tages der Zauberer Gandalf der Graue (Ian McKellen) auftaucht. Kurz danach finden sich dreizehn Zwerge bei Bilbo ein und stellen sein Heim auf den Kopf. Ihr Anführer Thorin Eichenschild (Richard Armitage) plant mit seinen Gefährten das Königreich im Erebor, dem Einsamen Berg, zurück zu erobern, in welchem einst die Zwerge herrschten, bis vor über hundert Jahren der Drache Smaug das Zwergenreich zerstörte und die angehäuften Schätze im Berg in Besitz nahm. Für die Rolle des Meisterdiebes hat Gandalf Bilbo ausersehen. Nach anfänglichem Zögern lässt sich Bilbo engagieren und ein großes Abenteuer beginnt, mit vielen dunklen Gefahren…

1937 veröffentlichte der englische Universitätsprofessor John Ronald Reuel Tolkien (1892-1973) mit Der Hobbit einen Roman, den er zuvor in verschiedenen Stadien seinen Kindern vorgelesen hatte. 1966 gab es mit einem Kurzfilm die erste Verfilmung, 1977 adaptierten Arthur Rankin und Jules Bass (Das letzte Einhorn) The Hobbit als TV-Trickfilm. Nach dem Erfolg seiner dreiteiligen Verfilmung von Tolkiens Romanepos Herr der Ringe (2001-2003) wollte Regisseur Peter Jackson den „Hobbit“ auch in Angriff nehmen. Doch diverse Rechtsstreitigkeiten sorgten erst einmal für massive Verzögerung. Ende 2007 wurde dann schließlich verkündet, dass Der Hobbit im Dezember 2011 in die Kinos kommen würde und für Dezember 2012 wäre ein so genannter Brückenfilm zu Die Gefährten geplant. 2008 gab Peter Jackson bekannt, dass er nur als Produzent und nicht als Regisseur fungieren würde, auch weil er mit seiner Rolle als Co-Produzent der geplanten Comic-VerfilmungenTim und Struppimehr als ausgelastet sein würde. Der Mexikaner Guillermo del Toro (Hellboy,Pans Labyrinth) übernahm die Regie und begann mit Jackson, dessen Frau Fran Walsh und Philippa Boyens (den „Ringe“-Autoren) am Drehbuch zu arbeiten.

Durch diverse Probleme, vor allem die finanzielle Schieflage des beteiligten Studios MGM, verzögerte sich die Produktion weiterhin. Weil somit seine anderen geplanten Film-Projekte litten, entschloss sich del Toro im Mai 2010 den Regie-Stuhl der Hobbit-Verfilmung abzugeben. Im Oktober des gleichen Jahres wurde schließlich von New Line Cinema und Warner Bros. bekannt gegeben, dass Peter Jackson nun doch Regie führen werde. Die Dreharbeiten fanden in mehreren Blöcken von März 2011 bis Juli 2012 in Neuseeland statt. Zu diesem Zeitpunkt sollte Der Hobbit auf zwei Filme aufgeteilt werden und zusätzlich Material aus den Anhängen des Herr Der Ringe die Geschichte episch ergänzen.

 Thorin Eichenschild

Nach Drehschluss gab Peter Jackson jedoch bekannt, dass aus der Hobbit-Verfilmung nun eine Trilogie werde. Der dritte Teil soll am 17. Juli 2014 starten. Weitere ergänzende Dreharbeiten seien daher für 2013 vorgesehen. Nun liegt uns der erste Teil vor und einige Befürchtungen haben sich bewahrheitet.

Im Grunde ist Eine unerwartete Reise ähnlich wie Peter Jacksons King Kong (2005), nämlich etwa 30 Minuten zu lang. Dass die Story des vergleichsweise kurzen Buches (das ähnlich lang ist wie ein Band des Herr der Ringe) für drei Filme zu dünn ist, macht sich schon im ersten Teil sehr bemerkbar. Es scheint bisweilen jeder Schnipsel aus dem Roman und der Sekundärliteratur seinen Weg in das Drehbuch gefunden zu haben. Die Anhänge des Herr der Ringe dienen hier nicht nur der leichten Story-Erweiterung. Nein, sie werden fast lückenlos abgearbeitet und teilweise wortwörtlich zitiert. Das hat natürlich zur Folge, dass sich die Geschichte zieht wie Kaugummi und dramaturgisch recht holprig daherkommt. Die Tatsache, dass für das vierte Quartal 2013 eine 20 bis 25 Minuten längere Special Extended Edition angekündigt ist, wirkt fast wie ein schlechter Scherz, denn im Grunde läuft die Langfassung schon im Kino.

Im Gegensatz zu den gängigen 24 Bildern pro Sekunde wurde die Hobbit-Trilogie mit 48 Bildern pro Sekunde und in 3D gedreht. Das sorgt für unglaubliche klare und gestochen scharfe Bilder. Doch dadurch wirkt das Geschehen optisch wie eine Mischung aus Spielszenen einer Dokumentation und eine Seifenoper. Und dieser „Hyperrealismus“ nimmt dem Zuschauer die Magie des Kinos. Zeitweise hat man das Gefühl, in einer überlangen Themenpark-Attraktion zu sitzen. Es macht also durchaus Sinn, sich die „herkömmliche“ 3D-Version anzusehen.

 Gollum will spielen

Sollte bisher der Eindruck entstanden sein, Der Hobbit: Eine unerwartete Reise sei ein schwaches Machwerk, so sei gesagt: nein! Trotz der genannten Minuspunkte bietet Neuseelands neues Mittelerde-Abenteuer gelungenes Fantasy-Kino, das mit beeindruckenden Schauwerten und einer spannenden Geschichte fesselt, die auch Platz für Humor hat. Streckenweise gelingt es, den Charme der Ringe-Trilogie wieder zu erwecken. Durch die Musik von Howard Shore, die Locations Hobbingen und Bruchtal sowie das Wiedersehen mit einigen ans Herz gewachsenen Charakteren. In Eine unerwartete Reise geben sich neben Ian Holm als alter Bilbo und Elijah Wood als Frodo auch Cate Blanchett als Galadriel sowie Christopher Lee als Zauberer Saruman kurz die Ehre. Ian „Gandalf“ McKellen und Hugo „Elrond“ Weaving sind als im Roman vorkommende Figuren ja sowieso wichtig.

Schauspielerisch überzeugen können Titeldarsteller Martin Freeman (Sherlock) und Andy Serkis, der der finsteren Kreatur Gollum wie gewohnt nicht nur die Stimme, sondern auch Bewegungen leiht. Die Szenen mit Bilbo und Gollum sind mit die besten im ganzen Filmen, auch weil hier die hohe Auflösung nicht zu sehr ablenkt.

Regisseur Peter Jackson und sein Team sollten bei den beiden verbleibenden Teilen (Kinostart 12. Dezember 2013 und 17. Juli 2014) unbedingt das Tempo deutlich anziehen, damit die Nicht-Puristen nicht irgendwann im Kinosessel einschlafen.

Fazit: Überlange Tolkien-Verfilmung, die durch ihre Telenovela-Optik an Magie einbüßt. Insgesamt noch gelungen, aber bei weitem nicht DAS Kinohighlight 2012.

 

Die dreizehn Zwerge

 

 

 

Marius Joa, 13. Dezember 2013. Bilder: Warner.

 

 

 

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