Nanga Parbat

29. Juli 1970, Pakistan. Die Brüder Reinhold und Günther Messner haben den Nanga Parbat bezwungen – zum ersten Mal über die gefährliche Rupal-Wand. Zurück kehrt nur Reinhold. Was wirklich am Berg geschah, ist bis heute ungeklärt. Und Regisseur Joseph Vilsmaier trägt mit seinem Film nicht gerade zur Klärung bei.

Nanga Parbat
Drama, Deutschland 2010. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. 104 Minuten. Deutscher Kinostart: 14. Januar 2010
Mit: Florian Stetter, Andreas Tobias, Karl Markovics, Lena Stolze, Horst Kummeth, Jule Ronstedt, Sebastian Bezzel, Volker Bruch u.v.a. Regie: Joseph Vilsmaier, Beratung: Reinhold Messner

Messner und Vilsmaier lieben Hardrock

Bergsteiger-Filme liegen scheinbar im Trend. Gerade einmal etwas mehr als ein Jahr nach Philipp Stölzls Nordwand macht sich auch Joseph Vilsmaier über einen historischen Bergsteigerstoff her. Dabei differenziert er allerdings nicht zwischen möglichen Sichtweisen, sondern stellt den umstrittenen Reinhold Messner sogar als Berater ein. Dass dabei kein neutraler Film zustande kommen kann, dürfte klar sein.

Schon in frühester Jugend bezwingen Reinhold (Florian Stetter) und Günther Messner (Andreas Tobias) die Berge ihrer Heimat, der südtiroler Alpen. Die große Chance kommt 1970: Expeditionsleiter Karl Herrligkoffer (Karl Markovics), der bereits seit vielen Jahren Expeditionen anführt und auch selbst einmal Bergsteiger war, plant einen Angriff auf den Nanga Parbat. Auserwählt hat er sich unter anderem Reinhold Messner. Dessen Bruder Günther stößt nur durch Zufall zur Expedition, da ein anderer Bergsteiger ausfällt. In Pakistan angekommen, verläuft die Besteigung allerdings nicht wie geplant. Aufgrund der schlechten Wetterverhältnisse müssen die Sportler immer wieder abbrechen. Schließlich fasst Reinhold Messner die Entscheidung, alleine zum Gipfel aufzubrechen. Sein Bruder Günther steigt ihm einige Stunden später nach – und ist zu erschöpft, um rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit wieder abzusteigen. Es beginnt ein Kampf um Leben und Tod, den Günther nicht gewinnt.

Die Brüder Messner stecken im Schneegestöber fest.

Nanga Parbat startet mit zwei Rückblenden. Zum einen sind da die Brüder Reinhold und Günther in ihrer Kindheit, wie sie die Mauer rund um den Friedhof erklimmen oder vom Kirchturm aus den Blick auf die Berge genießen. Zum anderen ist da ein Vortrag von Karl Herrligkoffer, der im Nachhinein kein positives Wort mehr für Reinhold Messner übrig hat. Messner kommt hinzu und rechtfertigt sich. Zu diesem Zeitpunkt könnte Nanga Parbat noch ein guter und reflektierter Bergsteigerfilm werden. Schließlich gibt der Stoff genug her und sorgt auch heute noch für Diskussionen. Die guten Ansätze zu Beginn verfliegen aber schnell – und übrig bleibt ein Drama. Leider ist hiermit nicht das Genre gemeint.

Wer noch Nordwand von 2008 im Hinterkopf hat, der wird mit großen Erwartungen an Vilsmaiers Film herangehen. Von der Dramatik, der Enge und den Emotionen von Nordwand hat Nanga Parbat allerdings nicht das Geringste zu bieten. Das mag zum einen an den recht blassen Schauspielern liegen, zum anderen ist aber auch Vilsmaiers Vorgehensweise daran schuld. Er spult einfach ein Geschehnis ab, ohne es zu reflektieren. Herrligkoffer wird direkt als unsympathischer Expeditionsleiter eingeführt, damit der Zuschauer nicht Messner in Frage stellt. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Messners Schuld am Tod seines Bruders wurde nie bewiesen, seine Unschuld konnte aber ebenso nicht nachweisen. Dies hätte der Film deutlicher zeigen müssen.

Dazu kommen handwerkliche Fehler. Zwar mögen die Naturbilder des Berges hervorragend sein. Spätestens nach dem dritten Helikopteranflug, überflüssigerweise untermalt von rockiger E-Gitarren-Musik, reicht es aber wirklich. Vilsmaier hat nicht verstanden, dass gerade die Stille, die Geräusche des Sturms und Schnees einen Bergsteigerfilm ausmachen. Diese Probleme führen dazu, dass kaum Spannung aufkommt und ein Mitfiebern nicht möglich gemacht wird. Ja, die Handlung auf der Leinwand wird dem Zuschauer gleichgültig.

Fazit: Genug gelästert. Nanga Parbat ist trotz vieler Schwächen ein solider Film. Die Verknüpfung mit dem Schicksal der Messners allerdings ist eine glatte Themaverfehlung. Und handwerklich sollte ein Regisseur vom Format eines Joseph Vilsmaier auch mehr drauf haben. Daher 5 von 10 Punkten.


Expeditionsleiter Herrligkoffer wartet im Basislager auf Nachricht vom Berg.

Reinhold Messner erklärt sich während eines Vortrags von Herrligkoffer.
Johannes Michel, 20. Januar 2010. Bilder: Senator.

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Nordwand (9/10)


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