Vampire gegen Herakles

Zur Zeit der Sandalenfilme wurden in den italienischen Filmstudios auch einige Horror-Streifen produziert. Ein eigentümliches Produkt dieser Ära ist Vampire gegen Herakles, der eine Mischung aus beiden Genres darstellt. Marius Joa hat ihn gesehen.

Vampire gegen Herakles (Ercole al centro della terra)
Fantasy-Abenteuer/ Horror Italien 1961. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 80 Minuten (PAL-DVD).
Mit: Reg Park, Christopher Lee, Leonora Ruffo, George Ardisson, Franco Giacobini, Ida Galli u.v.a. Regie: Mario Bava und Franco Prosperi.

Sandalenfilm trifft auf Horror

Nachdem er den blonden Schürzenjäger Theseus (George Ardisson) vor dem Zugriff einer Horde Räuber bewahrt hat, kehrt der strahlende Held Herkules (Reg Park) in seine Heimatstadt Theben zurück, um seine Braut Deianeira (Leonora Ruffo), die Thronerbin, zu heiraten. Doch Deianeira hat den Tod ihres Vaters nicht verkraftet und ist dem Wahnsinn verfallen. Währenddessen fungiert ihr Onkel, der undurchsichtige Lykos (Christopher Lee), als Regent. Nur ein magischer Stein, der sich ausgerechnet in der Unterwelt befindet, kann Deianeira heilen. Mit seinen Gefährten Theseus und Telemach (Franco Giacobini) macht sich Herkules auf die höchst gefährliche Reise in das Reich der Toten.

Mario Bava (1914-1980) gilt als einer der prägenden Regisseure Italiens. Bekannt vor allem für seine Horrorfilme, begann er seine Karriere als Kameramann, eine Funktion, die er auch bei beiden Herkules-Filmen mit Steve Reeves (Die unglaublichen Abenteuer des Herkules, Herkules und die Königin der Amazonen) ausübte. Für Die Fahrten des Odysseus und den TV-Mehrteiler Die Odyssee (1968) inszenierte Bava die Szenen mit dem Zyklopen. Zu seinen früheren Filmen gehört Vampire gegen Herakles, ein Film der zwei damals vorherrschende Genres miteinander verschmolz: Sandalen-Streifen und Horrorfilm.

Auch wenn der Film die Genre-Grenzen sprengt, so ist Vampire gegen Herakles ein für Regisseur und Kameramann Bava charakteristisches Werk. Bavas Markenzeichen sind die Farbgebung und der geschickte Einsatz von Kamera-Positionen. Diese Handschrift ist auch hier zu erkennen. Mit Farbfiltern und bunten Lampen in ausgehöhlten Plastik-Kulissen wird eine teilweise stimmungsvolle Optik erzeugt, die durch die zum großen Teil verdunkelten Sets noch verstärkt wird, z.B. in den Szenen mit dem tanzenden Orakel. Trotz eines geringen Budgets kann man Vampire gegen Herakles also durchaus etwas Positives abgewinnen.

Ansonsten ist der Film aber kaum gelungen. Das liegt vor allem am unerwartet geringen Unterhaltungswert. Obwohl der Titel ein furioses Trash-Festival verspricht, kann der Film diese Erwartungen nicht erfüllen. Zu selten kommt echtes Trash-Feeling auf, etwa in der unfreiwillig komischen Szene, als ein sprechender Weihnachtsbaum aus Stein (!) die Helden angreift. Der Versuch, mit den italienischen Komiker Franco Giacobini als Pausenclown für Lacher zu sorgen, verpufft schnell. Den Helden Theseus als totalen Frauenheld darzustellen, der jedem Mädel hinterher rennt, ist dagegen teilweise amüsant.

Auch aufgrund der kurzen Laufzeit von genau 80 Minuten darf man sich bezüglich der Story keine großen Hoffnungen machen. Bis auf einige „werkgetreue“ Elemente aus der griechischen Sagenwelt, ist diese nämlich recht oberflächlich. Aus der Theseussage wurden die sadistischen Straßenräuber übernommen. Theseus trifft im Film auf Mysotis (Ida Galli), die Tochter von Pluto/Hades, dem Gott der Unterwelt, und nimmt sie mit ins Reich der Lebenden. In der Originalfassung ist sie sogar Persephone, die Königin der Unterwelt selbst, was eine Anspielung darauf ist, dass der Theseus aus den Sagen die Göttin entführen wollte. Aus der Heraklessage übernimmt der Film den Garten der Hesperiden, aus dem der Held einen Apfel stehlen muss. Apropos Herakles: obwohl im deutschen Titel der richtige griechische Name des Helden verwendet wird, so wird er im ganzen Film über Herkules genannt.

Zu Anfangs ist Vampire gegen Herakles ein klassischer Sandalenfilm, der im Mittelteil mit übersinnlichen Elementen ausgestattet ist und erst gegen Ende in die Untiefen des Horrorgenres abtaucht. Auch wenn das Wort Vampir nie erwähnt wird, so kann man die Untoten gegen die Herkules im Finale kämpft, gut und gerne als Blutsauger ansehen. Christopher Lee, der Bösewicht-Darsteller schlechthin, hat als Lykos zu wenig Screentime, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Reg Parks Performance ist leider auch fade. War sein Charakter in Parks Filmdebüt Herkules erobert Atlantis noch launischer und gewitzter angelegt, so gab das Drehbuch hier keine Möglichkeiten, schauspielerisch zu glänzen. Inhaltlich ist Vampire gegen Herakles keine Fortsetzung zu Herkules erobert Atlantis, sondern vielmehr ein Prequel.

Fazit: Optisch teilweise stimmungsvoll inszeniert und mit gelungenen Horrorelementen zum Schluss, aber insgesamt leider wieder nur ein fader Beitrag aus der italienischen Sandalen-Kiste. Auch für Trash-Fans nur bedingt zu empfehlen. 3 von 10 Punkten.

DVD-Features

Sprachen: Deutsch, Italienisch.

Bonusmaterial
Fotogalerie
Interview mit Lamberto Bava (Italienisch mit deutschen Untertiteln, 50 Min.)
Trailer zu weiteren Filmen
Interview mit Mario Bava, Biografie und Filmkritik (jew. als pdf-Datei)

So durchwachsen der Film, so positiv ist das Bonusmaterial der DVD. Im hochinteressanten Interview mit Mario Bavas Sohn Lamberto von 2007 erfährt man viele Details zum Film und zum Regisseur. Zur allgemeinen Erheiterung dienen teilweise die Trailer, etwa der zu Der Todeskuss des Dr. Fu Man Chu. Legt man die DVD ins PC-Laufwerk ein, so erhält man Zugriff auf die pdf-Dateien.

Marius Joa, 10. April 2010. Bilder: Kinowelt.

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Van Helsing (5/10)


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