Der Rote Baron

Nachdem Hollywood bereits 1971 das Leben des berühmten Kampffliegers Manfred von Richthofen verfilmt hat, ist nun eine deutsche Produktion mit internationaler Starbesetzung erschienen. Marius Joa war im Kino.

Der Rote Baron
Kriegsdrama/Biografie Deutschland 2008. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 129 Minuten. Deutscher Kinostart: 10. April 2008.
Mit: Matthias Schweighöfer, Lena Headey, Til Schweiger, Volker Bruch, Joseph Fiennes, Axel Prahl, Maxim Mehmet, Steffen Schroeder, Hanno Koffler, Tino Mewes, Ralph Misske u.v.a. Drehbuch und Regie: Nikolai Müllerschön.

„Patriotismus, die Tugend der Bösartigen“

Seit seiner Kindheit träumt der Adelige Manfred Freiherr von Richthofen (Matthias Schweighöfer) von nichts anderem als vom Fliegen und davon, das größte Fliegerass der Welt zu sein. 1916, im Alter von 24 Jahren hat Manfred dieses Ziel erreicht und ist gerade dabei, sein großes Idol, den verstorbenen Jagdflieger Oskar Bölke zu übertreffen. Um seine Gegner einzuschüchtern, malt Richthofen eines Tages sein Flugzeug komplett rot an. Dies und seine rapide in die Höhe schnellende Anzahl von Feindabschüssen bringt ihm den Beinamen „Der Rote Baron“ und auch den Respekt seiner Feinde ein. Mit seinen Fliegerkollegen darunter Werner Voss (Til Schweiger) und der Jude Sternberg (Maxim Mehmet) verbindet Richthofen nicht nur die Freude am Fliegen, sondern auch eine Art „Ehrenkodex“, nachdem das Abschießen der Gegner als Sport gesehen wird. Als Richthofen den kanadischen Piloten Roy Brown (Joseph Fiennes) abschießt und ihn anschließend aus dessen Wrack zieht, trifft der junge Flieger auf die Krankenschwester Käte (Lena Headey). Die selbstbewusste Frau öffnet ihm die Augen für die Grauen des Krieges. Doch auch der Verlust einiger Freunde beeinflusst den jungen Manfred.

Der 1958 in Stuttgart geborene und mittlerweile in den USA lebende deutsche Filmemacher Nikolai Müllerschön (Die Verbrechen des Professor Capellari) wollte schon seit Jahren einen Film über die deutsche Fliegerlegende Manfred von Richthofen (1892-1918) machen. Ursprünglich sollte die Produktion in den USA erfolgen, aber um die kreative Kontrolle zu behalten, entschied sich Müllerschön, den Film in Europa zu drehen. Von Juli bis Oktober 2006 fanden in Tschechien, Deutschland und Frankreich die Dreharbeiten statt. Um den Streifen auch international zu vermarkten, wurden die Szenen auf Englisch gefilmt. Der Kinostart wurde im Hinblick auf den 90. Todestags Richthofens am 21. April 2008 natürlich ebenfalls mit Absicht gewählt.

Für eine deutsche Produktion ist Der Rote Baron mit einem Budget von 18 Millionen Euro sicherlich äußerst aufwendig und teuer. Interessant ist es, dass die Gelder ausschließlich von privaten Investoren aus Baden-Württemberg stammen. Obwohl der Film recht gelungen und sehenswert ist, können sich viele Kritiker mit ihr nicht wirklich anfreunden.

Sich bei einem Kinofilm an der historischen Ungenauigkeit extrem zu stören, ist allerdings nicht mehr ganz zeitgemäß. Natürlich müssen für die Dramaturgie eines Drehbuchs die Dinge etwas ausgeschmückt werden. So soll es die Krankenschwester Käte wirklich gegeben haben, wenn auch nichts von einer Romanze mit Richthofen bekannt ist. Weiterer Kritikpunkt einiger Rezensionen: der Film sei zu pathetisch. Die Herren Kritiker haben wohl noch keinen Film von Propaganda-Filmer Michael Bay gesehen. Anders ist diese These nicht zu erklären.

Es ist sicherlich richtig zu sagen, dass das Werk Richthofen zwar ein wenig heroisiert und vielleicht seine Ansichten verharmlost, aber insgesamt präsentiert uns Regisseur Müllerschön einen ausgewogenen Helden, dessen Einstellung sich aufgrund seiner Erlebnisse ändert. Dass er Kampfpilot wurde, um seinen Traum vom Fliegen wahr zu machen und seine „ritterlichen“ Ansichten im Umgang mit dem Gegner dürften dennoch nicht ganz aus der Luft gegriffen sein.

Auch wenn Der Rote Baron von seiner Machart ein klein wenig wie ein klassischer Hollywoodfilm daherkommt, so liegt die Betonung nicht auf den Actionszenen in der Luft, sondern auf der Person Manfred von Richthofen. Die Luftkampf-Szenen halten sich relativ in Grenzen und das Geschehen am Boden steht mehr im Vordergrund. Dennoch kann der Film vor allem technisch überzeugend, die visuellen Effekte sind mit denen aus der Traumfabrik auf Augenhöhe.

Wohl weil er dem echten Richthofen recht ähnlich sieht, wählte man für die Titelrolle den jungen Schauspieler Matthias Schweighöfer (Keinohrhasen). Und der spielt wirklich sehr überzeugend und authentisch. Ebenfalls überzeugend sind Volker Bruch als Richthofens vom Ehrgeiz getriebener Bruder Lothar und Til Schweiger (Barfuss, Keinohrhasen) als Richthofens Fliegerkumpan Werner Voss. Letzterer hat zwar nicht extrem viel Screentime, dafür aber eine starke Präsenz. Die Rolle der emanzipierten Krankenschwester Käte spielt die britische Darstellerin Lena Headey (Merlin, Brothers Grimm, 300). Die internationale Starbesetzung rundet Joseph Fiennes (Shakespeare in Love, Elizabeth) als Roy Brown ab. Fiennes wird allerdings vollkommen verheizt, er hat lediglich ca. 1,75 Szenen.

Die Story ist leider mitunter unrealistisch. So trifft Käte immer wieder mehr oder minder zufällig auf Richthofen, egal wo im besetzten Frankreich er sich gerade befindet. Zu Beginn des Films ist zudem ihr französischer Akzent nervend, der immerhin mit ihrer belgisch-deutschen Herkunft erklärt wird.  Das dramatische Potential, das die Ruhmsucht von Lothar von Richthofen bietet, wird nur unzureichend genutzt. Selbiges könnte man auch auf die Liebesgeschichte anwenden.

Auch wenn viele Kritiker, was die Intensität betrifft, einen zweiten Der Untergang erwartet hätten, so zeigt auch Der Rote Baron ein paar „heftige“ Szenen, in denen das Grauen des Krieges verdeutlicht wird. Und insgesamt ist das Unterfangen der Produktion auch als gelungen zu bezeichnen. Die Entscheidung den Film in Europa und unter deutscher Flagge zu drehen war also vollkommen richtig. Bleibt noch zu hoffen, dass der Film auch international punkten kann.

Fazit: Technisch einwandfreies und sehenswertes Kriegsdrama mit Tiefgang, das allerdings den übertrieben hohen Erwartungen der deutschen Kritikerlandschaft nicht gerecht werden kann. 7 von 10 Punkten.


Manfred und Käte.

Werner Voss.
Marius Joa, 18. April 2008. Bilder: Warner/Niama Film.


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