Königin der Wüste

Starke Frauen standen im Mittelpunkt der diesjährigen Berlinale. Ein Wettbewerbsbeitrag zu diesem Thema: Königin der Wüste von Regisseur Werner Herzog.

 

 

8-10Königin der Wüste (Queen Of The Desert)
Drama/Filmbiografie USA/Marokko 2015. FSK: ohne Altersbeschränkung. 128 Minuten. Kinostart: 3. September 2015.
Mit: Nicole Kidman, James Franco, Damian Lewis, Robert Pattinson, Jay Abdo u.v.a. Drehbuch und Regie: Werner Herzog.

 

Koenigin der Wueste_Poster

 

Gertrude von Arabien

Ende des 19. Jahrhunderts. Die junge Gertrude Bell (Nicole Kidman), Tochter des reichen Stahlfabrikanten Hugh Bell (David Calder), hat ihren Hochschulabschluss in Geschichte in Oxford geschafft, und will nun etwas von der Welt sehen. Widerwillig entlässt sie ihr Vater in die britische Botschaft nach Teheran, zu ihrem Onkel (Mark Lewis Jones). Dort lernt Gertrude den jungen Botschaftssekretär Henry Cadogan (James Franco) kennen und lieben. Die beiden verbindet vor allem die Leidenschaft für arabische Dichtung. Als die geplante Heirat jedoch an Henrys finanziellen Verhältnissen scheitert, kehrt Gertrude nach England zurück. Kurze Zeit später erhält sie die Nachricht von Henrys Tod. Gertrude entsagt ihren Gefühlen und startet ihr großes Abenteuer. Mit einer kleinen Gruppe von Getreuen um den Fremdenführer Fatthou (Jay Abdo) durchquert sie weite Teile der arabischen Wüste und knüpft Kontakte zu den entlegensten Beduinenvölkern.

Koenigin der Wueste_Panorama Beeindruckende Wüstenpanoramen

Als Vertreter des „Neuen Deutschen Films“ ist der 1942 geborene Filmemacher Werner Herzog vor allem für die berüchtigte Zusammenarbeit mit seinem „liebsten Feind“, dem Schauspieler Klaus Kinski (1926-1991), bekannt. Das ungleiche Duo drehte gemeinsam fünf Filme (Aguirre, der Zorn Gottes; Nosferatu – Phantom der Nacht; Woyzeck, Fitzcarraldo sowie Cobra Verde). Die Filmbiografie Königin der Wüste ist Herzog erster fiktionaler Spielfilm seit 2009. In den letzten Jahren veröffentlichte der 73jährige nämlich fast ausschließlich Dokumentarfilme, z.B. die Arktisreise Begegnungen am Ende der Welt. Ein Trip ins andere Temperaturextrem bildet da Königin der Wüste.

Als Archäologin, Schriftstellerin und Historikerin bereiste Gertrude Bell (1868-1926) auf eigene Faust und meist ohne Zustimmung der Kolonialbehörden die endlosen Wüstenregionen des Nahen Ostens. Dabei knüpfte sie Kontakte mit dem lokalen Beduinenvölkern und lernte deren Gastfreundschaft kennen. Durch ihre Expeditionen wurde Bell zur führenden Expertin für die arabische Welt und war maßgeblich an der Neuordnung der Region nach dem Ende des Ersten Weltkrieges beteiligt.

Herzog konzentriert sich bei seiner Geschichte weniger auf eine stringente Dramaturgie mit Anspruch auf Vollständigkeit bei den biografischen Daten, sondern nähert sich der Thematik auf seine eigene Art. Nicole Kidman ist als Gertrude Bell in ihrer Rolle trotz geringerer Mimik als früher durchaus überzeugend aber eben nur eine von zwei Hauptdarstellerinnen. Die größere Rolle spielt freilich die Wüste selbst. Herzog und sein Stammkameramann Peter Zeitlinger (Die Höhle der Vergessenen Träume) drehten in Marokko und Jordanien. Dabei entstanden eindrucksvolle, epische Bilder. Sogar das Filmen während eines Sandsturms, was andere Filmcrews tunlichst vermeiden würden, führte zum Erfolg. Veredelt werden diese monumentalen Einstellungen von traditioneller arabischer Musik als halle der Gesang durch jede einzelne Düne.

Dank der grandiosen Panoramen verzeiht man dem Film das fast völlige Fehlen von Konflikten. Zwar erscheint die Lage immer wieder schwierig und ungewiss, richtig gefährlich oder bedrohlich wird es für die Protagonistin und ihre kleine Karawane aber zu keinem Zeitpunkt. Dieser Aspekt bleibt also auf der Strecke.

 

Fazit: Deutschlands Arthaus-Cineast Werner Herzog gelingt mit Königin der Wüste ein bildgewaltiges Porträt einer einmaligen Frau. 8 von 10 Punkten.

 

Koenigin der Wueste_Lawrence
Gertrude und Lawrence von Arabien (Robert Pattinson)

 

Marius Joa, 2. Oktober 2015. Bilder: Prokino.


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