Lipsias fantastische Fabelwesen

Jede Stadt oder Region hat ihre eigenen Sagen und Legenden, in denen es von mythischen Gestalten nur so wimmelt. Mit den verborgenen Wesen Leipzigs befasst sich der Kurzfilm Lipsias fantastische Fabelwesen, entstanden im Rahmen eines Kreativ-Workshop für Kinder und Jugendliche unter Leitung von Künstlerin/Regisseurin Mira Sommer (Drugstore Indians).

Lipsias fantastische Fabelwesen
Kurzfilm Deutschland 2020. 10 Minuten.
Regie: Mira Sommer.

 

Karte (c) Mira Sommer

 

… und wo sie zu finden waren

Welche Wesen tummelten sich in und um Leipzig, der Stadt der Linden (vom sorbischen “lipsk”), lateinisch Lipsia? So trieben Irrlichter ihr Unwesen, in dem sie ahnungslose Wanderer vom Weg abkommen ließen. Nahe der beiden Flüsse, Pleiße und Weiße Elster, wurden früher Nixen gesichtet. Den Knechten und Mägden auf Wiesen und Feldern erschien bisweilen die Mittagsfrau, die von diesen dann das Erzählen einer Geschichte einforderte. Lichtelfen und andere Gestalten bevölkerten die Gegenden der Gewässer. Auf dem Bienitz, einem bewaldeten Hügel im Nordwesten der Stadt soll früher ein wilder Mann, möglicherweise ein Halbling, gehaust haben, dem man magische Kräfte zuschrieb. Waldelfen, Dunkelelfen, Trolle und andere Geschöpfe sind auch heute noch im Auwald und anderswo zu finden, wenn man den richtigen Zauberspruch kennt, um durch ein magisches Portal ihre Welt zu betreten.

Entstanden ist dieser leider etwas kurze Einblick in das Bestiarum der übernatürlichen Wesen von Leipzig im Rahmen eines kreativen Workshops für Kinder und Jugendliche, der von den Sächsischen Mitmachfonds, einer Initiative des Freistaates Sachsen, gefördert wurde. Mira Sommer, Leiterin des Workshops und auch verantwortlich für Kamera, Schnitt und Regie, hat in ihren bisherigen Arbeiten als Künstlerin und Filmemacherin schon in den unterschiedlichsten Bereichen gewirkt, nicht selten mit Schwerpunkt auf Fantasy, Mythologie und Geschichte. 2016 erschien ihr abendfüllender Dokumentarfilm Drugstore Indians, welcher sich ausgiebig mit der deutschen Indianistik-Szene befasst. Außerdem war Mira an der Produktion weiterer Kurzfilme und Dokus maßgeblich beteiligt. Eine Tarotkunst-Ausstellung von Mira und ihrer Schwester Nora Sommer in der Absintheria Sixtina in Leipzig musste wegen der Ausgangsbeschränkungen in der aktuellen Corona-Krise im März 2020 vorzeitig beendet werden.

Die Covid-19-Pandemie hatte freilich auch massive Auswirkungen auf das Kurzfilm-Projekt. Statt die Story und Kostüme gemeinsam an einem Ort zu erschaffen mussten die ganzen Vorbereitungen ins “Home Office” verlegt werden. Teilgenommen haben am Kurs Kinder und Jugendliche im Alter von vier bis vierzehn Jahren, unterstützt von ihren Eltern sowie Pädagogen und weiteren Künstlern. Im Mai und Juni 2020 konnten schließlich nach einem strengen Hygienekonzept in Kleinstgruppen die Dreharbeiten stattfinden. Auch die Nachbearbeitung ging im “Remote-Verfahren” über die Bühne. Am 17. Oktober 2020 fand im Cinestar Leipzig eine kleine Premiere mit den Teilnehmern und ihren Eltern statt.

Lipsias fantastische Fabelwesen präsentiert sich als kleiner Exkurs in die magische Vergangenheit der Stadt unter den Linden. Die Kamera fängt wunderbar stimmungsvolle Bilder an den verschiedensten Locations, wie dem Auwald, der Auwaldstation, dem Schlosspark Lützschena, dem Palmengarten, dem Zoo und dem Gebiet um die beiden Flüsse, ein. Diese auch heute noch überaus naturnahen Orte werden von den titelgebenden Geschöpfen bevölkert: Elfen, Trollen, Irrlichtern, Halblingen usw., alle mit großer Spielfreude von den jungen Teilnehmern des Workshops verkörpert, von den einige auch als Off-Sprecher agieren.

Auch mit dem Einsatz der von Mira Sommer gezeichneten Karte (siehe oben) als Aufhänger und der von Rasmus Rudengren komponierten Musik wandelt der Kurzfilm auf den Pfaden des großen Weltenschöpfers J.R.R. Tolkien (1892-1973) und den Verfilmungen seiner bekanntesten Werke (Herr der Ringe, Der Hobbit) ohne diese jedoch einfach nur zu kopieren. Außerdem wird mit Brian Boru’s March ein traditionelles Harfenstück aus Irland von einer der jungen Elfen interpretiert (siehe unten). Auch nach mehrmaliger Sichtung bin ich immer noch verzaubert von diesem kleinen Fantasy-Doku-Hybriden. Und irgendwie hoffe ich ja, dass es vielleicht eine Fortsetzung gibt, in welcher man dann z.B. mehr über die Halblinge erfahren könnte.

Lipsias fantastische Fabelwesen kann man sich hier kostenlos ansehen und dabei auch mehr über das Projekt erfahren.

Fazit: Zauberhafter kleiner Doku-Beitrag über Leipzigs mythische Gestalten. 8 von 10 Punkten.

 

 


Marius Joa, 5. November 2020. Bilder: Mira Sommer/BTK Bildtonkunst/Mitmachfonds Sachsen.

 


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