Michael Clayton

Neues Kinojahr, neues Glück! 2008 kommen hoffentlich wieder viele sehenswerte Streifen in die Kinos – so unter anderem Ende Februar Michael Clayton, der bereits bei den Filmfestspielen in Cannes 2007 für Furore sorgte. Sarah Böhlau sah Michael Clayton und schreibt, warum es schon mal gut anfängt.

Michael Clayton
Drama/Thriller, USA 2007. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 119 Minuten.
Mit: George Clooney, Tom Wilkinson, Tilda Swinton, Sidney Pollack u.v.a. Drehbuch und Regie: Tony Gilroy

„Ich bin Shiva, der Gott des Todes!“

Michael Clayton (George Clooney) ist „Ausputzer“ bei einer mächtigen New Yorker Anwaltskanzlei. Immer wenn es Probleme gibt, die besser außerhalb eines Gerichtssaals geregelt werden, ist er zur Stelle.
Eine besonders harte Nuss ist sein Kollege und Freund Arthur Edens (Tom Wilkinson), ein brillanter Verteidiger, der seit Jahren den Fall der Chemiefirma U North betreut. Die werden nämlich gerade wegen ihren krebserregenden Stoffen auf mehrere Milliarden (sammel-)verklagt. Die schwache Beweislage der Kläger lässt einen Vergleich immer wahrscheinlicher werden, der den Konzern glimpflich davon kommen lassen könnte. Und gerade jetzt setzt der unter schizophrenen Schüben leidende Edens seine Medikamente ab, erleidet einen kompletten Nervenzusammenbruch und beschließt, dem „giftigen“ Konzern den Todesstoß zu versetzen und der Anklage entscheidende Beweise in die Hand zu spielen. Das aber kann U North Geschäftsführerin Karen Crowder (Tilda Swinton) auf keinen Fall zulassen. Michael Clayton versucht zu helfen und wird dabei (natürlich) selbst zur Zielscheibe.

Kurz gesagt, das Thema des Films ist die Käuflichkeit von Moral. Wie verrückt ist Arthur Eden wirklich, wenn er es ablehnt, weiterhin im Namen seiner Kanzlei den Chemiekonzern gegen die schwerkranken Kläger zu verteidigen? Wieviel muss dein Gegenüber bezahlen, damit du ein Auge zudrückst? Während aber Eden bereits Stellung bezogen hat, muss sich Michael Clayton dieser Frage selbst noch stellen. Gerade seine Spielsucht überwunden, hat der Famlilienmensch Clayton trotzdem noch auf das falsche Pferd gesetzt: Weil er mit seinem letzten Geld seinem alkoholkranken Bruder auf die Beine helfen wollte, steckt er jetzt selbst in Schulden. Seine finanzielle Schwäche macht ihn erst recht angreifbar, als der Fall Arthur Eden den Rahmen seiner üblichen Fälle sprengt.

Drehbuchautor Tony Gilroy (Die Bourne Verschwörung, Das Bourne Ultimatum) wagt mit Michael Clayton sein Debüt als Regisseur und verfilmt dabei auch sein eigenes Drehbuch. Um eine vorsichtige Prognose zu wagen: Das Drama dürfe zu den handwerklich besten Filmen gehören, die 2008 in den Kinos laufen werden. Das fängt schon beim exzellent geschriebenen Drehbuch an (Bitte im Film auf folgendes Zitat achten: „Ich bin Shiva, der Gott des Todes!“). Zum Beispiel greift Gilroy auf den beliebten Kniff des vorgezogenen Endes zurück, und macht das besonders schön: Er zeigt zu Beginn des Films, wie der wegen der ganzen Eden-Sache gerade rückfällig gewordene Michael Clayton nachts von einem illegalen Pokerspiel weggerufen wird, um einem reichen Mandanten in seinem Landhaus wegen Fahrerflucht zu beraten. Auf dem Rückweg fährt er über eine verlassene Landstraße und steigt aus seinem Auto aus, um nachdenklich einige grasende Pferde zu beobachten. Vögel zwitschern, der Morgen dämmert … und in dieser friedlichen Atmosphäre fliegt auf einmal hinter ihm sein Mercedes in die Luft. Tolle Szene. Erst dann spult der Film ein paar Tage zurück und rollt die Geschichte von hinten auf.

Auch am übersichtlich gehaltenen Cast gibt es nichts zu beanstanden: Tilda Swinton etwa macht sich von jeher gut in zwielichtigen Rollen (z. Bsp. Die Chroniken von Narnia oder Constantine) und gibt die unter dem Druck zerbrochene Karrierefrau überzeugend. George Clooney schließlich bringt wieder einmal deutlich in Erinnerung, dass er die kaputten Existenzen genauso gut spielen kann wie den eleganten Dieb.

Die Optik des Films ist so düster wie seine Thematik, in dunklen Grautönen fahlem Licht gehalten. Interessanterweise ist der eines der wenigen wirklich bunten Elemente des Films ein Werbespot von U North, mit dem Arthur Eden das Abhörkommando vor seinem Haus ärgert. Ebenfalls farblich auffällig ist das von Arthur zusammengestellte Memo mit den Beweisen gegen U North, das einen knallroten Einband hat. Michael Clayton ist großes, anspruchsvolles Kino, das sich nah am Menschen, seiner Moral und Morallosigkeit hält und nur zwischendurch ein paar kleine Längen aufweist. Er steht der Tradition von Filmen wie Das Urteil und ist eher nichts für Actionfans oder Popcornliebhaber.

Fazit: Ernstes, ruhiges, großes Drama. 9 von 10 Punkten.


In die Enge getrieben: Karen Crowder (Tilda Swinton).

Fährt demnächst vielleicht lieber Fahrrad: Michael Clayton (George Clooney).
Sarah Böhlau, 4. Januar 2008. Bilder: Constantin


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