Hundreds of Beavers

Dank der diesjährigen Open-Air-Kino-Saison bin ich spät noch in den Leinwand-Genuss eines ganz besonderen Filmes gekommen: Hundreds of Beavers. In der Low-Budget-Produktion kämpft ein Trapper gegen eine Biberplage, mit irrwitzigen Konsequenzen.

Hundreds of Beavers
Slapstick-Komödie USA 2022. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 108 Minuten. Kinostart: 13. Februar 2025.
Mit: Ryland Brickson Cole Tews, Olivia Graves, Doug Mancheski, Wes Tank, Luis Rico u.a. Drehbuch: Mike Cheslik und Ryland Brickson Cole Tews. Regie: Mike Cheslik.




Allein gegen die Biber

Im 19. Jahrhundert. Eigentlich hat Jean Kayak (Ryland Brickson Cole Tews) seinen Lebensunterhalt ganz gut als Applejack-Brenner verdient. Doch als Biber seine Fässer anknabbern und in der Folge auch sein Haus zerstört wird, verliert Jean alles. Nachdem er sich in der lebensfeindlichen winterlichen Wildnis durchgeschlagen hat versucht er sich eher erfolglos als Fallensteller. Doch dank der Hilfe eines erfahrenen Trappers (Wes Tank) gelingen ihm erste Erfolge. Die toten Tiere verkauft er an einen Händler (Doug Mancheski) und dessen Kürschner-Tochter (Olivia Graves). Wegen Jeans zunehmendem Erfolg bei der Biberjagd kommen die intelligenten Nager irgendwann dahinter, wer ihre Reihen dezimiert…

Liebevoll gemachtes, einfallsreiches Kino muss nicht teuer sein. Das beweisen die Macher*innen des wilden, für lediglich 150.000 US-Dollar gedrehten Genre-Mixes Hundreds of Beavers. Nach der Welturaufführung auf dem Fantastic Fest im September 2022 kam die Low-Budget-Produktion mit Verspätung nach Deutschland. Erst zu den Fantasy Filmfest White Nights im Januar/Februar 2024 und schließlich ein Jahr später auch regulär in die Kinos. Und dank des Central im Bürgerbräu, meinem bevorzugten Kino, und dessen Open-Air-Vorstellung diese Woche konnte ich den Film doch noch auf der großen Leinwand sehen.

Jean Kayak schlägt sich durch

Und was einem hier für ein kurioses Werk vor die Augen kommt! Eine urkomische Mischung aus Stummfilm-Slapstick à la Buster Keaton und Charlie Chaplin, klassischen Cartoons wie Looney Tunes und bekannten Videospielzutaten. Die Idee kam Mike Cheslik (Regie, Drehbuch, Schnitt, visuelle Effekte)  und Ryland Brickson Cole Tews (Hauptrolle, Drehbuch, Produktion, Requisiten) in einer Bar. Um den kompletten Film zu finanzieren, drehten sie zuerst den ersten Akt und zeigten diesen möglichen Investoren. Die Hauptdreharbeiten fanden im Winter 2019/20 in verschneiten Gegenden der US-Bundesstaaten Michigan und Wisconsin statt.

Neben Bibern tummeln sich hier noch andere Tierarten. Der Clou: bis auf Vögel und Insekten werden alle von Schauspieler*innen in Ganzkörperkostümen verkörpert. Man kann also konstatieren, dass während der Produktion keinerlei echte Tiere zu schaden gekommen sind! Das harte, entbehrungsreiche und von Rückschlägen geprägte Leben eines (Neu-)Trappers wird nicht auf naturalistisches Weise erzählt, sondern als gekonnt plump-überzeichnete Heldenreise, in welcher Stummfilm, früher Tonfilm fast ohne Dialoge und plakativen Sound-Effekten sowie ein Let’s Play-Video zu einem wunderbar funktionierenden Ganzen kombiniert werden.

Trotz hoher Gagdichte schleichen sich hier und da Längen ein. 10 bis 15 Minuten weniger Laufzeit hätten dem 108-Minüter sehr wahrscheinlich nicht geschadet. Das ist aber auch der einzig gravierende Schwachpunkt, den Hundreds of Beavers besitzt. Die einfache, aber konsequent entwickelte Story und ein herrlich absurd-überbordendes Mega-Finale entschädigen aber für die Längen. Hauptdarsteller Ryland Brickson Cole Tews, der mit seinem Rauschebart an Kristofer Hivju alias Tormund aus Game of Thrones erinnert, überzeugt in bester Buster Keaton-Manier mit ausdrucksstarker Mimik und viel Körpereinsatz. Es darf vermutlich als größter Verdienst von Cheslik, Tews und ihrem Team angesehen werden, dass die Mixtur aus tatsächlich gedrehtem Material, Zeichentrick-Elementen und Computer-Effekten funktioniert und visuell perfekt aufeinander abgestimmt wurde.      

Hundreds of Beavers ist seit dem 27. Juni 2025 auf DVD und BluRay sowie als kostenpflichtiger Stream bei diversen Anbietern verfügbar.

Fazit: Mit viel Liebe zum Detail erschaffenes Low-Budget-Wunder irgendwo zwischen Cartoon, Stummfilm,  Videospiel, Natur-Impressionen und Western. 8 von 10 Punkten.


Die Biber bauen einen Damm
Der Händler



Marius Joa, 15. August 2025. Bilder: Lighthouse.


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