Die Legende von Beowulf

Film-Pionier Robert Zemeckis lieferte im November 2007 eine aufwendige Neuverfilmung des Beowulf-Epos in den herkömmlichen Lichtspielhäusern, aber auch in den 3D-Kinos ab. Marius Joa hat sich den Director’s Cut auf DVD angesehen.

Die Legende von Beowulf (Beowulf)
Animationsfilm/Fantasy USA 2007. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 110 Minuten (Director’s Cut, PAL-DVD). Deutscher Kinostart: 15. November 2007.
Mit: Ray Winstone, Robin Wright Penn, Anthony Hopkins, John Malkovich, Brendan Gleeson, Crispin Glover, Alison Lohman, Angelina Jolie, Costas Mandylor u.v.a. Regie: Robert Zemeckis. Drehbuch: Neil Gaiman & Roger Avary. Nach dem angelsächsischen Heldenepos.

One-Night-Stands mit Folgen

Dänemark, im 6. Jahrhundert. Hrothgar (Anthony Hopkins), gealterter Held und König der Dänen, hat für große Feierlichkeiten die große Halle Herot bauen lassen. Hier wird bei „goldenem“ Met gefeiert. Vom Partylärm aufgescheucht greift eines Nachts das Monster Grendel (Crispin Glover) die Menschen in der Halle an und tötet viele. Hrothgar und seine Königin Wealtheow (Robin Wright Penn) werden überraschend verschont. Das Königspaar ahnt, wer das Monster sein könnte.

Nachdem die Feierhalle geschlossen wurde, um weitere Angriffe Grendels zu vermeiden, taucht der heldenhafte gautische Krieger Beowulf (Ray Winstone) mit seinen vierzehn Gefolgsleuten, darunter sein treuer Freund Wiglaf (Brendan Gleeson), auf und verspricht den Dänen, für sie das Monster zu töten, weil er die Schuld seines verstorbenen Vaters begleichen will. Hrothgars Berater Unferth (John Malkovich) ist bezüglich Beowulfs Fähigkeiten skeptisch.

Mit seinen Kriegern verschanzt sich Beowulf in der Halle und erwartet die Ankunft Grendels. Das Monster taucht auf und richtet ein Blutbad unter den tapferen Gauten an. Doch Beowulf gelingt es, Grendel nach hartem Kampf eine tödliche Wunde beizubringen. Die Ruhe scheint wieder eingekehrt und erneut wird gefeiert. Doch schon bald müssen die Dänen und Gauten erkennen, dass Grendel nicht das einzige Ungeheuer in der Nähe ist.

Beowulf, der tapfere Held.

Robert Zemeckis ist nicht nur Regisseur der liebenswerten Tragikomödie Forrest Gump oder der kultigen Zurück in die Zukunft-Trilogie, sondern auch Pionier auf dem Gebiet der abendfüllenden 3D-Animation. Nach dem filmischen Weihnachtskitsch Der Polarexpress lieferte er 2007 mit Die Legende von Beowulf einen weiteren visuell dominierten Animationsfilm in 3D ab. Für das aufwendige 3D-Projekt wurden diverse Hollywood-Stars wie Anthony Hopkins und John Malkovich mit unzähligen “Scanpunkten” versehen, um ihre Bewegungen in die Rechner zu übertragen.

Die eigentlichen Dreharbeiten müssen für die Darsteller ziemlich bizarr gewesen sein, mit den hautengen Anzügen und den minimalistischen Kulissen. Einige von ihnen (z. B. Hopkins und Angelina Jolie als monströse Verführerin) kann man sehr gut erkennen und vor allem in dunklen Szenen wirken die Bilder nahezu fotorealistisch. Und was die nichtmenschlichen Dinge angeht so haben sich Zemeckis und sein Effekte-Team auch nicht lumpen lassen und bombastische CGI-Sequenzen erschaffen. Aus optischer Sicht ist Die Legende von Beowulf auf jeden Fall grandioses Animationskino, das Maßstäbe für die 3D-Zukunft setzt. Glücklich dürfen sich die Zuschauer schätzen, die den Film in einem IMAX-Kino erleben durften.

Was die hervorragende Optik und auch die gelungenen Soundeffekte allerdings nicht überspielen können: die Story des Films ist zu überladen. Obwohl man sich in manchen Aspekten sehr an das (ehrlich gesagte ziemlich langweilige) Helden-Epos eines anonymen Autors hielt, so kann das Drehbuch von Fantasy-Schriftsteller Neil Gaiman (Der Sternwanderer) und Roger Avary nicht überzeugen. Diesbezüglich hätte man sich wesentlich mehr erwartet, vor allem mit der Information im Hinterkopf, dass die erste Script-Fassung 1997 begonnen wurde.

Es gelingt zwar in die vorhersehbar geradlinige Dramaturgie der Vorlage ein bisschen Pep zu bringen, aber insgesamt wirkt alles zu überladen und etwas an den Haaren herbeigezogen. Peinlich ist es obendrein, dass es dieser Hollywood-Streifen nötig hat, die gleiche Mär vom Ursprung des Monsters zu erzählen wie das unerreicht grottige D-Movie Beowulf aus dem Jahre 1999.

Trotz einer Freigabe ab 12 Jahren ist der Film bei blutigen Szenen alles andere als zimperlich. Der Director’s Cut, der sagenhafte 30 Sekunden länger als die Kinofassung ist, bietet von einigen für die Leinwand entschärften Stellen alternative, heftigere Kamera-Einstellungen. Das Ganze ist für zartere Gemüter übrigens weniger zu empfehlen. Für die Zukunft des Kinos lässt Die Legende von Beowulf vorerst nur einen Schluss zu: Die Bilder und Effekte sind schon fast photorealistisch, aber zum wirklich packenden 3D-Blockbuster fehlt eine halbwegs tiefgründige Story.

Fazit: Optisch beeindruckender Animationsfilm, dessen Story unausgewogen und vor allem überladen wirkt. 6 von 10 Punkten.


König Hrothgar.

Königin Wealtheow erscheint im Traum.

Unferth.

Beowulf trifft auf Grendels Mutter.

DVD-Features

Sprachen: Deutsch, Englisch (beide Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Deutsch für Hörgeschädigte

Bonusmaterial
Die Reise eines Helden: Das Making Of von Die Legende von Beowulf
Die Legende von Beowulf: eine lange Reise – Fotogalerie von der Produktion
Der Ursprung der Legende von Beowulf
Beasts Of Burden: Die Gestaltung der Kreaturen
Die Entstehung von Die Legende von Beowulf
Auf der Suche nach dem perfekten Beowulf
Nicht verwendete Szenen
Beilage: 24seitiger Comic zum Film (englisch)

Die vorliegende 2-Disc Special Edition bietet o.g. Bonusmaterial, allerdings nicht den auf der Rückseite angegebenen USA-Kinotrailer. Dieser ist auf der Single-Disc Edition ebenfalls nicht dabei, was bedeutet, dass die einfache Auswertung keinerlei Bonus enthält.

Marius Joa, 12. Mai 2008. Bilder: Warner Bros.

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