Dune – Der Wüstenplanet (1984) (TV-Fassung)

Ohne den Segen von Meister Lynch wurde 1988 eine TV-Fassung seiner Leinwandadaption von Frank Herberts SF-Roman Dune – Der Wüstenplanet veröffentlicht. Im Vorfeld des Kinostarts von Denis Villeneuves Neuverfilmung (Start: 16. September 2021) habe ich mir das erste Mal eine Regiearbeit von Alan Smithee angesehen.


Der Wüstenplanet (Dune)
Science-Fiction-Epos USA 1984/88. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 177 Minuten (TV-Fassung, PAL-DVD).
Mit: Kyle MacLachlan, Francesca Annis, Brad Dourif, José Ferrer, Linda Hunt, Freddie Jones, Everett McGill, Kenneth McMillan, Jack Nance, Siân Phillips, Jürgen Prochnow, Paul L. Smith, Patrick Stewart, Sting, Dean Stockwell, Max von Sydow, Alicia Witt, Sean Young. Nach dem Roman von Frank Herbert. Drehbuch: Judas Booth. Regie: Alan Smithee.

 

 


Der Wüstenplanet – Extended Edition

In ferner Zukunft, im Jahre 10191. Die Menschheit hat weite Teile des Alls besiedelt und lebt in einer feudalistisch organisierten Gesellschaft. An deren Spitze steht Padischah-Imperator Shaddam IV. (José Ferrer) und der sich den großen Adelshäusern zusammensetzende Landsraad. Höchstes Gut ist die Spice Melange, eine bewusstseinserweiterende Droge, welche vor allem für die von der Raumgilde kontrollierten Raumfahrt absolut unentbehrlich ist. Spice kommt jedoch nur auf einem einzigen Planeten vor: Arrakis, auch Dune genannt, einem öden, lebensfeindlichen Wüstenplaneten unter dessen endlosen Sandmeeren gigantische Sandwürmer leben. Nachdem zuletzt Haus Harkonnen unter dem krankhaft übergewichtigen Baron Wladimir Harkonnen (Kenneth McMillan) mit der Spice-Gewinnung betraut war übergibt der Imperator nun Herzog Leto (Jürgen Prochnow), den Herrscher des Hauses Atreides, diesen Auftrag. Leto, seine Konkubine, die vom Hexen-Orden der Bene Gesserit trainierte Jessica (Francesca Annis), und deren Sohn Paul (Kyle MacLachlan) verlassen mit ihrem Hofe den Heimatplaneten Caladan und siedeln nach Arrakis über. Da die beiden Häuser Atreides und Harkonnen verfeindet sind, vermuten Leto und seine Getreuen eine Falle. Kurz nach der Ankunft wird Leto von einem seiner eigenen Leute verraten und die Harkonnen sowie imperiale Truppen überrennen die Atreides. Paul und Jessica können in die Wüste fliehen, wo sie von den dortigen Bewohnern, den Fremen aufgenommen. Pauls Fähigkeiten werden auf Arrakis verstärkt und so erkennt er seine Bestimmung…

Direkt nach meiner Veröffentlichung der Rezension zur Kinofassung habe ich mir die TV-Version von David Lynchs Verfilmung von Frank Herberts Scifi-Romanepos Dune – Der Wüstenplanet angesehen. Nur dass darin der Name des Regisseurs nicht auftaucht. Denn Lynch lehnte die erweiterte Fernsehfassung ab und ließ seinen Namen aus den Credits entfernen. Neben dem üblichen Pseudonym “Alan Smithee” (Anagramm von “The Alias Men”) für Regisseure, die sich des eigenen Films “enteignet” sehen, wird das Drehbuch einem gewissen “Judas Booth” zugeschrieben. Dieses Alias setzt sich freilich aus Judas Iskariot (der Jünger, der Jesus verriet) und John Wilkes Booth (dem Mörder von US-Präsidentenlegende Abraham Lincoln) zusammen. Nach Ansicht Lynchs hatten ihm die Produzenten bei der Produktion derart reingeredet, dass diese den Film verraten und gekillt hätten. Auffällig wie schlecht die Namen an den betreffenden Stellen im Vorspann überklebt sind.

Was mir sonst gleich zu Beginn auffiel war die teils wirklich schwache Bildqualität der TV-Version. Ich besitze das im September 2009 erschienene Doppel-DVD-Set von Starlight Film/Intergroove. Disc 1 enthält die Kinofassung in HD-Qualität, Disc 2 den “TV-Extended Cut”, leider nur in der “herkömmlichen” Auflösung. Das zeigt sich besonders frappierend in dunklen Szenen (von denen es in der ersten Hälfte einige gibt) mit starkem Bildrauschen. Bei fast allen späteren Szenen auf Arrakis hatte ich das Gefühl, diese seien wesentlich heller als in der Leinwandversion. Die Fernsehfassung ist übrigens im Bildformat 4:3. Die zwischenzeitlich eingeblendeten Kapitelüberschriften hätte man sich aus meiner Sicht sparen können. Die deutschen Untertitel enthalten leider den ein oder anderen gravierenden (Übersetzungs-)Fehler. Eine Übersicht über die Unterschiede der beiden Fassungen findet sich bei Schnittberichte.com.

Der von Prinzessin Irulan (Virginia Madsen) gesprochene Prolog wird hier durch eine längere Einführung eines Erzählers (der immer wieder Zusammenhänge erläutert) ersetzt, in welcher die Geschichte der letzten ca. 4.000 Jahre sowie die Ausgangssituation der Story kurz erklärt werden. Dabei sind Concept-Art-Illustrationen von Francesca Turnes und Jaroslav Gebr zu sehen. Ansonsten bestehen die Ergänzungen im ersten Viertel der Drei-Stunden-Schnittversion fast nur aus minimal verlängerten Szenen und vereinzelten alternativen Kameraperspektiven. Die erste Szene mit dem entstellten Baron Harkonnen wurde dagegen etwas gekürzt. Als Paul und Jessica erstmals auf die Fremen treffen wird der junge Atreides-Sohn sogleich von Krieger Jamis zum Zweikampf herausgefordert. Weitere zusätzliche Szenen mit den Fremen folgen. Dadurch wird die Genese Pauls zum Anführer und Messias der Wüstenbewohner etwas organischer dargestellt. Auch die Charaktere Stilgar (Everett McGill) und Chani (Sean Young) kommen dadurch besser zur Geltung. Im letzten Drittel erhält diese Adaption von Dune dadurch eine ganz andere Dynamik und wirkt erzählerisch viel runder. Im Nachhinein wäre aber eine ursprünglich ins Auge gefasste Aufteilung der Romanhandlung auf zwei Filme besser gewesen. Diese Herangehensweise wählte Denis Villeneuve für seine Neuverfilmung, deren erster Teil schon vor langem in die Kinos kommen sollte, aber wegen den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie immer wieder verschoben wurde. Am 16. September soll es endlich soweit sein. Hoffentlich.

Ob sich das Format Miniserie für Herberts Buch besser eignet wird die bevorstehende (Wiederholungs-)Sichtung von John Harrisons TV-Dreiteiler Dune von 2000 zeigen. Die zwei nächsten Romane im Wüstenplaneten-Zyklus wurden als Children of Dune (2003) als weitere Miniserie in drei Teilen adaptiert.

Genau wie die Kinofassung ist auch die längere TV-Version in unterschiedlichen Auswertungen auf DVD und BluRay erschienen.

Fazit: In der verlängerten Fernsehfassung wirkt Dune vor allem dank einiger wichtiger Ergänzungen im letzten Drittel erzählerisch wesentlich runder. 9 von 10 Punkten.

Marius Joa, 15. August 2021. Bilder: Starlight Film/Intergroove.

 

 

 


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