Der Tag, an dem die Erde stillstand

Nach dem Erfolg von Alienszenarien wie Krieg der Welten, Weltuntergangsvisionen wie The Day After Tomorrow und der liebenswerten Darstellung, was auf der Erde nach der Menschheit so vor sich geht (WALL-E), beschäftigt sich nun die Filmindustrie (wiederholt) damit, wie außerirdisches Leben die Menschheit in ihrer Natur zerstörenden Existenz auszulöschen versucht. Das klingt verheißungsvoll, gab es aber schon in Independence Day? Sventja Franzen erläutert, warum sich Der Tag, an dem die Erde stillstand als eine eher unnötige Fortführung des Alien-Genres präsentiert.

Der Tag, an dem die Erde stillstand (The Day The Earth Stood Still)
Science-Fiction-Film USA 2008. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 104 Minuten. Deutscher Kinostart: 11. Dezember 2008.
Mit: Keanu Reeves, Jennifer Connelly, Kathy Bates, Jaden Smith, John Cleese, Jon Hamm, Kyle Chandler u.v.a. Regie: Scott Derrickson.

Und wieder einmal geht die Welt den Bach hinunter…

In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wundert sich ein eingeschneiter Bergsteiger über eine hausgroße, geheimnisvolle Kugel, die er in einer großen Eishöhle verborgen findet. Als er wieder zu sich kommt, ist die Kugel verschwunden, dafür trägt er eine frische Narbe auf der Hand.
Nun in der Moderne herrscht Panik: Wissenschaftlerin Dr. Helen Benson (Jennifer Connelly) wird von jetzt auf gleich von ihrem Stiefsohn Jacob (Jaden Smith) weggebracht, da in ungefähr einer Stunde ein riesiger Komet in Manhattan einschlagen wird, der sich allerdings sehr komisch verhält. Er gehorcht keinen Schwerkraft- oder auch Gravitationsgesetzen, es ist nicht klar, woraus er besteht – und kurz vor seinem tödlichen Aufschlag verlangsamt er sich. Es landet eine große Kugel mitten im Park in Manhattan, heraus steigen ein außerirdisches Wesen in menschenähnlicher Gestalt und sein Beschützer-Roboter, der sich bei Gewaltanwendung aktiviert. Da die Soldaten, die zum Zivilschutz aufmarschiert sind, kurzerhand auf das Alien schießen und es verwunden, wird sofort klar: Mit diesem Roboter ist nicht zu spaßen! Er kann jederzeit Elektrizität beeinflussen und kämpft mit Laser- und Lauteinsatz unerträglicher Art. Das Alien indessen wird zur Rettung in ein Krankenhaus gebracht, doch statt an der Humanwaffe zu sterben, wirft es seinen organischen Raumanzug ab und entpuppt sich als Wesen in Menschengestalt, das sogar einen Namen hat: Klaatu (Keanu Reeves). Die amerikanische Verteidigungsministerin versucht augenblicklich, mit ihm zu verhandeln und herauszufinden, ob die Erde mit einem Angriff der Außerirdischen zu rechnen hat (man beachte die Reihenfolge). Doch es gibt nichts mehr zu verhandeln, der Mensch ist ein Schädling des Planeten, und aus Rettungswille der Erde gegenüber soll die Rasse „Mensch“ determiniert werden, damit die Natur noch eine Chance hat. Und als wäre diese Nachricht nicht schon schlecht genug, ist jetzt auch nichts mehr an der Entscheidung zu rütteln: Die Vernichtung der Menschheit wurde bereits aktiviert…

In der Literatur wie auch in der Filmbranche ist das Thema „Alien vs. Human“ wie auch „Die Menschheit muss für ihre Taten büßen“ gern genutzt und  sehr beliebt. Alieninvasionen reichen von Krieg der Welten über Independence Day bis zu Mars Attacks!, das gut funktionierende Zusammenleben von Menschen und Außerirdischen findet seine Ausführungen in der TV-Kultserie AL“, in dem Klassiker E.T. oder auch in Men in Black mit Will Smith. Vom fiesen, tierartigen Alien, wie sich beispielsweise die Kreaturen aus Gigers genialer Feder präsentieren, hat man sich inzwischen weitgehend entfernt, hin zu logisch denkenden, teilweise menschenartigen Wesen, die uns technisch und geistig überlegen und niemals Instinkten unterworfen sind – so auch in Spielbergs Fernsehreihe Taken.

Nun beschreiten wir in der langen Alienfilm-Tradition also immer modernere Wege: Das Alien ist liebenswert, logisch denkend und in jeder Hinsicht überlegen, quasi eine eierlegende Wollmilchsau, und in Der Tag, an dem die Erde stillstand fungieren sie vor allem auch als Planetenpolizei. Dabei ist der Blick auf unseren blauen Planeten gefallen. Was die Wesen aus dem Weltraum sehen, gefällt ihnen natürlich überhaupt nicht: Nur eine handvoll Planeten in unserer Galaxis brachten Leben hervor, und die Menschen haben nichts besseres im Sinn, als eben diesen Planeten mitsamt allem, was darauf kreucht und fleucht, langsam aber mit viel Einfallsreichtum zu Grunde zu richten. Hier nun also der neue, einfache aber auch schlaue Gedanke: Die irdische Natur wehrt sich nicht selbst wie in dem literarischen Bestseller Der Schwarm von Frank Schätzing, sondern Aliens treten als Ritter für die holde Jungfrau Erde ein. Soweit, so gut, nette Idee, schöne Bilder, die von Anfang an Neugier wecken.

Es ist sehr früh offensichtlich, dass die Ankunft des Aliens mit dem Wolkenkratzer-Roboter nichts Gutes verheißt, doch die Spannung bleibt bestehen, da man sich lange Zeit fragt, wie die Menschheitsvernichtung vollführt werden soll. Während sich der Zuschauer wundert, versucht Helen Benson, den Außerirdischen Klaatu umzustimmen, ihm zu beweisen, dass die Menschheit noch eine Chance verdient hat, dass sie sich ändern kann. Und: dass die Selbsterkenntnis der Menschheit, was sie momentan eigentlich am Planeten verbricht, kurz bevorsteht. So richtig fruchten die Ausführungen allerdings nicht bei Klaatu, er ist von dem Standbild „zerstörerischer Mensch“ überzeugt, und wird durch Jacob in seinem Glauben bestätigt. Ein kleiner, eifersüchtig-boshafter Junge, der weder seine sorgende Stiefmutter annimmt noch in der Lage ist, seinen eigenen Willen – den er mit seinem toten Vater begründet – dem unterzuordnen, was Milliarden von Menschen retten könnte. Um es auf den Punkt zu bringen: Der kleine Bengel nervt den gesamten Film und was der tote Menschen sehende Junge in The Sixth Sense an Niedlichkeitsfaktor mit sich bringt, kann Jacob nicht leisten.

Zum Ende hin wird Der Tag, an dem die Erde stillstand immer schwächer. Urplötzlich ändert sich alles durch eine Friedhofsbegegnung, schlecht begründet und kaum nachvollziehbar, aber für Klaatu Grund genug, sich in eine Horde fleischfressender Roboterinsekten zu stürzen. Die Bilder sind wirklich beeindruckend, aber die Story lässt immer weiter zu wünschen übrig. Der wütende Robotermann kann einfach nicht ausgleichen, was der unlogische Plot und das irrationale Generve von Jacob (der im übrigen auch noch recht schwach gespielt wird) an Unterhaltsamkeit einbüßt.

Fazit: Eine zeitlang unterhaltsam, aber das Filmvergnügen hält nicht lange an. Wirklich schade! 5 von 10 Punkten.


So einfach gibt sie die Menschheit nicht auf: Helen versucht, Klaatu zu überzeugen.

Zu spät: Klaatu aktiviert den menschlichen Weltuntergang.
Sventja Franzen, 20. Januar 2009. Bilder: 20th Century Fox.


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