Kaffee und ein Paar neue Schuhe

Die taubstummen eineiigen Zwillinge Gëzim und Agim führen ein glückliches Leben bis sie eine niederschmetternde Diagnose aus der Bahn wirft, in Gentian Koçis Drama Kaffee und ein Paar neue Schuhe, welches auf dem 50. Internationalen Filmwochenende Würzburg gezeigt wurde.

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Kaffee und ein Paar neue Schuhe (Një filxhan kafe dhe këpucë të reja veshur)
alternativ: A Cup of Coffee and New Shoes On (internationaler Titel)
Drama Albanien, Griechenland, Kosovo, Portugal 2022. 99 Minuten. Kinostart: unbekannt.
Mit: Edgar Morais, Rafael Morais, Drita Kabashi u.a. Drehbuch und Regie: Gentian Koçi.

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Der leise Weg in die Dunkelheit

Gëzim (Edgar Morais) und Agim (Rafael Morais) sind eineiige Zwillinge in ihren Dreißigern und taubstumm. Trotz ihrer Einschränkungen führen die Brüder ein glückliches Leben und ihr Umfeld nimmt Rücksicht auf ihre Bedürfnisse, sowohl bei der Arbeit in einem Handwerksbetrieb als auch im Freundeskreis. Gëzims Freundin Ana (Drita Kabashi) ist ihnen zudem eine große Hilfe. Als Agim Probleme mit dem Sehen bekommt und die Brüder sich von einem Augenarzt untersuchen lassen erhalten sie eine niederschmetternde Diagnose. Aufgrund eines angeborenen Gendefekts werden beide erblinden. Während bei Agim dieser Zustand schnell fortschreitet bleibt Gëzim noch ein wenig mehr Zeit, bis auch er sein Augenlicht verliert. Die innige Beziehung zwischen den Brüdern untereinander und Ana steht daraufhin immer wieder auf der Kippe…

Basierend auf einem realen Fall von taubstummen Zwillingsbrüdern aus Belgien, die erblindeten, hat Gentian Koçi (geboren 1979) seinen zweiten Filme gedreht. Der albanische Regisseur war bei der Vorstellung von Kaffee und ein Paar neue Schuhe auf dem 50. Internationalen Filmwochenende in Würzburg und beantwortete im Anschluss Fragen aus dem Publikum. Das Filmwochenende bietet vor allem Gelegenheit, Werke aus Ländern zu sehen, die im herkömmlichen Kinoprogramm nicht oder kaum vertreten sind. Ich kann mich jetzt nicht wirklich daran erinnern, jemals zuvor einen Film aus Albanien gesehen zu haben. Das Thema von Koçis zweitem Spielfilm gestaltet sich allerdings überaus universal und könnte auch in unzähligen anderen Ländern umgesetzt werden.

Wie Gentian Koçi erklärte, habe er insgesamt fünf Jahre an A Cup of Coffee and New Shoes On, so der internationale Titel der albanisch-griechisch-kosovarisch-portugiesischen Co-Produktion, gearbeitet. Weil es so gut wie unmöglich war taubstumme eineiige Zwillinge zu finden, die zudem auch noch Schauspieler sind, wurden die portugiesischen Brüder Edgar und Rafael Morais, die beide keinerlei Behinderung haben, als Gëzim und Agim gecastet. Gemeinsam mit Produzentin Blerina Hankollari lernten die Morais-Brüder und Drita Kabashi, die Darstellerin von Ana, sechs Monate lang die albanische Gebärdensprache von Mitgliedern der Albanischen Nationalvereinigung der Gehörlosen (ANAD).

Realistischerweise verzichtete man hier auf einen Filmscore. Lediglich in zwei Szenen ist Musik zu hören. Der ganze Film gestaltet sich sinnigerweise auch sehr leise und gesprochene Dialoge gibt es wenige. Die beiden Hauptdarsteller Edgar und Rafael Morais waren also fast völlig auf ihre Mimik und (Gebärden-)Gestik angewiesen. Diese Herkulesaufgabe lösen die beiden Schauspieler meisterhaft. Als dritte im Bunde agiert Drita Kabashi in der Rolle von Gëzims Freundin Ana, die auch als erste Bezugsperson der Zwillinge fungiert, mit ähnlich bravouröser Intensität.

Man kann es sich nicht wirklich vorstellen, ohne Hören und Sehen die Umgebung wahrzunehmen und miteinander zu kommunizieren. Genau vor dieser Herausforderung stehen Gëzim und Agim. Regisseur Gentian Koçi erzählt die Geschichte der besonderen Zwillinge mit dokumentarischer Authentizität und trotz der zurückgenommenen Akustik mit bewegender Intensität. Mit GM Films hat der Film bereits einen deutschen Verleih gefunden, was darauf hoffen lässt, dass es einen deutschen Kinostart geben wird. Mit einer Oscar-Nominierung als albanischer Beitrag zur Kategorie internationaler Film hat es bedauerlicherweise nicht geklappt.        

Fazit: Uberaus authentisches und leise-bewegendes Drama über das Schicksal eines taubstummen und erblindenden Zwillingspaares. 9 von 10 Punkten.

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Marius Joa, 27. Januar 2024. Bilder: GM Films.