Parlament: Staffel 2

Zwei Jahre nach seinem Einstand als Assistent im EU-Parlament warten auf Samy nicht nur eine neue Abgeordnete, sondern auch neue Herausforderungen, in der zweiten Staffel von Parlament.


Parlament: Staffel 2 (Parlement: Saison 2)
Politsatire Frankreich, Belgien, Deutschland 2022. 10 Folgen. Gesamtlänge: ca. 235 Minuten.
Mit: Xavier Lacaille, Liz Kingsman, Lucas Englander, Georgia Scalliet, Philippe Duquesne, William Nadylam, Niccolò Senni, Anaïs Parello, Johann von Bülow u.a. Idee: Noé Débré. Drehbuch: Noé Débré, Maxime Calligaro, Pierre Dorac, Lily Lambert. Regie: Émilie Noblet, Jérémie Sein, Noé Débré.

 

 


Von Blue Deals und NCA

Zwei Jahre ist der französische Parlamentsassistent Samy Kantor (Xavier Lacaille) nun im Parlament der Europäischen Union tätig und mittlerweile auf der Suche nach einem neuen Abgeordneten, welchen er in Person der frisch gewählten Valentine Cantel (Georgia Scalliet) findet. Ohne seine Chefin Ingeborg, die wegbefördert wurde, wirkt Samys deutscher Kollege Torsten Muckenstrum (Lucas Englander) etwas verloren, weiß die gewonnene Zeit aber zu nutzen. Nachdem die Britin Rose Pilkington (Liz Kingsman) aufgrund des Brexits ihren Job verloren hatte und zwischenzeitlich für Facebook in Kalifornien tätig war kehrt sie ins Parlament zurück, als Mitarbeiterin des italienischen Lobbyisten Guido Bonafide (Niccolò Senni). Hegte Samy einst Gefühle für Rose, so scheint nun sie besonders an ihm zu hängen. Doch Samy führt mittlerweile eine Beziehung mit der spanischen NGO-Aktivistin Lydia (Anaïs Parello). Samys früherer Abgeordneter, der ahnungslose und gleichgültige Michel Specklin (Philippe Duquesne), findet sich unerwartet in einer völlig neuen Rolle wieder, wobei der knallharte Martin Kraft (Johann von Bülow) ihn im Griff hat. Unterdessen versuchen Valentine und Samy den “Blue Deal”, ein Paket mit mehreren Maßnahmen zum Schutz der Ozeane, im Trilog mit der EU-Kommission und dem Europäischen Rat durchzusetzen. Kein einfaches Unterfangen…

Eher zufällig stieß ich durch eine Empfehlung im Freundeskreis vor ziemlich genau zwei Jahren auf die Serie Parlament, deren erste Staffel gerade erschienen war. Von der gekonnten Mischung aus präziser Politsatire und pädagogisch wertvoller Darstellung der Vorgänge im EU-Parlament war ich sehr begeistert. Vor ein paar Wochen wurde Staffel 2 der französisch-belgisch-deutschen Produktion in der ARD-Mediathek und bei One veröffentlicht. Darin verfügt Protagonist Samy nun über einiges an Erfahrung und glaubt zu wissen, wie der Hase läuft, wird aber immer wieder eines Besseren belehrt.

Serienschöpfer Noé Débré wuchs in Straßburg auf und konnte vom Fenster seines Kinderzimmers aus beobachten wie jeden Tag unzählige Menschen das EU-Parlament betraten oder verließen. Gedreht wurden alle Folgen bisher in den echten Gebäuden des titelgebenden Organs in Brüssel und Straßburg. Natürlich darf man als Zuschauer*in nicht denken, dass die Serie eine hundertprozentig akkurate Darstellung der tatsächlichen Vorgänge dort liefert. Mit Maxime Calligaro und Pierre Dorac arbeiten allerdings zwei der Autoren tatsächlich für EU-Institutionen. Von daher kann man davon ausgehen, dass die Drehbücher in gewissem Maße an der Realität orientieren.

Stand im Season 1 noch das Gesetzgebungsverfahren im Fischerei-Ausschuss am Beispiel einer Vorlage zum Verbot des Finning im Mittelpunkt so geht es im zweiten Jahr um den „Blue Deal“, einem ganzen Maßnahmenpaket zum Schutz der Meere als Lebensraum. Anhand dieser Vorlage wird ein Trilog abgehalten, in welchem Repräsentanten des Europäischen Rats und des Parlaments verhandeln, mit der EU-Kommission als neutralem Vermittler. Dass Samy und Valentine sich hier quasi auf einer „Mission Impossible“ befinden wird schon beim Blick auf ihr äußerst heterogenes Team deutlich, zu welchem neben einem alten Portugiesen, der möglicherweise nur wegen seiner Schwäche für die französische Abgeordnete dabei ist, auch die als „Gesine Nein“ berüchtigte deutsche Konservative Gesine Breschenschneider (Martina Eitner-Acheampong) und der engagiert-progressive, aber sich irgendwie unverständlich äußernde Schwede Sven (Gustav Hammarsten) gehören. Dazu versucht Rose auf Anweisung ihres neuen Chefs Guido durch die Freundschaft mit Samy das Ergebnis zugunsten der Fischerei-Industrie zu beeinflussen.

Bei solch zähen Verhandlungen und dem ganzen Drumherum kommt es natürlich immer wieder zu turbulenten, teils unerwartenen, mit allerlei Situationskomik gespickten Wendungen. Das mag alles nicht mehr ganz so frisch wie in der ersten Runde wirken und auch der höhere Anteil an infantilem Klamauk erscheint nicht immer so gelungen, doch der Spagat zwischen humoristischer Aufarbeitung und lehrreicher Präsentation kann gehalten werden. Die etwa vier Stunden Laufzeit erweisen sich erneut als ungemein kurzweilig und hinterher war ich wieder etwas traurig darüber, dass die Staffel schon wieder vorbei ist, vor allem auch weil die ein oder andere Figur respektive der ein oder andere Handlungsstrang etwas zu kurz kommt. Aber keine Bange, eine dritte Staffel befindet sich schon in Produktion.

Die komplette zweite Staffel von Parlament ist seit dem 24. Oktober 2022 und noch bis 30.04.2023 in der synchronisierten Fassung und der Originalfassung in der ARD-Mediathek abrufbar. Auch die erste Staffel ist derzeit wieder verfügbar.

Fazit: Nicht mehr ganz so stark wie Staffel 1, doch auch im zweiten Jahr erweist sich Parlament als witzige und lehrreiche EU-Politsatire. 8 von 10 Punkten.

 

Torsten und Samy

Rose arbeitet nun für Lobbyist Guido
 
Verhandlung im Trilog

 


Marius Joa, 20. November 2022. Bilder: france.tv/BeTV/WRD/One.

 

 


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