Geliebte Jane

Was, schon wieder zwei Jahre seit dem letzten Jane Austen Film? Höchste Zeit für Nachschub! Regisseur Julian Jarrold verfilmte eine Jugendromanze der britischen Autorin und nimmt es mit den biographischen Fakten dabei nicht allzu genau. Sarah Böhlau sah Geliebte Jane und schreibt, warum der Film trotzdem – oder gerade deswegen – funktioniert.

Geliebte Jane (Becoming Jane)
Biographie, GB/USA 2007. FSK: Freigegeben ohne Altersbeschränkung. 120 Minuten.
Mit: Anne Hathaway, James McAvoy, Maggie Smith, James Cromwell, Julie Walters u.v.a.
Regie: Julian Jarrold. Drehbuch: Kevin Hood & Sarah Williams.

Die Akte Jane Austen

Die britische Autorin Jane Austen (1775 – 1817) und die Filmbranche, das ist eine interessante Beziehung. Betrachtet man die Aufmerksamkeit, die diese Dame von Filmemachern erhält, täte man sich schwer, Höhepunkte zu erkennen. Man könnte kaum von einem Abebben sprechen, einer zeitlich begrenzten Modeerscheinung, einem Comeback, einem Revival oder einer Durststecke. Denn Jane Austen wird ständig verfilmt. Alle paar Jahre wieder. Und meist (kommerziell) erfolgreich. Für eine Autorin mit einem Gesamtwerk von gerade einmal sechs fertigen Romanen und drei Fragmenten keine schlechte Leistung.

Nachdem Joe Wright 2005 mit der achten (!) Stolz und Vorurteil-Adaption wieder einmal die Kassentauglichkeit von Austen-Stoffen bewies, ließ das nächste Projekt nicht mehr lange auf sich warten. Aber weil die Wahl zwischen dem neunten Stolz und Vorurteil dem sechsten Emma, dem fünften Verstand und Gefühl (bzw. Sinn und Sinnlichkeit), dem fünften Überzeugung, dem vierten Mansfield Park und dem dritten Northanger Abbey gar so schwer fiel, verfiel man auf den Gedanken, zur Abwechslung mal die Autorin selbst ins Auge zu fassen. Auch nicht die neuste Idee, aber gut. Nur: Jane Austen führte ein ruhiges Leben, blieb unverheiratet und starb jung.

Paraderolle für Anne Hathaway.

Also was tun? Einen Jane-Austen-untypischen Film über Jane Austen drehen? Wäre doch langweilig, dachte sich Regisseur Julian Jarrold, und es lockt zu wenig Kinobesucher an. Viel besser: Man nehme eine beiläufige Romanze aus Jane Austens Jugendzeit und presse diese mit sehr viel künstlerischer Freiheit in eine von Stolz und Vorurteil 1:1 geklaute lose inspirierte Handlungsschablone.

Gar nicht soviel künsterlische Freiheit nötig, behauptet immerhin Jane Austen Biograph Joe Spence, Autors des Buches Becoming Jane Austen und rein zufällig der historische Berater von Geliebte Jane. Spence misst der Begegnung Austens mit dem irischen Studenten Tom Lefroy, die die Autorin in Briefen an ihre Schwester schildert, eine weit größere Bedeutung als bisher angenommen bei. Na dann. Nur das Happy End muss der Film leider streichen, das wäre dann doch zu auffällig.

Also, der Inhalt: Elisabeth Bennet Jane Austen (Anne Hathaway) lebt mit ihren Elten und Geschwistern auf dem Land. Die Mutter macht Heiratsdruck, aber die unabhängige Jane drängt es gar nicht, viel lieber würde sie von ihrer Schriftstellerei leben. Das ändert sich, als sie den selbstbewussten Mr. Darcy Tom Lefroy (James McAvoy) kennenlernt. Obwohl sie erst von der Arroganz des Jurastudenten abgestoßen ist, funkt es über ein paar pointierten Wortgefechten. Die Romanze stößt auf nicht überall auf Zustimmung, vor allem bei Janes Notfall-Verlobtem (Laurence Fox) und Toms reichem Onkel, wobei letzterer der Sache kraft seiner finanziellen Allmacht schnell einen Riegel vorschiebt. Am Ende bleibt Jane immerhin die Liebe ihrer Familie und die Idee für einen richtig guten Roman.

Die Skepsis bezüglich historischen Genauigkeit mal beiseite: Geliebte Jane ist ein ruhig erzählter, unterhaltsamer und einfach schöner Film. Anne Hathaway spatziert in wunderschönen Kleidern durchs ländliche England, schreibt ihren ersten Roman, tröstet ihre Schwester, führt intelligente Streitgespräche über Gesellschaft und Literatur und schmettert dazwischen ein paar Heiratsanträge ab. James McAvoy steht daneben und sieht phantastisch aus. Da der Name Jane Austen stets wie eine Fruchtfliegenfalle für Schauspielgrößen wirkt, darf man sich in den Nebenrollen unter anderem über Maggie Smith, James Cromwell und Julie Walters freuen.

Geliebte Jane möchte wie die Verfilmung eines Jane Austen Romans daherkommen und hält sich dementsprechend an deren Strukturen, Figurenstereotypen und Optik. An einigen (wenigen) Stellen nimmt sich Jarrold dann aber doch ein wenig mehr heraus. Er verschäft die Gesellschaftkritik und deutet Liebes- und Gewaltszenen nicht nur an. So muss sich Tom Lefroy bei einem Boxkampf richtig vermöbeln lassen, kommt dafür aber auch bei Jane etwas weiter als nur bis zum Handkuss.

Zusammenfassend darf ich feststellen, dass Geliebte Jane als Film allgemein eine gute Figur macht und sogar als Verfilmung eines Jane-Austen-Romans funktioniert (sieht man von dem kleinen Schönheitsfehler ab, dass es ja nun keine Verfilmung eines Jane-Austen-Romans ist.) Dass Jarrold eigentlich einen Teil des Lebens von Jane Austen erzählen will, sollte man dagegen eher vernachlässigen – das tut der Film schließlich auch. Und fährt gut damit.

Fazit: Geliebte Jane-Austen-Fans, wir sollten nehmen, was wir kriegen können! 7 von 10 Punkten.


Jane (Anne Hathway) und Tom (James McAvoy).

Landleben in Großbritannien.
Sarah Böhlau, 21. Oktober 2007. Bilder: Concorde.


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