Dog of God

Ein verblendeter Priester, ein heiliger Strohhalm, die Hoden des Teufels und ein Werwolf. Das und mehr liefert der lettische Animationsfilm Dog of God von den Ābele-Brüdern, gesehen auf dem Fantasy Filmfest 2025 in Frankfurt.

Dog of God (Dieva suns)
Fantasy/Horror/Animationsfilm Lettland 2025. 95 Minuten.
Originalsprecher*innen: Regnārs Vaivars, Jurģis Spulenieks, Agata Krista, Armands Berģis, Einars Repše, Kristians Kareļins u.a. Drehbuch: Lauris Ābele, Raitis Ābele, Ivo Briedis, Harijs Grundmanis. Regie: Lauris Ābele, Raitis Ābele.



Vom Strohhalm Jesu und den Testikeln des Teufels

Im 17. Jahrhundert in Livland. Der Priester Buckholz spielt sich in seiner Gemeinde immer wieder als eiserner Moralapostel auf. Gemeinsam mit seinem Gehilfen, dem gehbehinderten Mönch Klibi, hütet der Priester eine heilige Reliquie wie sein Augapfel: einen Strohhalm aus der Krippe von Jesus. Als der heilige Halm verschwindet wird die örtliche Tavernen-Schankmaid Neze verdächtigt, welcher schon längerem der Ruf vorauseilt, eine Hexe zu sein. Wenig später taucht ein geheimnisvoller Mann auf, der sich als „Hund Gottes“ vorstellt und zudem erklärt, ein Werwolf zu sein. Auch er ist im Besitz einer Art Reliquie: den Testikeln des Teufels…

Mit der wundervollen Tier-Odyssee Flow von Gints Zilbalodis gewann bei der diesjährigen Oscar-Verleihung ein Beitrag aus Lettland den Preis als bester Animationsfilm. Ein weiterer Trickfilm aus dem baltischen Land schickt sich an, der offizielle Oscar-Beitrag für nächstes Jahr zu werden: Dog of God. Federführend agierten hierbei die drei Brüder Lauris Ābele (Regie, Drehbuch, Musik, Schnitt), Raitis Ābele (Regie, Drehbuch, Produktion, Schnitt) und Marcis Ābele (Kamera). Für nur etwa 720.000 € entstand Dieva Suns, so der lettische Originaltitel, an der Riga School of Media and Arts im Rotoskopie-Verfahren. Das heißt die Szenen wurden erst mit realen Schauspieler*innen gefilmt und anschließend animiert.

Für meine Rezensionsreihe Besondere Animationsfilme bin ich immer wieder auf der Suche nach Produktionen, welche dieses Prädikat auch wirklich verdienen. Dog of God gehört trotz seiner schrägen Mischung aus Folklore, religiösem Wahn und damit verbundenem Horror sowie einer durchaus starken Optik leider nicht in diese Kategorie. Irgendwie beschlich mich während der Sichtung auf dem diesjährigen Hauptevent des Fantasy Filmfests der Verdacht, die Ābele-Brüder hätten gerne einen düster-süffigen Fantasykracher wie The Spine of Night (2021) von Philip Gelatt und Morgan Galen King, der wiederum beim Fantasy Filmfest 2021 seine deutsche Premiere gefeiert hatte, abgeliefert. Dazu hat es aber nicht gereicht.

Die stimmungsvollen, nicht selten alptraumhaften Bilder der verregneten, vernebelten und teils auch verwunschenen Szenerie in einem Dorf in Livland (eine historische Landschaft, die das heutige Estland und weite Teile Lettlands umfasst und zur Zeit der Handlung zum Königreich Schweden gehörte) können sich durchaus sehen lassen. Immer wieder wird das triste Ambiente durch teils eher grelle Farben durchbrochen. Dabei schreckt man auch vor der ein oder anderen drastischen Gewaltdarstellung nicht zurück, was zu Thema und Stimmung passt. Das Rotoskopieverfahren sorgt für bisweilen fotorealistische Figuren und sehr organische Bewegungen.

Inhaltlich präsentiert sich Dog of God allerdings trotz des potenzialträchtigen Spannungsfeldes zwischen Folklore und Historie sowie Magie und Religion als ziemlich unausgereift. Bis die Handlung wirklich in die Gänge kommt vergeht fast die Hälfte der gut 90 Minuten Laufzeit und hinterher fragt man sich dann doch, um was es hier eigentlich genau ging, weil manche Storyelemente zu wenig entwickelt wurden. Zwischenzeitlich mutiert die ganze Angelegenheit fast zur Sex-Klamotte, was etwas Humor in den Film bringt, aber ein eher albern wirkt. Ebenfalls etwas aus dem historischen Setting hat mich der etwas repetitive Elektronik-Score herausgebracht, vor allem weil er nicht so recht zum Setting passen will.

Dennoch freut es mich, wieder mal ein Werk aus einer Region gesehen zu haben, welche ansonsten selten auf den hiesigen Kinoleinwänden vertreten ist. Und dass ich mit Flow und Dog of God gleich zwei Animationsfilme aus Lettland innerhalb des gleichen Jahres erleben durfte sowieso. Vor dem Hauptprogramm wurde übrigens der recht abstrakte animierte Kurzfilm Stranger’s Dreams of Death von Jelizaveta Averko gezeigt.

Fazit: Optisch mehr als solide, aber inhaltlich durchwachsene Mischung aus Folklore-Horror und Animationsfilm. 6 von 10 Punkten.



Marius Joa, 19. September 2025. Bilder: Media Move. 


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