Eine chinesisch-amerikanische Highschool-Schülerin träumt davon, zur Prom Queen gekürt zu werden. Doch die unüberwindbare Konkurrenz ist scheinbar makellos weiß und blond. Eine kuriose neue Firma bietet wiederum eine besondere Schönheitsoperation an, in Amy Wangs Beauty-Horror-Dramedy Slanted, gesehen auf dem Fantasy Filmfest 2025.
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Slanted
Drama/Komödie/Horror USA 2025. 102 Minuten.
Mit: Shirley Chen, McKenna Grace, Amelie Zilber, Vivian Wu, Fang Du, Maitreyi Ramakrishnan, R. Keith Harris u.v.a. Drehbuch und Regie: Amy Wang.

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„It’s good to be white.“
Vor zehn Jahren mit ihren Eltern (Vivian Wu und Fang Du) von China in die USA ausgewandert ist Joan Wong (Shirley Chen) an ihrer Highschool immer noch eine Außenseiterin. Eine Rolle, welche sie mit ihrer besten Freundin, der indischstämmigen Brindha (Maitreyi Ramakrishnan) teilt. Doch Joan hat seit ihrer Kindheit einen Herzenswunsch: Prom-Queen ihrer Schule zu werden. Doch die Konkurrenz in Person blonder weißer Mitschülerinnen ist groß. Selbst als Joans Idol, die Influencerin und Jungschauspielerin Olivia Hammond (Amelie Zilber), ihre Kandidatur wegen eines Film-Engagements absagt. Eine Lösung scheint das neue Unternehmen Ethnos von Dr. Singer (R. Keith Harris) zu versprechen. Mit Hilfe einer völlig revolutionären Operation kann man sein äußeres Selbst völlig verändern. Joan (nun: McKenna Grace) ist von dem Ergebnis begeistert, im Gegensatz zu ihren Eltern…
Nachdem sie mehrere Kurzfilme gedreht, Drehbücher zu den Serien From Scratch (2022) und The Brothers Sun (2024) geschrieben sowie Episoden von The Birch (2019) inszeniert hatte liefert die chinesisch-australische Filmemacherin Amy Wang mit Slanted ihr Langfilmdebüt ab. Die kleine Produktion feierte ihre Welturaufführung beim South By Southwest Film & TV Festival in Austin (US-Bundesstaat Texas) im März 2025, wo Wang in der Kategorie „Narrative Feature“ ausgezeichnet wurde. Die deutsche Premiere erfolgte beim diesjährigen Fantasy Filmfest im September 2025, auch als Teil des „Fresh Blood“-Wettbewerbs.

Nach dem koreanischen Anime Beauty Water (ein Wundermittel macht aus einer übergewichtigen eine schlanke, hübsche Frau) von Cho Kyung-hun und der englischsprachigen, französischen Horror-Satire The Substance (die titelgebende Substanz erschafft eine junge Version einer Frau mittleren Alters) von Coralie Fargeat gewinnt Slanted dem in letzter Zeit häufiger vertretenen Untergenre Beauty-Horror (siehe auch die finstere, norwegische Aschenputtel-Variante The Ugly Stepsister von Emilie Blichfeldt) eine neue Facette ab. Denn hier geht es nicht nur darum, perfekt und schön auszusehen, sondern auch weiß zu sein.
Selbst in einer fortschreitend immer pluralistischen westlichen Welt sorgt neben der Herkunft aus einer reichen Familie immer noch ein Merkmal einer Person für deren privilegierte Stellung: eine helle Hautfarbe. Wer diese nicht besitzt, für gibt es innerhalb der Realität des Films eine ganz besondere Schönheitsoperation, welche jeden Menschen, egal welcher Ethnie, in ein weißes Exemplar verwandelt. Auf dem Weg zu ihrem Traum, zur allseits beliebten Prom Queen gekürt zu werden, ist die Protagonistin bereit, diesen radikalen Schritt zu gehen, natürlich ohne die Konsequenzen wirklich durchdacht zu haben.
Amy Wang, die auch das Drehbuch schrieb, präsentiert uns eine satirisch überspitzte, aber sicherlich nicht ganz unrealistische Welt, in welcher das Idealbild des „all american girls“ mit weißer Hautfarbe, blonden Haaren und blauen Augen verbunden ist (auch im Deutschland unter Hitler ein beliebter Phänotyp) untrennbar verbunden ist. Auch die Influencer-Welt in Person der dominanten Highschool-Diva Olivia bedient sich dieses „Idealbilds“. Die dunkelhaarige, asiatische Joan kann da nicht mithalten, trotz zwischenzeitlich blondierter Haare.
Gekonnt entlarvt Wang mit ihrem ersten abendfüllenden Spielfilm die oberflächliche Welt der Highschool-Hierarchien und rein auf Äußerlichkeiten fixierten Erfolgsdruck. Dabei wird auch die überaus problematische Konsequenz gezogen, dass nichtweiße Menschen in der westlichen Hemisphäre als minderwertig angesehen werden. Schon seit ihrer Kindheit wird das Joan dadurch eingeprägt, dass sie durch die endlose Galerie der früheren Prom Queen-Gewinnerinnen (selbstverständlich alle weiße Blondinen) läuft.
Der unvermeidliche Body-Horror-Anteil wird zwar den Zuschauer*innen nicht erspart, fällt aber vor allem Im Vergleich zu The Substance nicht annähernd so drastisch aus. Generell bleibt Slanted durchgehend recht bodenständig, wohl vor allem wegen des eher kleinen Budgets, punktet dabei auch mit treffenden Zwischentönen. Verbunden mit eigenen Erfahrungen behandelt Wang auch Fragen bezüglich Identität und Anpassungsschwierigkeiten von Migrant*innen. Passend zum recht ruhigen Inszenierungsstil funktioniert aus meiner Sicht der überwiegend mit Glockenspiel-artigen Percussions arbeitende Score von Shirley Song (XO, Kitty).
Fazit: Bodenständiger, gelungener Hybrid aus Beauty-Horror und Immigranten-Identitäts-Geschichte, welche dem Thema Schönheitswahn einen neuen Twist abgewinnt. 8 von 10 Punkten.
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Marius Joa, 20. September 2025.
Bilder: Mountain Top Pictures/Tideline Entertainment.


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