Saints and Sinners

Mit Taken – 96 Hours wurde Liam Neeson in einer zweiten Karriere zum Actionstar. Seitdem hat der nordirische Schauspieler die Hauptrolle in diversen Actionfilmen gespielt. Der irische Neo-Western Saints and Sinners von Regisseur Robert Lorenz geht teilweise in eine ähnliche, aber auch in eine andere Richtung.

Saints and Sinners – Heilige und Sünder
(In the Land of Saints and Sinners)
Neo-Western/Drama Irland 2023. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 107 Minuten.
Mit: Liam Neeson, Kerry Condon, Jack Gleeson, Ciarán Hinds, Colm Meaney, Niamh Cusack, Sarah Greene, Michelle Gleeson, Seamus O’Hara, Conor MacNeill, Anne Brogan u.a. Drehbuch: Mark Michael McNally und Terry Loane. Regie: Robert Lorenz.



Am Ende der Gewalt?

Nordirland, im County Donegal, 1974. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Tod seiner Ehefrau hat Finbar Murphy (Liam Neeson) heimlich als Auftragskiller für Robert McQue (Colm Meaney) gearbeitet. Selbst sein bester Freund, der örtliche Polzist Vincent O’Shea (Ciarán Hinds) hat davon nichts mitbekommen. Nach etwa 30 Jahren ist Finbar des Tötens müde und möchte seine verbleibende Zeit mit anderen Dingen verbringen. Sein junger Kollege Kevin (Jack Gleeson) scheint mehr als eifrig, die zusätzlichen Aufträge zu übernehmen. Doch als Finbar mitbekommt, dass Moya (Michelle Gleeson), die Tochter von Kneipenwirtin Sinéad (Sarah Greene), von ihrem „Onkel“ Curtis (Desmond Eastwood) misshandelt wird, greift er nochmal zur Waffe. Ohne jedoch zu wissen, dass Curtis der Bruder der seit einem Anschlag gesuchten IRA-Terroristin Doireann MCCann (Kerry Condon) ist. Doireann und ihre Mitstreiter halten sich in der Gegend versteckt und wollen Rache… 

Der Nordirland-Konflikt zwischen Protestanten und Katholiken forderte zwischen den späten 1960ern und späten 1990ern ca. 3.500 Todesopfer und über 47.000 Verletzte. Mit dem Karfreitagsabkommen 1998 endete die gewaltreiche Auseinandersetzung. Allerdings hat der immer noch ungeklärte Status von Nordirland seit dem Brexit 2016 wieder für Probleme gesorgt. Vor allem in den 1970ern, auch durch den Bloody Sunday 1972, erreichte die Gewalt ihren Höhepunkt. In dieser Zeit spielt der von Robert Lorenz (Regisseur von The Marksman sowie u.a. Produzent von Mystic River und Million Dollar Baby) inszenierte Film In the Lands of Saints and Sinners, dessen Titel in Deutschland verkürzt und mit einem redundanten deutschen Untertitel versehen wurde.

Doireann ist zu allem bereit

Ich habe ehrlich gesagt kaum einen der in den letzten fünfzehn Jahren zahlreichen Actionreißern mit Liamk Neeson in seinem zweiten Frühling als Schauspieler gesehen (eigentlich nur Unknown Identity [2011]). Dennoch wage ich zu behaupten, dass sich Saints and Sinners von den meisten dieser Produktionen etwas abhebt. Der Augenmerk liegt hier nicht auf harter Action, sondern auf dem von einem blutigen, bürgerkriegsähnlichen Konflikt gezeichneten Land und den Bewohnern eines abgelegenen Ortes im Nordwesten des Landes. Die Landschaftspanoramen erinnern dabei sehr an Martin McDonaghs umjubelte Tragikomödie The Banshees of Inisherin (2022). Generell scheint die Produktion die bekannten Themen und Motive von der grünen Insel zu verarbeiten.

Neben den erwähnten malerischen Landschaften und der charakterischen irischen Folk-Musik kommen auch Gaelic Football und Pubs vor, die allerdings alle im Vergleich zum zentralen Thema etwas in den Hintergrund rücken. Doch das Skript von Mark Michael McNally und Terry Loane geht bezüglich der „Troubles“ nicht wirklich in die Tiefe. Man kann nur mutmaßen, dass Finbar ausschließlich oder überwiegend frühere Mitglieder der Irish Republican Army zur Strecke bringt. Etwas detailliertere Informationen hierzu hätte die Story auf jeden Fall vertragen. Aber vermutlich will uns der Film vermitteln, dass nach Jahren des blutigen Konflikts die wahren Gründe ziemlich in den Hintergrund treten.

Der vom mittlerweile 71jährigen Liam Neeson (u.a. Excalibur, Schindlers Liste) gespielte Protagonist will nach 30 Jahren sein Gewehr an den Nagel hängen und seinem Leben in der Zeit, die ihm noch bleibt, eine andere, friedlichere Richtung geben. Doch die Spirale der Gewalt holt ihn wieder ein und er bekommt es mit einer Gruppe gefährlicher IRA-Terroristen zu tun, deren Anführerin zu allem bereit ist. Die Kompromisslosigkeit der Geschichte bildet sicherlich eine der beiden Stärken dieses irischen Neo-Westerns, bei dem es am Ende nicht in einem Saloon, sondern einem Pub zum großen Showdown kommt.

Die hochkarätige Besetzung um einige der renommiertesten Schauspieler*innen Irlands liefern den zweiten Höhepunkt. An der Seite Neesons, der durch Gastrollen in Ted 2 (2015) und der finalen Staffel von Derry Girls (2022) auch seine Fähigkeiten im Comedy-Bereich bewiesen hat, agieren unter anderem sein bester Freund Ciarán Hinds (Excalibur, Belfast) als gutmütiger Dorfpolizist Vincent, Kerry Condon (Rom, The Banshees of Inisherin) als knallharte Terroristin Doireann, Jack Gleeson (Game of Thrones) als lässiger Nachwuchs-Killer Kevin, Colm Meaney (Star Trek: The Next Generation, Deep Space Nine) als Auftraggeber Robert und Sarah Greene (Penny Dreadful, Normal People) als Pub-Betreiberin Sinéad.    

Saints and Sinners ist seit dem 19. Januar 2024 Teil des Angebots von Amazon Prime Video.

Fazit: Stark gespielter, kompromissloser, Nordirland-Neo-Western, der nur inhaltlich etwas unausgegoren wirkt. 7 von 10 Punkten.


Finbar bei Schießübungen mit Polizist Vincent
Moya und Finbar



Marius Joa, 24. März 2024. Bilder: Amazon Studios.


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