Vor 24 Jahren gelang Michael „Bully“ Herbig und Co mit Der Schuh des Manitu der erfolgreichste deutsche Kinofilm seit der Wiedervereinigung. Im Zuge der am 14. August 2025 startenden Fortsetzung Das Kanu des Manitu war nach langer Zeit ein Rewatch der Westernparodie fällig.
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Der Schuh des Manitu
Westernparodie Deutschland 2001. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. 82 Minuten. Kinostart: 19. Juli 2001.
Mit: Michael „Bully“ Herbig, Christian Tramitz, Rick Kavanian, Marie Bäumer, Sky du Mont, Hilmi Sözer, Irshad Panjatan u.v.a. Drehbuch: Michael „Bully“ Herbig, Rick Kavanian, Alfons Biedermann, Murmel Clausen. Regie: Michael „Bully“ Herbig.

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Von trotteligen Apachen, falschen Hasen und einer geteilten Schatzkarte
Im Wilden Westen. Eigentlich wollten Abahachi (Michael „Bully“ Herbig), Häuptling der Apachen, und sein weißer Blutsbruder Ranger (Christian Tramitz) nur ein Lokal für seinen Stamm käuflich erwerben. Doch der vermeintlich seriöse Immobilienmakler Santa Maria (Sky du Mont) entpuppt sich als Gauner, der dem Apachenhäuptling eine Bruchbude andreht und zudem Falscher Hase (Antonio Ramirez), den Sohn von Listiger Lurch (Irshad Panjatan), Häuptling der Schoschonen, tötet. Abahachi und Ranger haben nun doppelt Ärger am Hals, denn der Kredit für den geplanten Immobilienkauf stammt ebenfalls von den Schoschonen. Doch es gibt einen Schatz, welcher die finanziellen Probleme lösen könnte. Dummerweise hat Abahachi nur einen Teil der Schatzkarte. Die Schoschonen sowie Santa Maria und seine Männer im Nacken machen sich der Apachenhäuptling und sein Blutsbruder auf den Weg, um die weiteren Teile der Karte zu finden, welche sich jeweils im Besitz von Abahachis schwulem Zwillingsbruder Winnetouch (ebenfalls Michael „Bully“ Herbig), Abahachis Jugendliebe Uschi (Marie Bäumer) und dem griechischen Wirt Dimitri (Rick Kavanian) befinden…
Gemeinsam mit seinen kongenialen Partnern Christian Tramitz (auch bekannt als Synchronsprecher, siehe u.a. Saber Rider & the Star Sheriffs, How I Met Your Mother) und Rick Kavanian (u.a. deutsche Stimme von Mike Myers in den Austin Powers-Filmen) spielte Michael Herbig, Spitzname Bully, unzählige Rollen in der Sketch-Comedyreihe Bullyparade (1997-2002). Zu den beliebtesten Sketchen zählte auch die Winnetou-Parodie. Daraus entstand Bullys zweiter Spielfilm als Regisseur: Der Schuh des Manitu. Die mit einem Budget von ca. 4,5 Millionen Euro zwischen Ende April und Ende Juni 2000 in der Wüste Südspaniens und in den Münchner Arri-Studios gedrehte Produktion avanciert nach dem Kinostart am 19. Juli 2001, also vor ziemlich genau 24 Jahren, zum absoluten Kassenschlager. Mit 11,7 Millionen Besucher*innen und Einnahmen in Höhe von 65 Millionen Euro ist die Westernparodie nach Otto – Der Film (1985), welcher im damals noch geteilten Deutschland insgesamt 14 Millionen Menschen in die Kinos lockte, die erfolgreichste deutsche Kino-Produktion seit Langem.

Am 14. August 2025 startet mit Das Kanu de Manitu. Zwei Fragen stellen sich einem Zuschauer wie mir, der Sequels sehr kritisch gegenübersteht. Kann der Nachfolger nach fast einem Vierteljahrhundert an die Qualität und den Erfolg des ersten Teils einigermaßen anknüpfen? Und vor allem: wie gut finde ich den „Schuh“ nach so langer Zeit noch bzw. wie gut ist der Film gealtert? Da seit der letzten Sichtung vermutlich knapp zwanzig Jahre vergangen sind war meine Wahrnehmung bei der erneuten Sichtung zwangsläufig eine andere. Vor 24 Jahren habe ich im Kinosaal lauthals über die Gags gelacht und mich köstlich amüsiert. Ebenso bei den paar Wiederholungssichtungen im Fernsehen ein paar Jahre später. Beim kürzlichen Rewatch waren es weniger die offensichtlichen Lacher, welche mich unterhalten haben, sondern die stilsichere Machart des ganzen Films.
Primär funktioniert die Komödie natürlich als Parodie auf die Verfilmungen der auf den Romanen von Karl May basierenden Abenteuern von Apachenhäuptling Winnetou (Pierre Brice), seinem weißen Blutsbruder Old Shatterhand (Lex Barker) und weiteren Figuren aus den 1960er Jahren. Herbig, Kavanian sowie ihren Co-Autoren Alfons Biedermann und Murmel Clausen gelingt es wirklich gut, die bekannten Versatzstücke der Winnetou-Filme zu einer kurzweiligen Geschichte zu kombinieren und die Karl May-Verfilmungen gekonnt zu zitieren. So verweisen etwa die Namen von Abahachi und seiner Jugendfreundin Uschi auf Winnetou und das Halbblut Apanatschi (1966), in welchem Uschi Glas einer der Hauptrollen spielte. Bösewicht Santa Maria spielt auf Santer, den Antagonisten aus Winnetou I bis III (1963-65), an. Diese Zitate und einige Gags richten sich natürlich an Leute, welche die alten Winnetou-Filme aus dem Fernsehen oder vielleicht sogar noch aus dem Kino kennen.
Aber auch ansonsten Der Schuh des Manitu als (freilich nicht ernstgemeinter) Vertreter des Westerngenres eine gute Figur, nämlich weil hier vor allem in Person von Santa Marias schmierigen Handlangern auch der Italo-Western Einzug hält. Die steinige Wüstenlandschaften im Süden Spaniens, wo auch die meisten dieser Filme gedreht wurden, verleihen die perfekte Atmosphäre. Und dank der Musik von Ralf Wengenmayer kommt hier „Winnetou-Feeling“ auf.

Insgesamt zelebrieren Bully und Co vor allem den Humor des für Kult-Persiflagen wie Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug (1980) und Die Nackte Kanone (1988) verantwortlichen ZAZ-Trios in Form von absurd-komischem Dialogwitz und überzeichnetem Slapstick. Aber auch augenzwinkernde Anachronismen und eher unerwartete Musical-Sequenzen dürfen nicht fehlen. Wenn gegen Ende dann eine lange, stark choreographierte und präzise Szene ohne Schnitt zelebriert wird dann erkennt man deutlich die Herkunft vom Sketch-Format der Fernsehreihe. Besonders herrlich aus meiner Sicht, wie Edelmut und Souveränität von Winnetou und Old Shatterhand hier als Genervtheit („Ich bin mit der Gesamtsituation unzufrieden!“) und Trotteligkeit von Abahachi und Ranger karikiert wird.
Obgleich der Kinoerfolg nach etwa zweieinhalb Jahrzehnten immer noch viel Spaß macht, so gibt es doch ein paar Punkte, welche aus heutiger Sicht problematisch wirken. Zum einen natürlich der als überzogen tuntige, schwule Indianer Winnetouch, der als plumpes Klischee für Lacher sorgt. Verständlich, wenn sich homosexuelle bzw. queere Menschen daran stören. Die Darstellung der amerikanischen Ureinwohner passt zwar zum romantisierten und stark vereinfachten Bild, welches die Deutschen seit Langem haben und das auch in den Karl May-Verfilmungen so propagiert wurde. Aber im Zuge eines differenzierten Umgangs mit indigenen Völkern und mehr Respekt gegenüber deren Kulturen erscheint das alles nicht mehr ganz zeitgemäß, auch weil die meisten der Ureinwohner hier von europäischen Darsteller*innen verkörpert wurden.
Bully selbst hat bereits vor ein paar Jahren eingeräumt, dass er den „Schuh“ mittlerweile nicht mehr so wie damals machen würde. Von daher spannend, ob und wie in der bevorstehenden Fortsetzung Das Kanu des Manitu diese problematischen Themen gelöst werden. Dem Riesenerfolg mit Schuh des Manitu ließen Bully & Co mit (T)Traumschiff Surprise – Periode 1 (2004) und den Animationsfilm Lissi und der wilde Kaiser (2007) sowie Bullyparade – Der Film (2017) folgen. Ob die „Manitu“-Fortsetzung diese Erfolgsgeschichte weiterschreiben kann?
Der Schuh des Manitu ist auf DVD und BluRay erhältlich sowie Teil des Angebots on RTL+. Außerdem gibt es den Film als kostenpflichtigen Stream bei diversen weiteren Anbietern.
Fazit: Kurzweilige, zitatenreiche und stilsicher inszenierte Western-Parodie, welche sich vor allem Winnetou und Co vornimmt. 7 von 10 Punkten.
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Marius Joa, 1. August 2025. Bilder: Constantin Film.


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