Mandy

Wie habt ihr denn Silvesterabend 2018 so gestaltet? Ich für meinen Teil habe mir den gefeierten Genre-Streifen Mandy angesehen, mit Nicolas Cage in seiner vermutliche besten Performance seit Jahren.

Mandy
Fantasyhorror Kanada, USA 2018. FSK: keine Jugendfreigabe. 121 Minuten. Kinostart: 1. November 2018.
Mit: Nicolas Cage, Andrea Riseborough, Linus Roache, Ned Dennehy, Olwen Fouéré u.a. Drehbuch: Panos Cosmatos und Aaron Stewart-Ahn. Regie: Panos Cosmatos.

 

 


In den Wäldern des Wahnsinns

1983, in den Shadow Mountains. Holzfäller Red Miller (Nicolas Cage) verbringt mit seiner Ehefrau Mandy (Andres Riseborough) ein zurückgezogenes, aber glückliches Leben in den Wäldern. Während Red seinem Beruf nachgeht, arbeitet Mandy in einem kleinen Tankstellenladen, wenn sie sich nicht gerade von Fantasyromanen zu Zeichnungen inspirieren lässt. Im Wald begegnet Mandy dem charismatischen Jeremiah Sand (Linus Roache), Anführer der Sekte “Children of the New Dawn”. Jeremiah lässt die ahnungslose Frau von seinen Jüngern sowie einer Horde entstellter Biker entführen. Doch Mandy weist die Avancen des Sektengurus zurück und unterschreibt damit ihr eigenes Todesurteil. Vor den Augen ihres mit Stacheldraht gefesselten Ehemannes wird sie von den Sektenmitgliedern lebendig verbrannt. Red hat daraufhin nur noch einen Gedanken: Rache. Bewaffnet mit Hellebarde, Armbrust und massig Adrenalin im Blut zieht er in den Kampf gegen die Mörder…

 Red will Rache

Als Sohn des griechisch-italienischern Filmemachers George P. Cosmatos (Rambo II – Der Auftrag, Die City-Cobra, Tombstone) stand Panos Cosmatos (geb. 1974) lange im Schatten seines berühmten Vaters. 2010 veröffentlichte Panos sein für lediglich 1,1 Millionen Dollar gedrehtes Langfilmdebüt, den Science-Fiction-Horror-Thriller Beyond the Black Rainbow. Mit seiner zweiten Regie-Arbeit schlägt Cosmatos Junior inszenatorisch in eine ähnliche Kerbe. Denn der auf dem Sundance Film Festival 2018 veröffentlichte Mandy entfesselt ein urtümlich-unwirkliches Stimmungsbild zwischen (Non-)Urban Fantasy und Psycho-Horror-Thrill, liest sich zudem nur auf dem Papier wie ein austauschbarer Rache-Reißer. In der Hauptrolle: Nicolas Cage, der nach unzähligen Ausflügen ins zweit- bis drittklassige Videothekenfach endlich wieder eine starke Leistung abliefert.

Bereits in der ersten (langsameren) Hälfte bietet Mandy mit seinen hypnotischen Einstellungen voller Rotlicht (Suspiria lässt ein wenig grüßen), Strobokospie und weiteren Farbfiltern sowie dem düster-dräuenden Score des im Februar 2018 leider viel zu früh verstorbenen Isländers Jóhann Jóhansson (Arrival) ein audiovisuell beeindruckendes Erlebnis. In der zweiten Stunde steht Reds fiebriger Rachefeldzug auf dem Programm. Auch wenn das Gesamtpaket absichtlich oder unabsichtlich etwas überzeichnet wirkt so geraten die “Kampfszenen” trotz aller hyperrealer Zutaten keinesfalls überstilisiert, gleichzeitig aber auch bodenständig brachial.

Rein inhaltlich gibt die Story natürlich wenig her, das ist aber auch kaum nötig. Denn Cosmatos’ aus der Ästhetik von Grindhouse-Kino und Motiven des (lediglich auf VHS veröffentlichten) Genre-B-Films der 1980er zusammengemixter Drogencocktail verfehlt seine Wirkung nicht. Dazu versetzt der Regisseur sein Werk auch noch mit albtraumhaften Zeichentricksequenzen im Stile kitschiger Fantasy-Illustrationen. Das Personal dieses finsteren Ausflugs ins amerikanische Hinterland hat es ebenfalls in sich. Andrea Riseboroughs (Birdman, Nocturnal Animals) verhärmt aussehende Titelfigur scheint passenderweise durch ihre Szenen schlafzuwandeln. Linus Roache (Batman Begins, The Namesake) hingegen gibt den charismatischen Sektenguru als eine irre Mischung aus Iggy Pop und Keith Richards. Die (geschundene) Seele des Streifens verkörpert allerdings Nicolas Cage als Holzfäller, der nach dem Tod seiner Liebsten in den Berserker-Modus umschaltet und sich auf seinem Vergeltungszug irgendwann nicht einmal mehr das an ihm haftende Blut seiner Gegner abwischt. Bei einem anderen Regisseur hätten diesen Part vermutlich Danny Trejo (Machete) oder Hugh Jackman (Wolverine) erhalten, Umso mehr glänzt hier Meister Cage mit einer grimassierend-animalischen Performance und lässt zwischenzeitlich vergessen, dass er seit Jahren wegen hoher Steuerschulden in jedem noch so miesen Machwerk mitwirkt.

Nach limitierten Kinostart Anfang November erschien Mandy am 22. November 2018 auf BluRay und DVD.

Fazit: Regisseur Panos Cosmatos inszenierte mit Mandy einen hochpsychedelischen Hinterwäldler-Höllenritt mit intensivsten Bildern, einem düster-treibenden Score und Nicolas Cage als gebeutelt-furiosem Rächer. 7 von 10 Punkten.

Der charismatische Jeremiah
Mandy liebt Fantasy


Marius Joa, 3. Januar 2019. Bilder: Koch Media.

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