Men (2022)

In Men, der dritten Regie-Arbeit von Autor und Filmemacher Alex Garland, nimmt sich eine junge Witwe eine Auszeit auf dem Land, wo sie auf diverse Männer mit dem gleichen Gesicht trifft.


Men – Was dich sucht, wird dich finden (Men)
Horrordrama UK 2022. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 100 Minuten. Kinostart: 21. Juli 2022.
Mit: Jessie Buckley, Rory Kinnear, Paapa Essiedu, Gayle Rankin u.a. Drehbuch und Regie: Alex Garland.



Trauerbewältigung und Body-Horror

Nach einem handfesten Streit mit ihrem Ehemann James (Paapa Essiedu) wirft Harper (Jessie Buckley) ihn aus der gemeinsamen Wohnung in London. Kurze Zeit später wird sie Zeugin wie James vom Dach des Hauses in den Tod stürzt. War es ein Unfall oder doch Selbstmord? Harper gönnt sich eine Auszeit und mietet ein altes Haus auf dem Land. Vermieter Geoffrey (Rory Kinnear) empfängt sie freundlich. Harper erkundet die menschenleere, idyllische Gegend und fühlt sich bald von einem nackten Mann (Rory Kinnear) verfolgt. Die Polizei nimmt den Mann vorläufig fest. Doch Harper erlebt weitere unheimliche Begegnungen, etwa mit dem gemeinen Jungen Samuel (Zak Rothera-Oxley/Rory Kinnear) und dem örtlichen Geistlichen (Rory Kinnear)…

Alex Garland (geboren 1970) begann seine Karriere als Romanautor, unter anderem mit The Beach (2000), dessen Verfilmung von Danny Boyle 2000 erschien. Garland schrieb in der Folge die Drehbücher zu Boyles Filmen 28 Days Later (2002) und Sunshine (2007) sowie zur knallharten Comicadaption Dredd (2012) bevor der Brite mit dem gefeierten Science-Fiction-Drama Ex Machina (2014) sein Debüt als Regisseur gab. Als zweite Regie-Arbeit adaptierte Garland mit Auslöschung (2018) den gleichnamigen Roman von Jeff VanderMeer. Die Scifi-Miniserie Devs (2020) schuf, schrieb und inszenierte er allein. Mit Men, seinem dritten Film als Regisseur, liefert Garland eine albtraumhafte Mischung aus Trauer-Drama und Horror-Urlaub.

Nach dem tragischen Verlust ihres Ehemanns nimmt sich Protagonistin Harper Zeit für sich selbst, verlässt die geschäftigte Metropole, um in einem großzügigen, alten Landhaus zu entspannen und ihren Kopf wieder etwas freizukriegen. Moralische Unterstützung erfährt sie dabei von ihrer besten Freundin Riley (Gayle Rankin) per Videochats auf dem Smartphone. In Rückblenden erfährt man als Zuschauer*in die Umstände von James’ Tod. Richtig erholsam gestaltet sich er Urlaub für Harper allerdings nicht, denn sie fühlt sich immer mehr von unterschiedlichen Männern mit dem gleichen Gesicht verfolgt. Diese werden allesamt von Rory Kinnear verkörpert. Der britische Akteur dürfte als Geheimdienstmitarbeiter Bill Tanner in den letzten vier James-Bond-Filmen (zuletzt Keine Zeit zu Sterben) ein Begriff sein. Mit seiner herzerweichenden Performance als Frankensteins Kreatur alias John Clare in der famosen Horror-Pastiche-Serie Penny Dreadful (2014-2016) und als gebeutelter Familienvater in der Near-Future-Miniserie Years and Years (2019) avancierte er zu einem meiner Lieblingsschauspieler der jüngsten Vergangenheit. Die als Harper zu sehende Irin Jessie Buckley (Chernobyl [Miniserie], Fargo – Staffel 4) kannte ich bisher nur aus Charlie Kaufmans rätselhaftem Mysterydrama I’m Thinking of Ending Things (2020). Beide liefern hier starke Performances, vor allem Kinnear schöpft in den unterschiedlichen Rollen eine große Brandbreite aus.

Ob die immer absonderlichen und schaurigen Ereignisse tatsächlich passieren oder ob es Manifestationen von Harpers Schuldgefühlen sind das bleibt durchaus offen. Für was sie stehen erscheint hingegen relativ deutlich, nämlich toxische Männlichkeit und (ganz banal) Frauenmangel in manch ländlicher Gegend. Man kann Men durchaus vorwerfen, inhaltlich etwas zu plump geraten zu sein. Garland spielt mit christlichen (Apfel als verbotene Frucht) und heidnischen Symbolen (Grüner Mann, Sheela-na-gig), die zwar wirkungsvoll ins Szene gesetzt werden aber nicht unbedingt einen Mehrwert bringen.

Dafür punktet der Film mit eindringlicher Inszenierung, vor allem im schockierenden Finale, welches sich in die Gehirne des Publikums einzubrennen vermag. Gekonnt fängt die Kamera von Rob Hardy, der in gleicher Funktion auch bei den letzten Werken des Regisseurs tätig war, die gleichzeitig idyllische und doch unheimliche Szenerie ein. In großartiger Weise stimmungsvoll entpuppt sich die Filmmusik von Ben Salisbury und Geoff Barrow, vor allem durch den wundervoll-ätherischen Gesang von Salisbury selbst (Bariton), Counter-Tenor Tim Travers-Brown und Hauptdarstellerin Jessie Buckley (Sopran), die zudem eine intensive schauspielerische Leistung abliefert.

Men von Alex Garland ist seit dem 27. Oktober 2022 auf DVD und BluRay erhältlich sowie als kostenpflichtiger Stream bei diversen Anbietern.

Fazit: Stark inszenierter und gespielter Horrortrip der etwas anderen Sorte. 8 von 10 Punkten.


Der nette Vermieter Geoffrey
 

Harper und James
 

Der geheimnisvolle Mann
 

Sternenhimmel

Marius Joa, 6. Januar 2023. Bilder: Koch Films/A 24.

 


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