Mindhorn

Ein abgehalfterter TV-Star, der vor 25 Jahren einen kultigen Detektiv gespielt hatte, kehrt an seine alte Wirkungsstätte zurück, um ein echtes Verbrechen zu lösen, in der britischen Indie-Komödie Mindhorn.


Mindhorn
Krimikomödie UK 2016. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 88 Minuten.
Mit: Julian Barratt, Essie Davis, Simon Farnaby, Andrea Riseborough, Steve Coogan, Simon Farnaby, Richard McCabe, Russell Tovey, David Schofield, Jessica Barden, Nicholas Farrell, Robin Morrissey u.a. Drehbuch: Julian Barratt und Simon Farnaby. Regie: Sean Foley.



“It’s Truth Time!”

Ende der 1980er avancierte Schauspieler Richard Thorncroft (Julian Barratt) durch die Hauptrolle in der Serie Mindhorn zum Star. Die auf der Isle of Man gedrehte Show über den Superdetektiv Bruce Mindhorn, der dank eines künstlichen Auges jede Lüge durchschauen kann, erwarb sich eine beachtliche Fangemeinde. Doch Richard stieg der Erfolg zu Kopf. Erst beleidigte er in einer Talkshow seinen Schauspielkollegen Peter Eastman (Steve Coogan) sowie die Insel und ihre Bewohner. Dann ließ er seine Spielpartnerin und Geliebte Patricia Deville (Essie Davis) zurück, um sein Glück in Hollywood zu versuchen. 25 Jahre später ist Richards Karriere ziemlich im Sande verlaufen. Er lebt in einem heruntergekommenen Appartment im Osten London und hält sich mit Werbespots für Thrombose-Strümpfe und andere orthopädische Hilfsmittel über Wasser. Da meldet sich überraschend die Polizei von der Isle of Man bei ihm. Ein psychisch kranker junger Mann (Russell Tovey), der sich selbst “Turmfalke” nennt, und aus einer Anstalt entflohen ist, will den Behörden mitteilen, wer für einen kürzlich erfolgten Mord verantwortlich ist. Allerdings will der Turmfalke ausschließlich mit Bruce Mindhorn sprechen, den er anscheinend für real hält. Ricard willigt ein, ein weiteres Mal in seine frühere Paraderolle zu schlüpfen. Parallel versucht er seine Beziehung zu Patricia wieder aufleben zu lassen, mittlerweile eine Führungskraft beim lokalen Fernsehsender Manx TV, und seinem alten Kollegen/Rivalen Peter Eastman, der mit seiner Spin-Off-Serie zu Mindhorn ein immens erfolgreiches Franchises starten konnte, einen DVD-Deal schmackhaft zu machen. Schnell muss Richard erkennen, dass sich die Zeiten geändert haben. Auch der Kriminalfall droht ihm schnell über den Kopf zu wachsen…

Das Drehbuch zu Mindhorn stammt von den britischen Comedians Julian Barratt und Simon Farnaby, wobei letzterer die Idee zur Story hatte. Barratt ist vor allem im Vereinigten Königreich als Mitglied der Comedytruppe The Mighty Boosh bekannt. Neben unzähligen Comedy-Formaten und Serien war er zuletzt etwa im Mode-Horror Das blutrote Kleid (2018) sowie in der zweiten Staffel der satirischen Historienserie The Great zu sehen. Farnaby spielte neben diversen TV-Produktionen unter anderem in Your Highness (2011) sowie in beiden Paddington-Filmen. Außerdem schrieb er die Skripts zur kommenden Neuverfilmung von Pinocchio und zu Wonka (2023), einem Prequel zu Charlie und die Schokoladenfabrik. Die Regie übernahm Schauspieler/Bühnenautor Sean Foley, der hier seinen ersten Film inszenierte. Gedreht wurde im Sommer 2015 in lediglich fünf Wochen auf der Isle of Man, einer Insel in der irischen See, welche direkt der britischen Krone untersteht.

Während der Vorspann der fiktiven Mindhorn-Serie und die Sache mit dem künstlichen Auge sehr an Der Sechs-Milionen-Dollar-Mann (1973-78) erinnert, so ist die Show-im-Film eher eine Hommage an die ebenfalls auf einer Insel spielende Krimiserie Jim Bergerac ermittelt (1981-1991) sowie die Figur des von Peter Wyngarde verkörperten Jason King. Ein Schauspieler im Tief, der versucht seine Karriere wieder in Gang zu bringen und es mit einem Verrückten zu tun bekommt, der eine fiktionale Fernsehsendung für real hält. Auf dem Papier klingt das alles durchaus potenzialträchtig. Doch wenn man der Wahrheit ins Auge schaut (sorry, der Gag musste einfach sein) dann bleibt als Endergebnis leider nur eine recht halbgare Komödie.

Hauptdarsteller Julian Barratt kann als Schauspieler, der seine besten Zeiten längst hinter sich hat und sich gleichzeitig aber immer noch für genial hält, bis er im Verlauf der Handlung seine Unzulänglichkeiten erkennt, durchaus überzeugen. Gekonnt hat sich Co-Autor Simon Farnaby die komische Nebenrolle von Richards früherem Stuntdouble Clive auf den Leib geschrieben. Ansonsten wirkt das teils prominente Ensemble um Essie Davis (Miss Fishers mysteriöse Mordfälle, Lambs of God), Steve Coogan (Coffee & Cigarettes), Russel Tovey (Years and Years) und Andrea Riseborough (Birdman, Mandy) eher verschenkt.

Mindhorn erinnert vom Szenario her sowohl an die Star-Trek-Parodie Galaxy Quest (1999) als auch die mit allerlei Zitaten angefüllte Actionkomödie Hot Fuzz (der mittlere Teil der Blood-and-Icecream-Trilogie von Edgar Wright) und wäre sicherlich auch gerne so witzig. Leider wird deren Klasse hier zu kaum einer Zeit erreicht. Eventuell kann man Sean Foleys Regiedebüt mehr abgewinnen, wenn man britische Krimiserien der 1970er und 1980er besser aus eigener Seherfahrung kennt.

Mindhorn ist exklusiv als Stream bei Netflix abrufbar.

Fazit: Streckenweise amüsante, aber insgesamt viel zu halbgare Komödie über einen abgehalfterten TV-Star von der Isle of Man. 5 von 10 Punkten.

 

 

Richard wird wieder zu Mindhorn

Konkurrent Peter Eastman
 

Patricia und ihre Tochter Jasmin

 


Marius Joa, 21. Juni 2022. Bilder: Netflix.

 

 


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