Mission: Erde – Staffel 1

Gene Roddenberry (1921-1991) ist nicht nur der Schöpfer des auch nach seinem Ableben florierenden Star Trek-Universums. Aus seiner Feder stammen zudem weitere Science-Fiction-Serien, wie Mission Erde (OT: Earth: Final Conflict) über scheinbar wohlwollende Aliens, welche auf die Erde kommen.


Mission Erde – Staffel 1
(Earth: Final Conflict – Season 1)
Science-Fiction-Serie Kanada, USA 1997/98. 22 Folgen. Gesamtlänge: ca. 15 Stunden. TV-Erstausstrahlung 3. Juni 1999.
Mit: Kevin Kilner, Lisa Howard, Von Flores, Leni Parker, Richard Chevolleau, David Hemblen, Anita LaSelva, Majel Barrett u.v.a. Idee: Gene Roddenberry.

 

Zwischen Loyalität und Widerstand

Vor wenigen Jahren kam es zum ersten Kontakt zwischen den Menschen und einer außerirdischen Lebensform, den Taelons. Als sogenannte Companions haben die Taelons mit ihrer überlegenen Technologie Hungersnöte auf der Erde gestillt und viele unheilbare Krankheiten ausgelöscht. Allem Anschein nach scheinen die Aliens nur gute Absichten zu verfolgen. Doch während viele Menschen auf der Erde die Companions als Heilsbringer feiern, hat sich im Untergrund ein Widerstand gegen die Taelons formiert, vor allem weil die Absichten der neuen Erdbewohner weiterhin undurchsichtig bleiben.

Bei einer Veranstaltung in den USA kommt es zu einem folgenschweren Zwischenfall. Auf Da’an (Leni Parker), den Companion für Nordamerika, wird ein Attentat verübt. Dabei wird Milliardär Jonathan Doors (David Hemblen), der kurz zuvor eine Allianz mit den Taelons geschlossen hatte, tödlich getroffen. Polizeichef William Boone (Kevin Kilner) erhält daraufhin das Angebot als Companion-Beschützer für Da’an zu arbeiten. Boone lehnt zuerst ab, weil er mit seiner Frau Kate (Lisa Ryder) eine Familie gründen möchte. Da stirbt Kate bei einem mysteriösen Autounfall. Allein entschließt sich Boone das Angebot der Taelons anzunehmen. An der Seite von FBI-Agent Ronald Sandoval (Von Flores) und Captain Lilli Marquette (Lisa Howard), die als erfahrene Pilotin mit den Shuttles der Taelons umzugehen weiß, arbeitet Boone fortan als Sicherheitsbeauftragter der Taelons in Nordamerika. Doch vorher erfährt Boone, dass sowohl Lilli Marquette als auch die für die Taelons tätige Ärztin Dr. Julianne Belman (Majel Barrett) gleichzeitig auch im Widerstand tätig sind, welcher von dem überraschenderweise quicklebendigen Jonathan Doors geleitet wird. Gemeinsam versuchen Boone, Lilli und die anderen Mitglieder des Widerstandes, wie Hacker Augur (Richard Chevolleau) die wahren Motive der Taelons und ihre Geheimnisse herauszufinden…

Nach dem Ende der Originalserie von Star Trek (1966-1969) wandte sich deren Schöpfer und Produzent Gene Roddenberry anderen Projekten zu, von denen die meisten nicht über einen Pilotfilm hinaus kamen, wie Genesis II (1973) oder Ein Computer wird gejagt (OT: The Questor Tapes, 1974). Als weiteres Serienkonzept gab es da noch Battleground: Earth. Fox zeigte Interesse am Stoff, doch Roddenberry war zu dieser Zeit in England beschäftigt. Später dann standen die Entwicklung von Star Trek: The Next Generation und die Arbeit am ersten Star Trek-Kinofilm der geplanten Show im Wege. Nach Roddenberrys Tod nahm seine Witwe Majel Barrett (1932-2008) die Notizen zu Battleground: Earth und entwickelte daraus gemeinsam mit Produzent David Kirschner die Serie Earth: Final Conflict, welche im Oktober 1997 ihre Premiere in Kanada und den USA feierte, bevor sie als Mission Erde ab Juni 1999 auch in Deutschland zu sehen war. Wieviel Inhalt genau von Roddenberry stammt lässt sich nicht mehr genau sagen. Laut Paul Gertz, einem der Drehbuchautoren, stand das ursprüngliche Konzept auf eine Serviette gekrichselt.

Beim Casting setzten Barrett, Kirschner und Co auf fast durchgehend unbekannte Schauspieler. Für Protagonist William Boone war eigentlich Michael Ironside (Total Recall, Starship Troopers) vorgesehen doch Kevin Kilner (Wieder allein zu Haus) erhielt den Zuschlag. Als toughe Captain Lilli Marquette sehen wir Lisa Howard (Mondsüchtig, Highlander – Die Serie). Die Rolle des gnadenlosen Agent Sandoval spielt der philippinisch-kanadische Schauspieler Von Flores (TekWar, Kung Fu – Im Zeichen des Drachen). David Hemblen (1941-2020), vor allem als Sprecher in unzähligen Zeichentrickserien wie X-Men (1992-1997) tätig, verkörperte mit Jonathan Doors die nicht umstrittene Führungsfigur des Widerstandes gegen die Aliens. Den hippen Undergound-Hacker Augur gibt Richard Chevolleau (Narc, Four Brothers). Für die androgynen, geschlechtslosen Taelons wurden weibliche Darsteller engagiert. In Staffel 1 steht vor allem Leni Parker (Screamers, Hämoglobin) als Da’an im Mittelpunkt. In der zweiten Hälfte rückt der von Anita LaSelva (Running with Violet) gespielte Taelon Zo’or mehr in den Vordergrund. Ansonsten erkennt der geneigte Fan kanadischer Serien in Gastrollen die “üblichen Verdächtigen” wie Nigel Bennett (Nick Knight – Der Vampircop, PSI Factor, Shape of Water) und Maurice Dean Wint (TekWar, PSI Factor). Kari Matchett (Invasion [2005-2006], Covert Affairs) übernahm mit der irischen Companion-Beschützerin Siobhan Beckett und Taelon Rho’ha gleich zwei Rollen. Und Majel Barrett ließ es sich nicht nehmen als Dr. Julianne Belman einen wiederkehren Part zu spielen.

 Agent Sandoval

Eigentlich handelt es sich bei den Taelons um Wesen aus Licht und Energie. Auch wenn sie auf der Erde ein humanoides Erscheinungsbild annehmen so kommt ihr eigentliches Aussehen immer wieder zum Vorschein. Hierbei setzen die Macher auf eine gelungene Mischung aus Make-Up und CGI-Effekten, vor allem wenn man als Zuschauer zwischendurch die “Energie-Entladung” in den Gesichtern der Aliens immer wieder zu sehen bekommt. Welche Intention die Taelons auf unserem Planeten verfolgen erfährt man im Verlauf der ersten Season noch nicht. Doch dass die Absichten keinesfalls nur gut sein, scheint immer wieder durch. Der Kniff, die geschlechtsneutralen Außerirdischen komplett von Frauen verkörpern zu lassen, sorgt für deren androgynes Aussehen. Die Stimmen der Schauspielerinnen wurden außerdem in der Nachbearbeitung entsprechend verändert.

Mission Erde spielt zeitlich in einer nicht näher definierten, aber nicht allzu fernen Zukunft. Durch die technische Überlegenheit der außerirdischen Neuankömmlinge konnte die Menschheit viele globale Probleme lösen. Wie der Widerstand ab und an herausfindet, hat Taelon-Technologie aber durchaus ihre Schattenseiten. Bisweilen bekommt man auch den Eindruck, dass Menschen als Versuchskaninchen missbraucht werden. Captain Lilli Marquette gehört zu den wenigen Piloten, die mit dem Fliegen eines von Taelons entwickelten Shuttles beauftragt wurde. Diese Flugkörper können nicht nur in All fliegen, sondern sind auch zum Interdimensionsflug fähig. Ihren Beschützern lassen die Companions ein sogenanntes Computer-Virus-Implantat einpflanzen. Dieses CVI ermöglicht seinem Träger nicht nur die eine hundertprozentige Nutzung der gesamten Hirnkapazität, sondern auch die Möglichkeit der perfekten Erinnerung. Außerdem sind die CVIs mit einem Motivationsimperativ programmiert, der völlige Loyalität zu den Taelons bewirkt. Wobei William Boone ein modifiziertes CVI ohne Motivationsimperativ trägt. Das in der Serie verwändte Kommunikationsgerät namens Global geht als Vorläufer heutiger Smartphones durch.

In erzählerischer Hinsicht wirkt Earth: Final Conflict heute natürlich etwas angestaubt. Abgesehen vom Widerstandskampf und der kontinuierlich entwickelten Situation der Zusammenarbeit mit den Aliens folgt die Serie nämlich recht stur einem klassischen Procedural-Schema. Jede Woche gibt es einen neuen Fall für Boone und Co, eine neue Enthüllung oder ein neues Mosaik im Plan der Companions. Barrett, Kirschner und ihr Autorenteam verstehen es allerdings, die Storylines ordentlich zu entwickeln, obgleich die ein oder andere Geschichte vermutlich genug Stoff für einen Mehrteiler hergegeben hätte. Staffel 1 wird weitgehend aus der Sicht von William Boone erzählt, für den die Arbeit als Companion-Beschützer und die damimt verbundenen Erfahrungen (CVI, Skrill usw.) natürlich neu sind. Weil sie gleichzeitig dem Widerstand gegen die Aliens angehören, befinden sich Boone und Lilli Marquette auf einer ständigen Gratwanderung. Ihre Doppelagenten-Tätigkeit droht gelegentlich aufzufliegen. Die Taelons haben ebenso eine differenzierte Einstellung zur Menschheit. Während sich Da’an ihnen gegenüber als empathisch, diplomatisch sowie überlegt zeigt und mit der Zeit Freundschaft mit Boone schließt, betrachtet Zo’or die Menschen als unterlegene Wesen, die es zu kontrollieren gilt. Mission Erde mag bei weitem nicht zu den besten Schöpfungen Roddenberrys zählen, doch dieses Spannungsfeld zwischen Widerstand, Loyalität und den Möglichkeiten bzw. Notwendigkeiten einer Zusammenarbeit zwischen Taelons und Menschen erweist sich als Pluspunkt der Serie. Außerdem erscheint mir die Produktion in technischer Hinsicht auch nach knapp 25 Jahren gut gealtert. Das stark auf exotische Instrumente (Erhu?) und Vokalisation setzende Titelthema von Maribeth Solomon und Micky Erbe hat mich bei der Erstausstrahlung ehrlich gesagt etwas mehr fasziniert als heute.

Earth Final Conflict lief für fünf Staffeln und insgesamt 110 Episoden. Im Verlauf dieser Zeit kam es allerdings zu einer hohen Personalfluktuation beim Main Cast. So wurde etwa der Vertrag von Kevin Kilner nach Season 1 nicht verlängert und so verließ dieser die Show, um allerdings in der Finalstaffel als Gast zurückzukehren. Für das zweite Jahr wurde mit Liam Kincaid (Robert Leeshock) ein neuer Protagonist eingeführt. In der letzten Season wurde das Besetzungskarrussell noch einmal ordentlich gedreht und noch noch ein Akteur war von Beginn bis zum Ende dabei. Der deutsche Privatsender strahlte ab Juni 1999 sukzessive die ersten vier Staffeln aus, unterbrach aber letztere aber mit der Folge 16 von 22. Zur Free-TV-Premiere der übrigen fünf Folgen kam es erst ab Juli 2007 bei Tele 5. Die fünfte Staffel ist bisher nicht auf Deutsch verfügbar und wird es wohl auch nie werden.

Die komplette erste Staffel von Mission Erde ist unter dem Originaltitel Earth: Final Conflict auf DVD erhältlich sowie Teil des Angebots von Amazon Prime.

Fazit: Inhaltlich vordergründig nicht sonderlich herausragende, aber in ihrer Entwicklung teils spannende Serie über Kooperation mit und Widerstand gegen undurchsichtige Aliens. 6 von 10 Punkten.


Taelon Da’an und Beschützer Boone
 

Captain Lilli Marquette

Marius Joa, 29. Juni 2021. Bilder: Pandastorm/Edel.

 

 

 

 

 

 


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