Shadow (2018)

Wegen der Corona-Pandemie sind die Kinos aktuell geschlossen. Doch auch das Heimkino bietet genug interessantes Filmfutter, darunter endlich mal wieder ein Martial-Arts-Beitrag von Regisseur Zhang Yimou (Hero, House of Flying Daggers). Shadow handelt vom Doppelgänger eines wichtigen Feldherrn, der im Mittelpunkt großer Machtintrigen steht.

Shadow (Ying)
Martial-Arts-Action/Historiendrama China 2018. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 116 Minuten. Kinostart: 6. Januar 2020.
Mit: Deng Chao, Sun Li, Zheng Kai, Guan Xiaotong, Wang Qianyuan, Wang Jingchun, Hu Jun, Leo Wu u.a. Drehbuch: Wei Li und Zhang Yimou. Regie: Zhang Yimou.

 

 

Opulente Graustufen-Dualität

China zur Zeit der drei Königreiche. Der König von Pei (Zheng Kai) möchte unbedingt den Frieden bewahren auch wenn die Spannungen mit der wichtigen Stadt Jingzhou den Zusammenhalt des Reiches bedrohen. Ziyu (Deng Chao), oberster Feldherr des Königs, plant erst noch ohen das Wissen seines Monarchen seine Rache an Jingzhous Anführer, General Yang Cang (Hu Jun). Da Ziyu allerdings vom letzten Kampf gegen den General schwer gezeichnet ist, kann er selbst die Armee nicht mehr anführen. Schon seit einiger Zeit fungiert daher sein Doppelgänger (ebenfalls: Deng Chao), der bereits seit Kindheit auf seine Rolle als “Schatten” vorbereitet wurde, als oberster Feldherr Peis. Während der König seinen obersten Minister Lu (Wang Jingchun) mit einem Heiratsangebot nach Jingzhou schickt, fordert Ziyu General Yang Cang zu einem Duell über die Zukunft der Stadt heraus. Mit letzter Kraft und der Hilfe seiner Ehefrau Xiao Ai (Sun Li) trainiert der geschwächte Feldherr sein Double für den Zweikampf mit dem Widersacher…

Der 1951 geborene Zhang Yimou gilt durch seine Filme als Meister der Farbdramaturgie. Diese verwendete er sowohl bei früheren Werken wie Rote Laterne (1991) als auch in seinen bildgewaltigen Martial-Arts-Epen Hero (2002), House of Flying Daggers (2004) und Der Fluch der Goldenen Blume (2006). Mit dem amerikanisch-chinesischen Blockbuster The Great Wall (2016) gab Zhang Yimou sein englischsprachiges Debüt. Für seine nächste Regie-Arbeit kehrte der Chinese in das Wuxia-Genre zurück. Shadow feierte bereits im September 2018 seine Uraufführung beim Filmfestival in Toronto und startete im gleichen Monat auch in den chinesischen Kinos, wo der Film allein 90 Millionen Dollar einspielte. Hierzulande schaffte es das Werk ins Programm des Fantasy Filmfests 2019 und nach kurzem Abstecher in ein paar Lichtspielhäuser Anfang 2020 immerhin ins Heimkino. Zhang Yimou entsagt hier fast völlig seiner bekannten Farbenpracht und liefert dennoch ein optisch beeindruckendes, in mehrfacher Hinsicht symbolträchtiges Drama ab.

Shadow zelebriert in jeder Minute seiner knapp zwei Stunden Laufzeit in vielerlei Hinsicht Dualität. Da gibt es den von einer Verletzung schwer gezeichneten Feldherrn Ziyu und sein gleichaltriges, aber viel jünger wirkendes Double. Die beiden trainieren in einer unterirdischen Höhle deren Boden das Taijitu, die indivuelle Variante des Yin und Yang, auf großer Fläche zeigt. Während Ziyu seinen alten Gegenspieler zum Duell um die Herrschaft Jingzhous herausfordert, versucht der König von Pei ein friedliches Bündnis mit der Stadt zu schließen. Unterschiedlich gestaltet sich auch die Wahl der Waffen bei den beiden Parteien. Während die Truppen von Jingzhou mit hellebardeähnlichen Waffen kämpfen so nutzen die Gefolgsleute von Ziyu (und auch sein Doppelgänger) mit Metallklingen besetzte Schirme. Die beiden Kampfstile stehen wiederum für gegensätzliche Strömungen. Das männlich-brutal-feurige (Kampfstab) gegen das weiblich-wendig-fließende Element (Schirm).

Diese widersprüchlichen, aber gleichzeitig auch ineinander übergehenden Gegensätze präsentiert uns Zhang Yimou in einer für seine Verhältnisse völlig ungewohnten monochromatischen Optik mit fast völlig farbentsättigten Bildern. Kostüme und Kulissen sind fast komplett in Schwarz, Weiß oder Grautönen gehalten. Mit Ausnahmen weniger Gewänder, der bleichen Gesichter und natürlich des roten Lebenssaftes, der in der zweiten Hälfte des Films stärker in den Vordergrund tritt. Bis dahin besteht die Handlung nur aus langen Dialogszenen und dem Training des Doppelgängers. Dieser Teil mag sich etwas hinziehen aber in der zweiten Stunde nimmt die Geschichte dann merklich Fahrt auf. Die Schlachtszenen sind, wie nicht anders vom Regisseur gewohnt, wieder sehr spannend und ästhetisch inszeniert, aber lange nicht so schwerelos wie in den oben genannten Wuxia-Streifen. Die meisten der hier agierenden Schauspieler dürften dem westlichen Publikum eher unbekannt sein. Hauptdarsteller Deng Chao, der sowohl den kränklichen Feldherrn als auch dessen Double verkörpert, spielte in der Fantasykomödie The Mermaid (2016) von Stephen Chow ebenfalls eine tragende Rolle. Als Ziyus Gattin ist Sun Li, die Ehefrau von Deng Chao, zu sehen.

So manch ein Zuschauer mag sich lange fragen warum Shadow von der FSK die Freigabe ab 16 Jahren erhalten hat. Die Antwort gibt es im furiosen Finale, wenn sich alle heimlichen Intrigen und lodernden Konflikte entladen, die Figurenzahl auf dem dramaturgischen Schachbrett dezimiert wird. In der Nachbetrachtung mag die Story insgesamt vielleicht nicht ganz überzeugen aber es vermischen sich hier Ästhetik und Inhalt auf gekonnte Weise, aus meiner Sicht besser als in Der Fluch der Goldenen Blume.

Shadow ist seit dem 13. Februar 2020 auf BluRay und DVD erhältlich.

Fazit: Trotz fehlender Farbenpracht ein optisch starkes und doppelbödiges Martial-Arts-Drama voller Symbolkraft. 8 von 10 Punkten.

 

 


 

 

Marius Joa, 27. März 2020. Bilder: Constantin Film.

 

 

 

 

 

 


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