Star Trek: Discovery – Folgen 1 bis 9

Nach etlichen Verzögerungen debütierte mit Discovery Ende September 2017 endlich die neue Serie aus dem Star Trek-Universum auf Netflix. Schon lange nicht mehr spaltete eine Show derart die Fangemeinde…

Star Trek: Discovery
Science-Fiction-Serie USA 2017. 9 Folgen. Gesamtlänge: ca. 405 Minuten. Erstausstrahlung: 25. September 2017.
Mit: Sonequa Martin-Green, Doug Jones, Shazad Latif, Anthony Rapp, Mary Wiseman, Jason Isaacs u.v.a. Nach
Star Trek von Gene Roddenberry. Idee: Bryan Fuller und Alex Kurtzman.

 

 

Inter Arma Enim Silent Leges

(oder: Doch, das IST STAR TREK!!!)

Das Jahr 2256. Nach einem erfolgreich ausgeführten Auftrag empfängt die Crew des Föderationsraumschiffes U.S.S Shenzhou unter Captain Philippa Georgiou (Michelle Yeoh) merkwürdige Signale nahe eines defekten Kommunikationsrelais. Commander Michael Burnham (Sonequa Martin-Green), erste Offizierin des Schiffes, fliegt in einem Raumanzug zur Quelle der Signale und entdeckt dabei einen getarnten, antiken Klingonen-Raumkreuzer. Es kommt zum Kampf mit den Klingonen und in der Folge bricht ein verheerender Krieg aus. Wegen Meuterei wird Burnham zu lebenslanger Haft verurteilt. Sechs Monate später landet sie in einem Gefangenentransport auf dem neuen Raumschiff U.S.S. Discovery, welches von Captain Gabriel Lorca (Jason Isaacs) kommandiert wird und auf welchem auch Michaels früherer Kollege, der Kelpianer Saru (Doug Jones) als erster Offizier dient. Alle Hoffnungen der Sternenflotte, den aussichtslosen Konflikt mit den Klingonen doch noch zum Positiven zu wenden, ruhen auf der Discovery. Das Schiff verwendet neue, ultrageheime Technologie, in deren Zentrum Chefingenieur Lieutenant Stamets (Anthony Rapp) steht. Captain Lorca engagiert gegen den Willen seiner Vorgesetzten Burnham als Wissenschaftlerin ohne Rang, wobei sie gemeinsam mit Kadettin Sylvia Tilly (Mary Wiseman) am geheimen Systemen des Schiffes arbeitet. Die klingonischen Häuser scharen sich unterdessen um den neuen Anführer Kol (Kenneth Mitchell) nachdem das Reich über 100 Jahre lang zerstritten war…

 Michael Burnham

Seit dem Ende des TV-Prequels Enterprise 2005 war die Marke Star Trek zuletzt untrennbar mit den Reboot-Filmen Star Trek (2009), Star Trek Into Darkness (2013) und zum Jubiläum Star Trek Beyond (2016) (die ersten beiden inszeniert von J.J. Abrams, der dritte von Justin Lin) verbunden. Im November 2015 kündigte CBS eine neue Serie im Prime-Universum für Anfang 2017 an. Alex Kurtzman (Co-Autor und Produzent der o.g. Filme) und Bryan Fuller (Pushing Daisies), der zu Beginn seiner Karriere Skripts für Deep Space Nine und Raumschiff Voyager verfasste, erarbeiteten das Konzept für die neue Show. Erste Verzögerungen im frühen Entwicklungsstadium veranlasstem zu einer Verschiebung der Premiere auf Mai 2017. Im Oktober 2016 verließ Fuller die Serie, um sich vollends auf die Adaption von American Gods zu konzentrieren. Auf Basis des Konzepts von Kurtzman und Fuller agierten nun Gretchen J. Berg und Aaron Harberts als Showrunner. Ende Januar 2017 konnten endlich die Dreharbeiten beginnen, die Episodenanzahl der ersten Staffel war zwischenzeitlich von 13 auf 15 aufgestockt worden. Am 24. September 2017 premierte Discovery schließlich in den USA mit den ersten beiden Folgen, die einen Tag später auch in Deutschland bei Netflix abgerufen werden konnten. Bis zum 13. November 2017 war immer ab Montags die neue Folge zu sehen. Nach neun Episoden wurde eine Pause eingelegt, die übrigen sechs gibt es ab dem 8. Januar wieder im Wochenrhythmus.

Bei solch einer schwierigen Produktionsgeschichte fragt man sich natürlich als Erstes, ob sich das unerwartet längere Warten gelohnt hat. Das kann ich nur mit einem deutlichen JA beantworten. Discovery ist sicherlich nicht ohne Schwächen, vollbringt aber den Balance-Akt, gleichzeitig zeitgemäß zu sein und den Anforderungen an 50 Jahre Erbe gerecht zu werden. Auch wenn es viele Puristen unter den “Fans” gibt, die das ganz anders sehen. Die hartnäckigsten von ihnen brüllten wohl schon an der Wiege von Urvater Gene Roddenberry (1921-1991) das ewige Mantra: “Das ist nicht Star Trek!”

Was mich persönlich an der neuen Trek-Serie besonders erfreut: im Gegensatz zu den fast dauerverwackelten Reboot-Filmen arbeitete man hier trotz moderner Bildgestaltung mit Kamera-Stativen! Und das üppige Budget (8,5 Millionen Dollar pro Folge) erkennt man auch mehr als deutlich, vor allem bei den visuellen Effekten auf Kinoniveau. Auch das Setdesign (vor allem das Innere des klingonischen “Sarkophag-Raumkreuzers”) bietet herausragende Schauwerte und würde selbst auf der großen Leinwand nicht billig aussehen. Nachdem schon die ersten Konzeptzeichnungen des titelgebenden Raumschiffes die unverbesserlichen “Fans” zu Protestschreien aufstachelte, dürfte auch das neue Aussehen der Klingonen (optisch eine Art Kreuzung aus den Minbari von Babylon 5 und den Taelons aus Mission: Erde) sicherlich nicht bei jedem Zuschauer auf Gegenliebe stoßen. Das vielschichtige Makeup und die prunkvollen Kostüme lassen die Kriegerrasse (deren Mitglieder unter sich nur Klingonisch sprechen) bisweilen etwas schwerfällig wirken.

Auch die Erzählperspektive hat sich im Vergleich zu früher geändert. Bei Discovery steht mit Michael Burnham erstmals nicht ein Captain im Zentrum der Handlung, sondern eine ehemalige erste Offizierin ohne Rang, die sich nach einer folgenschweren Fehlentscheidung ihren Platz in der Hierarchie einer Raumschiffcrew wieder erarbeiten muss. Warum man ihr ausgerechnet den vulkanischen Botschafter Sarek (hier gespielt von James Frain) als Ziehvater andichten muss und sie somit zur Adoptivschwester des späteren Sternenflotten-Offiziers namens Spock wird, erscheint nicht immer logisch. Während der ersten beiden Folgen, die gleichzeitig als Pilotfilm und Vorgeschichte fungieren, gibt es immer wieder Rückblenden in Michaels Vergangenheit. Das Aufwachsen auf Vulkan und die dortige Erziehung haben bei der jungen Frau natürlich Spuren hinterlassen.

Keineswegs weniger interessant scheint das übrige Personal an Bord des innovativen Raumschiffes. Als Gegenpol zur nicht selten unterkühlten Protagonistin gibt es die optimistische Kadettin Tilly, quasi eine inoffizielle Gute-Laune-Beauftragte. Der von Kontortionist Doug Jones (Pans Labyrinth) verkörperte Saru geht getreu dem Überlebensinstinkt seiner Rasse meist auf Nummer sicher. Als Chefingenier dient der etwas nerdige Mykologe Paul Stamets. Mit Lieutenant Ash Tyler gibt es einen weiteren Neuankömmling auf der Discovery, der seine eigenen Dämonen mit sich trägt. Die graueste aller Figuren ist jedoch der von Jason Isaacs (Harry Potter, The OA) gespielte Captain Gabriel Lorca. Auch er hat schwerwiegende Fehler in seiner Karriere begangen, allerdings wird ein Mann mit seinen taktischen Fähigkeiten im Kampf gegen einen übermächtigen Gegner dringend gebraucht. Captain Picard hätte ihn aufgrund seiner “Der Zweck heiligt die Mittel”-Attitüde sicherlich schon mehrfach vors Kriegsgericht gezerrt. Die Ecken und Kanten, die ständige Bereitschaft der Figuren, Grenzen (Vorschriften) zu überschreiten, um schlicht und ergreifend zu überleben, bilden die Stärken des neuen “Star Trek”. „Denn unter den Waffen schweigen die Gesetze“, wusste schon der römische Politiker und Philosoph Cicero vor über 2.000 Jahren. Star Trek bedeutet eben nicht immer nur friedliches Erkunden der unendlichen Weiten des Weltraums, sondern bisweilen auch düstere Zeiten. In solchen bestimmen die Schrecken des Krieges das Tagesgeschehen, wie bereits fast durchgehend bei Deep Space Nine (1993-1999). Wem das nicht gefällt, der kann mit dem Fundus von über 700 Folgen der bisherigen fünf Trek-Serien glücklich werden.

Obgleich die diversen Wendungen innerhalb der Story bisweilen mehr oder minder unlogisch sind, so fesselt die neue Show von Beginn an und es gelingt in wenigen Stunden ein packendes Szenario zu entwickeln. Viele bekannte Elemente werden beibehalten, aber mit dem Kanon nehmen es die Macher nicht so genau, was aber kein Negativpunkt sein muss. Jedenfalls macht es wieder richtig Spaß, beim neuen “Trek” mitzufiebern und wilde Theorien (Spiegeluniversum? Sektion 31?) zu diskutieren. Und um meine Meinung von oben noch einmal zu bekräftigen: DAS IST STAR TREK!

Die ersten neun Episoden von Star Trek: Discovery sind bei Netflix abrufbar. Ab dem 8. Januar 2018 folgen wöchentlich die verbleibenden sechs Folgen der ersten Staffel. Für 2019 wurde eine zweite Season bestellt.

 

Fazit: Star Trek: Discovery zeichnet in den ersten neun Episoden ein düsteres Bild seines in früheren Inkarnationen meist positiven Universums und zementiert seinen Platz in der Welt zeitgemäßer, hochwertig produzierter sowie differenziert ausgearbeiteter Fernsehproduktionen. 8 von 10 Punkten.

Was plant Captain Lorca?
Umstritten: die “neuen” Klingonen

Marius Joa, 31. Dezember 2017. Bilder: Netflix/CBS.

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