Der Herr der Ringe: Die Zwei Türme (Extended Edition)

Vor 20 Jahren (und knapp ein Jahr nach dem Kinostart im Dezember 2002) erschien mit Die Zwei Türme der mittlere Teil von Peter Jacksons dreiteiliger Verfilmung des Romanepos von J.R.R. Tolken in der Extended Edition. Nach längerer Zeit hat sich ein kleiner, nicht mehr so ganz junger Hobbit an eine Wiederholungssichtung gewagt.    


Der Herr der Ringe: Die Zwei Türme – Special Extended Edition
 (The Lord of the Rings: The Two Towers – Special Extended Edition)
Fantasyepos Neuseeland, USA 2002. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 214 Minuten * (PAL-DVD).
Mit: Elijah Wood, Ian McKellen, Sean Astin, Viggo Mortensen, Billy Boyd, Dominic Monaghan, John Rhys-Davies, Orlando Bloom, Andy Serkis, Bernard Hill, Miranda Otto, Christopher Lee, Brad Dourif, David Wenham, Hugo Weaving, Cate Blanchett, Liv Tyler, Karl Urban, Bruce Hopkins, Craig Parker, Sean Bean, John Noble u.a. Nach dem Roman von John Ronald Reuel Tolkien. Drehbuch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Stephen Sinclair, Peter Jackson. Regie: Peter Jackson.



Kampf an mehreren Fronten

Nach dem Sturz von Zauberer Gandalf (Ian McKellen) in die Tiefen von Moria und dem Tod Boromirs (Sean Bean) beim Kampf gegen die Uruk-Hai ist die Gemeinschaft des Ringes zerfallen. Hobbit und Ringträger Frodo (Elijah Wood) sowie sein treuer Gefährte Samwise (Sean Astin) setzen ihre gefährliche Resie nach Mordor, dem Land des Feindes fort, wo sie den Einen Ring des dunklen Herrschers Sauron in den Feuern des Schicksalsberges vernichten wollen. Schon bald treffen sie auf das verwahrloste und verräterische Geschöpf Gollum (Andy Serkis), welches ihnen den Weg zeigen will. Aragorn (Viggo Mortensen), Erbe des lange nicht besetzten Throns der Menschen von Gondor, der Elb Legolas (Orlando Bloom) und Zwerg Gimli (John Rhys-Davies) verfolgen die Uruk-Hai welche Frodos Vettern Merry (Dominid Monaghan) und Pippin (Billy Boyd) entführt haben.

Saruman (Christopher Lee), einst oberster des Zaubererordens, hat sich dem dunklen Herrscher angeschlossen und überzieht mit seinen Uruk-Hai-Horden nach und nach das benachbarte Königreich Rohan mit Krieg. In Rohans Hauptstadt Edoras wird König Theóden (Bernard Hill) jedoch von Sarumans Handlanger Grima Schlangenzunge (Brad Dourif) kontrolliert, der Éomer (Karl Urban), den Neffen und Erben Théodens, in die Verbannung schickt, so dass Eómers Schwester, die kämpferische Eówyn (Miranda Otto), allein zurückbleibt. Zur rechten Zeit kehrt ein alter Bekannter in neuer Gewandung zurück und steht mit Aragorn, Legolas und Gimli den Bewohnern Rohans im Krieg gegen Saruman bei.

Unterdessen treffen die Hobbits Merry und Pippin auf ein wundersames Wesen namens Baumbart (Originalstimme: John Rhys-Davies). Frodo, Sam und Gollum werden auf dem Weg nach Mordor von einer Gruppe Männer gefangengenommen, die Boromirs Bruder Faramir (David Wenham) anführt. Die Elbin Arwen (Liv Tyler) muss eine schwere Wahl fällen: bleibt sie aus Liebe um sterblichen Aragorn in Mittelerde oder tritt sie mit anderen ihres Volkes den Weg in die Unsterblichen Lande im Westen an? Arwens Vater, der Elbenfürst Elrond (Hugo Weaving), und seine mächtige Schwiegermutter Galadriel (Cate Blanchett) haben ebenso eine knifflige Entscheidung zu treffen…

Die Mitternachtspremiere von Der Herr der Ringe: Die Gefährten im Dezember 2001 war der Anfang von vielem. Ich hatte das Romanepos von Tolkien in den Monaten zuvor mit Faszination gelesen und war früh vom ersten Teil von Peter Jacksons dreiteiliger Verfilmung begeistert- Die Begeisterung führte nach mehreren Sichtungen zu meiner allerersten Filmkritik, welche am 2. Januar 2002 auf einem Vorläufer dieser Website veröffentlicht wurde. Brutal lang erschien damals die Wartezeit auf den zweiten Teil, Die Zwei Türme, welcher ein Jahr nach Teil 1 im Dezember 2002 endlich in die Kinos kommen sollte. Wie schon bei Die Gefährten erschien auch im November des Folgejahres eine Special Extended Editon mit neuen und erweiteren Szenen. Zum 20jährigen Jubiläum des Erscheinungsdatums der Langfassung (18. November 2003) habe ich diese kürzlich nach langer Zeit wieder einer Sichtung unterzogen.

Frodo und Sam müssen nach Mordor

Nach seiner Horrorkomödie The Frighteners (1996) wagte sich der neuseeländische Filmemacher Peter Jackson (geboren 1961) gemeinsam mit seiner Ehefrau Fran Walsh und unzähligen weiteren Mistreiter*innen daran, das unverfilmbare Ringepos des britischen Philologen, Autors und Weltenschöpfers John Ronald Reuel Tolken (1892-1973) für die große Leinwand zu adaptieren. Von Oktober 1999 bis Dezember 2000 fanden die Hauptdreharbeiten in Jacksons Heimat statt. In den Erscheinungsjahren der drei Filme (2001, 2002 und 2003) folgten jeweils aufwändige Nachdrehs. Jackson, Walsh und ihre Co-Autor*innen Philippa Boyens und Stephen Sinclair mussten bereits vor Beginn der Produktion inhaltlich umdisponieren. Denn in der Erwartung, dass kein Filmstudio der Welt drei Filme produzieren würde, hatten sie ihre Adaption ursprünglich auf zwei Teile ausgelegt. Doch glücklicherweise erklärte sich New Line Cinema bereit den dreibändigen Roman als Trilogie zu verfilmen.

Es gab also mehr Zeit und Spielraum im Mittelteil. Dafür hatte sich das Drehbuch-Team etwas einfallen lassen, dass in der Vorlage so nicht passiert. Elrond und Arwen reisen von Bruchtal nach Lothlorien zu Galadriel und ihrem Gatten Celeborn und beraten über mögliche Schritte im Kampf gegen das Böse. Sie entschließen sich ein Heer von Elbenkriegern mit Arwen zur Unterstützung Rohans bei der Verteidigung von Helms Klamm gegen Sarumans Truppen zu schicken. Diese Szenen wurden alle auch gedreht, doch entschloss man sich wegen negativer Fanreaktionen im Vorfeld diesen Teil des Plots zu ändern. Das elbische Selbstmordkommando (angeführt von Galadriels „Torwächter“ Haldir) blieb, doch Arwen wurde aus der Schlacht von Helms Klamm herausretuschiert. Die Beratung in Lothlorien wurde zur „Telepathie-Szene“ zwischen Elrond und Galadriel.

Gollum hat seine eigenen Pläne

Nach großer anfänglicher Begeisterung nach Kinostart (siehe meine euphorische Filmkritik von damals) machte sich bei den Wiederholungssichtungen damals etwas Unmut über die Änderungen breit. Zwei Jahrzehnte später sehe ich diese recht gelassen. Am weitestend vom Buch entfernt ist sicherlich die Figur des Faramirs, der über weite Strecken einen wenig freundlichen Eindruck macht. Im Kontext der Filmhandlung ergibt diese Änderung für mich allerdings Sinn. Aus heutiger Sicht wirken lediglich die Szene  mit Arwen dahingehend redundant, dass sie sich doch bereits im ersten Teil für ein sterbliches Leben mit Aragorn entschieden hat und nun auf Drängen ihres Vaters scheinbar zurückrudert. Eigentlich erfüllt diese Sequenz nur den Zweck die Figur der Elbin dem Publikum in Erinnerung zu halten. Richtig gestört hat mich nur die Szene als Frodo in Osgiliath den Einen Ring einem der Nazgul quasi vor die Nase hält und dass diese Tat ohne Konsequenzen blieb. Scheinbar hat Saurons flammendes Auge gerade in eine andere Richtung geschaut.  

Produktionstechnisch bleibt auch Die Zwei Türme 20 Jahre später noch der Goldstandard was aufwändige und hochwertige Fantasy auf der großen Leinwand betrifft. Die gekonnt eingefangenen, beeindruckenden Landschaften Neuseelands, Masken, Kostüme, Kulissen, visuelle Effekte usw., die Kombination stimmt einfach. Eben weil man hier im Gegensatz zu einer anderen von Jackson gedrehten Fantasy-Trilogie nicht überwiegend auf Computertricks setzte, sondern auf eine Kombination aus Locations, CGI, Miniaturen in Großformat (sogenannte „Bigatures“), Animatronics und plastische Make-Up-Prosthetics setzte, wirkt die Ästhetik auch heute noch alles andere als veraltet. Highlights dabei die von Andy Serkis per Motion-Capture-Verfahreneaindrucksvoll zum Leben erweckte Figur des Gollum und natürlich auch der wundersame Baumbart (in der Originalfassung vnn Gimli-Darsteller John Rhys-Davies gesprochen).

Schlacht um Helms Klamm

Unübertroffene Maßstäbe setzt auch die zentrale Schlacht um die Festung Helms Klamm, in welche sich König Theoden und das Volk von Rohan zurückziehen. Ein unerbittlicher Kampf gegen das zahlenmäßg massiv überlegene Orkheer Sarumans folgt. Die Dreharbeiten zu dieser gigantischen Schlacht dauerten mehrere Monate und fanden überwiegend nachts statt. Das Ergebnis ist eine perfekte Ergänzung vom Einsatz hunderter Statisten und Schauspieler*innen sowie der Vervielfältigung/Ergänzung der Truppen am Computer. Vor allem erweist sich hier das ganze Kampfgetöse als abolut handlungstragend, was man von der Action in einer anderen Trilogie nicht ganz behaupten kann. Weil der Film immer zwischen den unterschiedlichen Handlungssträngen wechselt, verkommt der Kampf Menschen und Elben gegen Uruk-Hai auch nie zum monotonen Schlachtengetümmel.

Zum bereits in Die Gefährten etablierten Ensemble um Elijah Wood, Ian McKellen und Viggo Mortensen stoßen einige Schauspieler*innen hinzu. Oft im Mittelpunkt steht Bernard Hill (Titanic) als verzweifelter, aber agiler König Théoden von Rohan. Brad Dourif (Dune – Der Wüstenplanet [1984]) gibt den schmerigen Grima Schlangenzunge, einen Diener Sarumans. Der Neuseeländer Karl Urban (später bekannt als Dr. McCoy im Star Trek-Reboot) hat als Théodens Neffe Éomer leider nicht sehr viel Screentime, vermag diese aber durchaus zu nutzen. Mit Éomers Schwester Éowyn, gespielt von Miranda Otto (Schatten der Wahrheit), gibt es endlich eine Frauenfigur mit durchgehender und nicht nur punktueller Präsenz. Als zwischen Trauer und Pflichtgefühl hin- und hergerissenen Faramir aus Gondor sehen wir David Wenham (Dark City, Moulin Rouge [2001]). Johhn Noble (Fringe) ist in einer der hinzugefügten Szenen bereits als Denethor, Truchsess von Gondor sowie Vater von Boromir und Faramir, zu sehen, obwohl er in der Kinofassung der Trilogie erst im dritten Teil auftritt.      

Teil 2 der Ringtrilogie entpuppt sich heute noch nicht nur als einzigartige Augenweide, sondern auch als tinensives Hörerlebnis. Das Sounddesign unterstreicht gekonnt den epischen Charakter der Handlung. Für die Kampfschreie der Uruk-Hai wurden übrigens die Zuschauer*innen eines Cricketspiels in Neuseeland aufgenommen. Howard Shore, welcher die Musik für die gesamte Trilogie komponierte, orchestrierte, ergänzt den Score um weitere Stücke, welche die unterschiedlichen Szenerien und Charaktere musikalisch stark ausdifferenziert bzw. Elemente aus dem ersten Teil virtuos wweiterverarbeitet. Sowohl in den actionreichen als auch in den ruhigen Szenen großartige Filmmusik. Das passend düstere Titellied Gollum’s Song im Abspann singt die Isländerin Emiliana Torrini.

Edoras, die Hauptstadt Rohans

Mit gut dreieinhalb Stunden (die Kinofasung dauert knapp drei) und 42 Minuten neuen bzw, erweiterten Szenen sprengt die „Extended Edition“ von Die Zwei Türme wie auch schon jene von Die Gefährten den Rahmen eines abendfüllenden Spielfilms und könnte eigentlich auch als zweiteilige Miniserie (Teilung durch den Disc-Wechsel bei der DVD-Fassung) durchgehen. Doch erscheinen mir die Ergänzungen überwiegend sinnvoll und die Laufzeit keineswegs zu lang. Dramaturgie und Pacing empfinde ich als rund und stimmig. Ob das auch für die Langfassung des dritten Teils, Die Rückkehr des Königs mit einer Spieldauer von ziemlich genau vier Stunden gilt, muss eine weitere Wiederholungssichtung zeigen. Im Dezember 2024 soll übrigens der Animationsfilm The Lord of the Rings: War of the Rohirrim in die Kinos kommen, welcher von der Verteidigung Rohans durch Helm Hammerhand 183 Jahre vor dem Ringkrieg handeln soll.      

Die “Special Extended Edition” von Der Herr der Ringe: Die zwei Türme erschien (mit umfangreichem Bonusmaterial zu vielen Aspekten der Produktion) am 18. November 2003 auf DVD und am 1. Juli 2011 auf BluRay. The Lord of the Rings: The Two Towers: The Complete Recordings, der komplette Score des zweiten Teils, erschien 2006 auf drei CDs und einer DVD sowie später auch auf BluRay, Vinyl und als Digital Download.

Fazit: Der vermeintlich schwächere Mittelteil von Peter Jacksons Adaption des Ringepos entpuppt sich zwanzig Jahre später als grandioses Fantasy-Abenteuer, in dem fast alles stimmig wirkt. 10 von 10 Punkten.



Sarumans Heer
Faramir ist misstrauisch
Éomer und die Rohirrim
Baumbart
Aragorn wird von Éowyn bewundert



Anmerkungen zur Extended Edition
* 214 Minuten entspricht der Laufzeit des Films inklusive des offiziellen Abspanns bei PAL-Beschleunigung, allerdings ohne den Fanabspann. Die “Extended Edition” enthält im Vergleich zur Kinoversion 42 Minuten neue und erweiterte Szenen. Die Ergänzungen im Detail kann man bei Schnittberichte.com hier und dort nachlesen.



Übersicht über die Reviews zur Herr der Ringe-Filmtrilogie:

Der Herr der Ringe: Die Gefährten
(Rezension zur Kinofassung vom 02.01.2002)

Der Herr der Ringe: Die Gefährten
(Rezension zur Extended Edition vom 17.02.2019)

Der Herr der Ringe: Die Zwei Türme
(Rezension zur Kinofassung vom 22.12.2002)

Der Herr der Ringe: Die Zwei Türme
(Rezension zur Extended Edition, siehe oben)

Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs
(Rezension zur Kinofassung vom 21.12.2003)



Marius Joa, 24. November 2023. Bilder: New Line Cinema/Warner.

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