An Evening with Beverly Luff Linn

Mein erster Ausflug zum Fantasy Filmfest konnte kurioser kaum sein. Gezeigt wurde die schräge Komödie An Evening with Beverly Luff Linn von Regisseur Jim Hosking.

An Evening with Beverly Luff Linn
Komödie USA, UK 2018. 108 Minuten. Kinostart: unbekannt.
Mit: Aubrey Plaza, Jemaine Clement, Emile Hirsch, Craig Robinson, Matt Berry, Zach Cherry, Sky Elobar, Jakob Wysocki, Sam Dissanayake u.a. Regie: Jim Hosking. Drehbuch: Jim Hosking und David Wike.

 

Tote tragen doch Karos

In einer trostlosen Kleinstadt. Shane Danger (Emile Hirsch), der Manager einer kleinen Coffeeshop-Filiale muss auf Druck von der Firmenleitung einen seiner drei Mitarbeiter entlassen. Die Wahl fällt auf Shanes Ehefrau Lulu (Aubrey Plaza), die fortan den Tag gelangweilt vor dem Fernseher verbringt. Weil es Shane am nötigen Kleingeld fehlt um seiner Frau etwas bieten zu können, überfällt er gemeinsam mit seinen Angestellten Tyrone (Zach Cherry) und Carl (Sky Elobar) den Laden von Lulus Bruder Adjay (Sam Dissanayake), erbeutet dabei dessen Ersparnisse. Verzweifelt beauftragt Adjay den zufällig anwesenden Colin (Jemaine Clement), das Geld wieder zu beschaffen. Mit vorgehaltener Pistole gelingt es Colin zwar, die Kiste mit den Ersparnissen von Shane an sich zu bringen, doch Lulu nutzt die heikle Situation aus, um ihrem tristen Eheleben zu entfliehen. Während ihrer Flucht kommen Colin und Lulu im Moreland Hotel unter, wo schon bald eine vielfach beworbene Veranstaltung mit einem gewissen Beverly Luff Linn (Craig Robinson) stattfinden soll. Der in Schottenkaros gekleidete Beverly taucht schon bald gemeinsam mit seinem Partner Rodney Von Donkensteiger (Matt Berry) auf. Colin spürt, dass es zwischen Lulu und dem geheimnisvollen Mann, der stets nur Brummlaute von sich gibt, eine Verbindung gibt. Shane macht sich unterdessen auf die Suche nach seiner geflohenen Gattin…

Auf dem Sundance Film Festival 2016 debüttierte mit The Greasy Strangler ein mittlerweile berüchtigter Film über einen Serienkiller, der sich mit Bratfett einschmiert, das Regiedebüt von Jim Hosking. Zwei Jahre später zeigte der britische Regisseur auch sein zweites Werk in Sundance. An Evening with Beverly Linn Luff dreht sich um ein mysteriöses magisches Event, bietet dabei eine überaus schräge Komödie mit herrlich eigenwilligen Figuren und absolut unpassender Mode. Für mich war der vielversprechende Trailer und die Besetzung (u.a. Aubrey Plaza!) Anlass genug die über 100 km Entfernung auf mich zu nehmen und erstmals das Fantasy Filmfest in Nürnberg zu besuchen.

Das Fantasyfilmfest findet jedes Jahr im August und September in sieben deutschen Städten (Berlin, Hamburg, München, Stuttgart, Frankfurt, Köln und Nürnberg) statt. Auf dem Programm stehen unterschiedliche Werke aus den Genres Fantasy, Horror und Science Fiction. Auf den ersten Blick scheint An Evening with Beverly Luff Linn in keine dieser Genres zu passen. Doch irgendwie fühlt man sich hier in einer fiktionalen Parallelwelt, die von schrägen Typen bevölkert wird. Als Drehort für die höchst triste, namenlose Kleinstadt diente im Februar 2017 Eureka in Kalifornien. Die ganze Szenerie wirkt als hätten Joel und Ethan Coen (No Country For Old Men) gemeinsam mit David Lynch (Twin Peaks), dem Altmeister des unerklärlich Surrealen, einen Film gedreht und mit wenigen Ausnahmen unbekannte Schauspieler mit maximalem Schrulligkeitsfaktor gecastet. Getoppt werden diese urkomischen Figuren nur noch durch deren höchst zweifelhaften Kleidungsstil. Mit Ausnahme von Protagonistin Lulu sind alle dermaßen scheußlich angezogen, dass es auf eine merkwürdige Art schon fast wieder cool wirkt. Der von Jemaine Clement gespielte Colin scheint gar aus einem Sketch der Bullyparade zu kommen. Sowohl die Casting-Leute als auch das Kostümdesign-Team hätten jedenfalls mindestens eine Oscar-Nominierung verdient.

Aufgrund der meist überzogen banalen Dialoge und des aus den Eigenarten der Charaktere entstehenden, nicht immer sehr niveauvollen Humors sowie das sprunghafte Verhalten der Haupfiguren dürfte es Hoskings zweiter Spielfilm beim Publikum ziemlich schwer haben. Wer sich allerdings auf die ganze Chose einlässt, der vermag den im besten Sinne eigenwilligen Stil des Briten wohlmöglich zu genießen. Das Drehbuch wechselt zwischenzeitlich etwas die Ausrichtung. Nach den Heist-Movie-Elementen zu Beginn entwickelt sich die Story mehr in Richtung Mystery und klingt mit melancholisch-romantischen Ton aus, was dem ganzen Szenario eine liebevolle Note verleiht. Schauspielerisch gibt es hier nicht nur viele Nebendarsteller, die allein aufgrund ihres Aussehens herausstechen. Auch die etwas namhafteren Akteure können überzeugen. Als seltsame Lulu brilliert erneut Aubrey Plaza (Ingrid Goes West), die sich meist für ungewöhnliche Rollen entscheidet. Jemaine Clement zeigt als Colin vollen Körpereinsatz, nicht nur bei der gemeinsamen Tanzeinlage mit Legion-Kollegin Plaza. Daneben glänzen aber auch die meist unzerstrennlichen Matt Berry (The IT Crowd, Disenchantement) und Craig Robinson (Ghosted) sowie der hemmungslos übertrieben agierende Emile Hirsch (Into The Wild, Speed Racer).

Einen regulären deutschen Kinostart für An Evening With Beverly Luff Linn gibt es bisher leider nicht. In den USA startet der Film am 19. Oktober, im Vereinigten Königreich eine Woche später.

 

Fazit: In An Evening with Beverly Luff Linn agieren die beiden Legion-Darsteller Aubrey Plaza und Jemaine Clement in einem schrägen Szenario zwischen Coen-Brüder, David Lynch und Bullyparade. Zum Brummen! 9 von 10 Punkten.

 

Lulu ist gelangweilt

 

Ehemann Shane (rechts) plant einen großen Coup


Marius Joa, 30. September 2018. Bilder: Universal Pictures/Picturehouse Entertainment.

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