Civil War (2024)

Die USA sind mittlerweile ein politisch tief gespaltenes Land. Der britische Filmemacher und Schriftsteller Alex Garland (u.a. The Beach, Ex Machina, Men) hat dies zum Anlass für sein neuestes Werk genommen, den kompromisslosen Kriegsfilm Civil War.

Civil War
Kriegsdrama USA, UK 2024. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 109 Minuten. Kinostart: 18. April 2024.
Mit: Kirsten Dunst, Wagner Moura, Cailee Spaeny, Stephen McKinley Henderson, Nick Offerman u.a. Drehbuch und Regie: Alex Garland.



Zwischen ungewissen Fronten

In nicht allzu ferner Zukunft. In den Vereinigten Staaten von Amerika herrscht mittlerweile ein blutiger Bürgerkrieg. Der US-Präsident (Nick Offerman) befindet sich in seiner dritten Amtszeit und hat mit dem Beschuss ziviler Ziele den Zorn mehrerer Bundesstaaten heraufbeschworen. Angeführt von Kalifornien und Texas marschiert diese Western Front allmählich auf die Hauptstadt zu, um den Präsidenten zu stürzen. Die Journalisten Lee (Kirsten Dunst) und Joel (Wagner Moura) wollen vorher mit ein letztes Interview mit dem mächtigsten Mann des Landes führen. Gemeinsam mit dem erfahrenen Kollegen Sammy (Stephen McKinley Henderson) und der jungen Nachwuchsfotografin Jessie (Cailee Spaeny) wagen sie die gefährliche Reise nach DC. Auf dem Weg dorthin kommt es immer wieder zu verlustreichen Gefechten zwischen den Streikräften der Western Forces und den Anhängern des Präsidenten. Lee und ihre Kolleg*innen geraten immer wieder in die Schusslinie…

Alexander „Alex“ Madawar Garland (geboren 1970) startete nach ersten Erfolgen als Schriftsteller, etwa mit The Beach (zu deutsch Der Strand; 1996), 2000 von Danny Boyle verfilmt, eine zweite Karriere im Bereich Film. Nach Drehbüchern zu 28 Days Later (2002), Sunshine (2007), Alles, was wir geben mussten (2010) und der Comicverfilmung Dredd (2012) folgte mit dem Science-Fiction-Drama Ex Machina (2014) Garlands Debüt als Regisseur. Daraufhin folgte Auslöschung (2018, hierzulande bei Netflix erschienen) und der Folk-Horror-Beitrag Men (2022). Civil War ist die vierte Regie-Arbeit des Briten. Obwohl die 50-Millionen-Dollar-Produktion (die teuerste für das gefeierte Indie-Studio A 24) grob unter der Genre-Überschrift Science-Fiction firmiert so wird hier ein Szenario durchgespielt, welches erschreckend nahe am Puls der Zeit ist.

Amerika in desolatem Zustand

Verstärkt durch teils unkontrollierten Hass und Hetze in den sozialen Netzwerken geht seit ein paar Jahren ein tiefer Riss quer durch die Vereinigten Staaten von Amerika. Befeuert wird diese auch durch den demagogischen Ex-Präsidenten Donald Trump, dessen erneute Kandidatur für die Partei der Republikaner bei der bevorstehenden Wahl im November 2024 trotz der unzähligen Gerichtsverfahren gegen ihn wohl unvermeidlich scheint. Der demokratische Partei hingegen fällt nichts besseres ein als dem 77jährigen Trump den 81jährigen, aktuellen Amtsinhaber Joe Biden entgegenzustellen. Eine der größten Weltmächte unter der Kontrolle von zwei Männern, deren durchschnittliche Lebenserwartung fast erreicht oder eventuell bereits überschritten ist. Kein Wunder, dass die Stimmung so aufgeheizt wirkt.  

Vermutlich durch den Sturm militanter Trump-Anhänger auf das Kapitol am 6. Januar 2021 inspiriert schrieb und inszenierte Garland seinen filmischen Blick in die sehr nahe Zukunft der USA. Wann genau sich die Handlung abspielt wird nicht erwähnt. Aufgrund des gleichen technologischen Standes lässt sich allerdings herauslesen, dass die hier gezeigte Zukunft nicht weit weg ist. Recht diffus hat Garland die politischen Verhältnisse verarbeitet. Hauptquelle des Widerstands sind ausgerechnet die beiden politisch Lichtjahre entfernten Bundesstaaten Texas (rechtskonservativ) und Kalifornien (liberal), ein Zusammenschluss, den es in der Realität so sicher nicht geben würde. Der US-Präsident und seine Regierung werden als autoritär dargestellt und dagegen wenden sich die Western Forces. Genauere politische Zusammenhänge erfährt man aber nicht.

Mal abgesehen von TV-Reden des Präsidenten und Bildern von militärischen Einsätzen behält Civil War fast durchgehend die Perspektive der vier Journalist*innen/Fotograf*innen bei. Lee, Joel und ihr Schützling Jessie, begeben sich nicht selten in hochgefährliche Situationen, wenn sie Feuergefechte der beiden Kriegsparteien hautnah mit ihren Kameras einzufangen versuchen und ihnen dabei die Kugeln um die Ohren fliegen. Um die Intensität der Kampfhandlungen überzeugend nachzustellen, wurden diese nach eingehender Beratung mit Veteranen möglichst realitätsnah inszeniert. Dadurch erreicht der Film eine erschreckende Authentizität. Besonders absurd erscheint eine Szene, in welcher das Hautfiguren-Quartett in einem heruntergekommenen, kleinen Weihnachtspark auf Soldaten treffen, die sich mit Gegnern in der Ferne ein Feuergefecht liefern, es aber nicht klar ist, ob die Parteien nicht vielleicht auf der gleichen politischen Seite des Krieges stehen.

Der titelgebende Bürgerkrieg hat in dieser fiktionalisierten Version Amerikas natürlich auch seine Spuren bei der Zivilbevölkerung hinterlassen. Während sich manche Gegenden aus dem Konflikt herauszuhalten versuchen und auf heile Welt machen herrschen anderso endzeitliche Zustände, in denen brutale Selbstjustiz und sinnloses Morden auf der Tagesordnung stehen. Die Odyssee nach Washington quer durch mehrere Staaten im Osten entpuppt sich daher immer wieder als Höllentrip.

Neben Garlands Stammschauspielerin Sonoya Mizuno in einer kleinen Rolle sehen wir die ungewohnt unglamouröse Kirsten Dunst (Spider-Man, Melancholia) als Lee, Wagner Moura (Narcos) als von der Situation angestachelten Joel, Cailee Spaeny (Priscilla) als junge Nachwuchsfotografin Jessie, die ihre Feuertaufe absolviert, Stephen McKinley Henderson (Lady Bird, Dune: Part One) als Journalismus-Veteranen Sammy und Nick Offerman (Parks and Recreation) als pathetische Reden schwingender Präsident.  

Fazit: Kompromissloses Kriegsdrama, dessen gnadenlos-zerfahrene Situation erschreckend realistisch wirkt. 8 von 10 Punkten.


Joel, Sammy, Lee und Jessie
Die Western Forces rücken vor
Jessie sucht das perfekte Bild



Marius Joa, 28. April 2024. Bilder: DCM Filmdistribution/A 24.


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