In ewiger Schuld

Harlan Coben ist nicht nur ein sehr erfolgreicher Autor von Thrillern, seine Bücher wurden auch schon oft als Serien adaptiert, vor allem von Netflix. Dort erschien Anfang 2024 In ewiger Schuld, in welcher die Pilotin Maya auf einem Überwachungsvideo ihren gerade verstorbenen Ehemann Joe zu sehen glaubt.

In ewiger Schuld (Fool Me Once)
Krimi-Miniserie UK 2024. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 8 Folgen. Gesamtlänge: ca. 380 Minuten. Starttermin: 1. Januar 2024.
Mit: Michelle Keegan, Adeel Akhtar, Joanna Lumley, Dino Fetscher, Emmet J. Scanlan, Marcus Garvey, Danya Griver, Daniel Burt, Laurie Kynaston, Clara Indrani, Jade Anouka, Richard Armitage u.v.a. Nach dem Roman von Harlan Coben. Adaption: Daniel Brocklehurst. Regie: David Moore und Nimer Rashed.



Fool me many times

Hubschrauberpilotin Maya Stern (Michelle Keegan), früher für das britische Militär tätig, musste innerhalb von wenigen Monaten zwei brutale Schicksalsschläge hinnehmen. Erst wird ihre Schwester Claire (Natalie Anderson) von einem Einbrecher getötet, wenig später ihr Ehemann Joe Burkett (Richard Armitage) auf offener Straße erschossen. Die Ermittlungen der Polizei in Person von DS Sami Kierce (Adeel Akhtar) haben bisher kaum Ergebnisse erzielt. Eines Tages entdeckt Maya auf dem Video der Nanny-Cam im Zimmer ihrer kleinen Tochter Lily (Thea Taylor-Morgan) ihren toten Ehemann Joe. Als das Kindermädchen Izabella (Natalia Kostrzewa) Maya daraufhin attackiert und mit dem Videomaterial verschwindet schöpft die Pilotin einen schrecklichen Verdacht. Auch mit der Hilfe ihres früheren Kollegen Shane Tessier (Emmet J. Scanlan), der mittlerweile für die Militärpolizei arbeitet, beginnt Maya auf eigene Faust zu ermitteln.

Judy Burkett (Joanna Lumley), Joes Mutter und Oberhaupt der schwerreichen, einflussreichen Burkett-Familie, äußert wiederum ihre Sorge um Mayas geistigen Zustand und Lilys Wohlbefinden. Kierce und sein neuer Partner Marty McGregor (Dino Fetscher) finden unterdessen heraus, dass sowohl Claire als auch Joe mit der gleichen Waffe getötet wurden. Claires Witwer Eddie (Marcus Garvey) und seine Kinder im Jugendalter, Abby (Danya Griver) und Daniel (Daniel Burt), versuchen unterdessen ihren schweren Verlust zu verarbeiten. In alten Kisten ihrer Mutter finden Abby und Daniel Hinweise auf deren Vergangenheit…

Maya ermittelt auf eigene Faust

Nicht nur die Bücher von Harlan Coben (geboren 1962) scheinen der letzte Schrei zu sein (90 Millionen verkaufte Exemplare, in über 40 Sprachen übersetzt), der amerikanische Thriller-Autor erfreut sich auch großer Beliebtheit bei Streamingdiensten. Netflix sicherte sich die Verfilmungsrechte an mehr als einem Dutzend Romane Cobens und hat seitdem sukzessive bereits elf Adaptionen jeweils als Miniserie veröffentlicht, nicht nur als englischsprachige Produktionen, sondern auch solche aus Argentinien, Frankreich, Polen und Spanien. Alle Adaptionen konnten die Erwartungen hinsichtlich Abrufzahlen mehr als erfüllen und landeten in den Streaming-Charts des Anbieters nach Erscheinen weit oben.

Obwohl ich konstruierten Krimiserien eher wenig abgewinnen kann, weil diese zumindest nach meiner Erfahrung nicht selten einen oder mehrere haarsträubend-unlogischen Twists präsentieren, so gab ich In ewiger Schuld eine Chance. Zum einen fand ich die Prämisse spannend und wollte wissen, ob sich die Protagonistin ihren toten Ehemann nur einbildet oder ob mehr dahintersteckt. Außerdem fand ich es interessant Joanna Lumley, mir vor allem bekannt als Patsy Stone aus der britischen Kult-Comedyserie Absolutely Fabulous, mal in einer ganz anderen Rolle zu sehen. Die achtteilige Adaption des Romans (Originaltitel Fool Me Once) bediente dann fast genau meine Erwartungen, im positiven wie negativen Sinne.

Wie es bei ähnlichen Krimi-Formaten wohl mittlerweile wohl üblich (ich denke da an die ersten beiden Staffeln der ebenfalls bei Netflix veröffentlichten britischen Scandi-Noir-Serie Marcella) wird auch hier die Zeit (gut sechs Stunden) genutzt, um ein einigermaßen zahlreiches Ensemble an Figuren aufzufahren und falsche Fährten auszulegen, welche für (zwischenzeitliche) Spannung sorgen, bevor dann sukzessive die wahren Hintergründe enthüllt werden. Die Handlung wurde von New York bzw. New Jersey aus der Vorlage ins Vereinigte Königreich verlegt. Daniel Brocklehurst (Shameless) agierte wie schon bei mehreren Coben-Adaptionen zuvor als Chefautor. Zu seinem Team von Drehbuchautor*innen zählte auch Harlan Cobens Tochter Charlotte.

Im Zuge der jeweiligen Ermittlungen von Maya Stern und Sami Kierce werden unterschiedliche Geheimnisse enthüllt und Abgründe aufgetan. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch der Whistleblower Cory (Laurie Kynaston), dessen Enthüllung über einen schief gelaufenen Einsatz in Afghanistan einst Mayas militärische Karriere beendet. Auch mysteriöse Todesfälle aus der Vergangenheit und die Machenschaften eines Pharmakonzerns eines Pharmakonzerns. Die Inszenierung arbeitet vor allem in der ersten Hälfte immer wieder mit Jump-Scare-artigen Flashbacks (vor allem auf den Tod Joes und Mayas verhängnisvollen Hubschrauber-Einsatz), die leider in Kombination mit der effektheischenden Musik recht plump wirken.  

Im Rahmen der überaus konstruierten Geschichte fand ich den großen Twist kurz vor Schluss dann nicht ganz so haarsträubend wie befürchtet. Zumindest nicht so, dass man völlig ungläubig die Hände über dem Kopf zusammenschlagen müsste. Der Haupthandlungsstrang um Mayas Ermittlungen erweist sich aus meiner Sicht allerdings auch als der uninteressante, trotz diverser Wendungen und der kuriosen Auflösung. Wesentlich spannender und bewegender gestaltet sich die Storyline des ermittelnden Polizeibeamten Sami Kierce, der mit unerklärlichen Blackouts und anderen Ausfallerscheinungen zu kämpfen hat, wobei er diese vor seiner schwangeren Verlobten sowie seinem Arbeitsumfeld geheim zu halten versucht. Auch die Spurensuche nach Claires Vergangenheit durch ihre beiden Kinder konnte mich mehr überzeugen als die im Zentrum stehende Handlung.        

Schauspielerisch präsentiert sich In ewiger Schuld solide, auch wenn Michelle Keegan (Coronation Street) in der Hauptrolle der traumatisierten und gebeutelten Witwe, Ex-Soldatin und Mutter etwas zu routiniert und Joanna Lumley als undurchsichtige Schwiegermutter ein wenig verschenkt wirkt. Adeel Akhtar (Rote Robin, Sweet Tooth) bekommt als Sami Kierce dann schon mehr Gelegenheit zu glänzen. Richard Armitage (Thorin Eichenschild aus der Hobbit-Trilogie), Stammschauspieler der Coben-Adaptionen bei Netflix, wird zwar auf dem Poster und im weiteren Promomaterial sehr hervorgehoben, hat effektiv allerdings wenig Screentime.

Die komplette Miniserie In ewiger Schuld ist seit dem 1. Januar 2024 Teil des Angebots von Netflix.

Fazit: Konstruiert-wendungsreiche Krimi-Miniserie, bei welcher die Nebenhandlungsstränge interessanter als der Hauptplot wirken. 5 von 10 Punkten.

Judy, Matriarchin der Burkett-Familie
Joe wird ermordet
DS Sami Kierce
Abby und Daniel



Marius Joa, 19. April 2025. Bilder: Netflix.


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