Beauty Water

Wer schön sein will muss leiden, sagt ein altbekanntes Sprichwort. Die junge Yaeji ist bereit dafür fast alles zu geben, im koreanischen Anime-Horror Beauty Water.

Beauty Water (Gigigoegoe seonghyeon)
Anime/Horror Südkorea 2020. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 86 Minuten. Kinostart: 28. Dezember 2021.
Deutsche Sprecher: Rieke Werner (Yaeji), Julian Tennstedt (Jihoon), Lisa May-Mitsching (Kosmetikerin), Birte Baumgardt (Miri), Sabine Walkenbach (Mutter), Lutz Riedel (Vater), Dennis Herrmann (Manager) u.a. Nach dem Webtoon von Oh
Seong-dae. Drehbuch: Lee Han-bin. Regie: Cho Kyung-hun.

 

 

Vom hohen Preis der Schönheit

Als Kind war Yaeji (Deutsche Stimme: Rieke Wagner) eine talentierte Ballerina, doch blieb ihr der große Durchbruch verwehrt. Zwar hat sie einen Job als Make-Up-Artistin bei einer angesehenen Fernsehanstalt, doch über die Jahre auch durch Frustessen einiges an Kilos zugelegt. Auf der Arbeit und in der Öffentlichkeit ist Yaeji meist Opfer von Spott und Verachtung, vor allem durch die narzisstisch-arrogante Schauspielerin und Influencerin Miri (Birte Baumgardt). Den letzten Ausweg, schön und glücklich zu werden, sieht Yaeji in einem neuen Produkt namens Beauty Water, welches ein wunderschönes Gesicht und eine tolle Figur verspricht. Die Wirkung tritt auch wie versprochen ein und Yaeji wird unter neuen Namen zur umjubelten und von den Männern begehrten Schönheit, die eine erfolgreiche Karriere als Model und Schauspielerin startet. Doch Schönheit hat ihren Preis, wie die junge Frau erfahren muss…

 Die “alte” Yaeji

Während Animes, also japanische Zeichentrickfilme und -serien, die nicht selten auf japanischen Comics (Mangas) basieren, schon sehr lange ein großes Publikum in Deutschland gefunden haben, so sind es bei Produktionen aus Südkorea vielmehr die Spielfilme, wie Oldboy und Die Taschendiebin von Park Chan-wook, Snowpiercer und der mehrfach Oscar-gekrönte Parasite von Bong Joon-ho sowie ganz aktuell die bis zu Verblödung gehypte Netflix-Serie Squid Game. Animation aus Südkorea sind für den Westen meistens aus Kostengründen outgesourcte Arbeiten für große US-Produktionen. Bestes Beispiel dafür ist die seit 1989 laufende, satirische Zeichentrickserie Die Simpsons. Doch mittlerweile hat sich die südkoreanische Animationsindustrie auch einen gewissen Marktanteil außerhalb des eigenen Landes erworben. Die Kunstform bezeichnet man dort als aeni oder wie in Japan auch als anime. Meist einmal pro Monat veranstaltet der auf asiatische Trickfilm-Produktionen spezialisierte Verleih Kazé im deutschsprachigen Raum einen eintätigen Kinostart eines neuen Films. Am 28. Dezember 2021 war dies der koreanische Anime-Horror Beauty Water.

Südkorea und vor allem die Hauptstadt Seoul gelten als das Mekka der Schönheitschirurgie. Selbst ganze junge Menschen im Alter von 18 bis 20 Jahren, sofern mit ausreichenden finanziellen Mitteln gesegnet, begeben sich unters Messer, um bereits erste Makel korrigieren zu lassen. Googlet man ein wenig zu dem Thema, so kommt heraus, dass Südkorea die höchste Pro-Kopf-Quote an plastischen Chirurgen der Welt besitzt. Das Land ist in filmischer Hinsicht auch dafür bekannt, gesellschaftliche Thematiken in Genre-Filmen zu behandeln, siehe etwa die erwähnten Werke von Bong Joon-ho. Was liegt da näher als einen schaurigen Streifen über den Schönheitswahn zu machen? Basierend auf einer Serie im Rahmen der Anthologie-Webtoon-Reihe Tales of the Unusual von Oh Seong-dae entstand Beauty Water.

Leider besticht der Anime in visueller Hinsicht nicht gerade durch besondere Schönheit. Die Mischung aus eher traditionell handgezeichneten Elementen und CGI wirkt über weite Strecken steril und teils ungelenk, die Figuren scheinen einem Videospiel zu entstammen. Das ist natürlich recht schade, weil die grundlegende Ästhetik gut passt. Die schönen Menschen wirken übermäßig schön und relativ konturlos. Die Story gestaltet sich auch immer wieder sehr plakativ, und das nicht nur mit gruseligen Gore-Einlagen. Die Kompromisslosigkeit mit welcher das Streben nach vollkommener Schönheit und die Bereitschaft, dafür über Leichen zu gehen, hier dargestellt wird, erweist sich als durchaus konsequent. Es wird die Frage in den Raum geworfen, wie weit man bereits ist für das eigene gute Aussehen zu gehen und der ganze Schönheitswahn im letzten Drittel mit einem völlig unerwarteten Twist gnadenlos dekonstruiert. An manchen Stellen wäre vielleicht mehr drin gewesen, doch mein erster koreanischer Anime-Ausflug auf der großen Leinwand gestaltete sich dann doch einigermaßen gelungen. Die Webtoon-Serie von 2015 wurde übrigens 2020 mit New Beauty Water fortgesetzt. Sicherlich der letzte Schrei.

Beauty Water wird am 17. Februar 2022 auf DVD und BluRay erscheinen.

Fazit: Trotz durchwachsener Animationen und einer teils zu plakativen Story ein finsterer Anime-Horrorstreifen aus Südkorea über die Auswüchse des Schönheitswahns. 7 von 10 Punkten.

 

Die “neue” Yaeji ist überaus beliebt…

…und hat ein Date mit ihrem Traummann.

 

 

Marius Joa, 29. Dezember 2021. Bilder: Kazé.

 

 


Beitrag veröffentlicht

in

,

von

Kommentare

Eine Antwort zu „Beauty Water“

  1. Avatar von Gnislew

    Es war also ein solides Kinoerlebnis. Freut mich. Ich persönlich bin schon gespannt, welche Animes ich als nächstes so entdecke. Da scheint es ein sehr breites Spektrum zu geben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner