Elvis (2022)

Baz Luhrmann, bekannt für seine rasanten, farbenfrohen und glamourösen Filme wie Moulin Rouge und Der Große Gatsby (2013), hat sich an ein Biopic über den ” King of Rock ‘n’ Roll” gewagt. Das Ergebnis ist seit gut einer Woche in den Kinos zu sehen.


Elvis
Musikfilm/Biografie Australien, USA 2022. FSK: Freigegeben ab 6 Jahren. 159 Minuten. Kinostart: 23. Juni 2022.
Mit: Austin Butler, Tom Hanks, Olivia DeJonge, Richard Roxburgh, Helen Thomson, Luke Bracey, Kelvin Harrison Jr., Dacre Montgomery, Kodi Smit-McPhee, Xavier Samuel, David Wenham u.v.a. Drehbuch: Baz Luhrmann, Sam Brommell, Craig Pearce, Jeremy Doner. Regie: Baz Luhrmann.


The Colonel and the King

Elvis Presley (8. Januar 1935 bis 16. August 1977) gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Rock- und Popkultur des 20. Jahrhunderts und ist mit wahrscheinlich einer Milliarde verkauften Tonträgern der erfolgreichste Solo-Musiker weltweit. Der australische Filmemacher Baz Luhrmann (Strictly Ballroom [1992], William Shakespeares Romeo + Julia [1996], Moulin Rouge [2001], Australia [2008] und Der Große Gatsby [2013]) hat dem ikonischen “King” mit Elvis ein episches Denkmal gesetzt.

Elivs Aaron Presley (als Kind: Chaydon Jay; als Erwachsener Austin Butler) wächst als Kind von Gladys (Helen Thomson) und Vernon Presley (Richard Roxbourgh) als einziger weißer Junge in afroamerikanischen Vierteln von Tupelo, Mississippi und Memphi, Tennessee auf, wo er früh in Kontakt mit Gospel und Musik der schwarzen Bevölkerung kommt. Als Elvis in den 1950ern seine Karriere als Sänger startet wird der zwielichtige Rummelplatzbetreiber Colonel Tom Parker (Tom Hanks) auf ihn aufmerksam. Fortan fungiert Parker als Manager für den aufstrebenden Musiker, der mit der Kombination aus “weißer” Countrymusik und “schwarzem” Rhythm and Blues den Durchbruch schafft. Elvis’ Markenzeichen, das Hüftwackeln, sorgt für ekstatische Reaktionen bei seinen weiblichen Fans. Den gestrengen Sittenwächtern des konservativen Amerika zur Zeiten der Rassentrennung ist dieses Verhalten und der Umgang mit afroamerikanischen Musikern wie B.B. King (Kelvin Harrison Jr.) allerdings ein Dorn im Auge. Um eine möglichen Haftstrafe zu vermeiden leistet Elvis zwischen 1958 und 1960 seinen Wehrdienst in der US-Army in Deutschland ab, wo er seine spätere Ehefrau Priscilla (Olivia DeJonge) kennen lernt. Nach der Army-Zeit startet Elvis’ Karriere endgültig durch und mit überaus erfolgreichen Platten, Fernsehshows, Musikfilmen, umjubelten Konzerten sowie äußerst lukrativen Engagements in Las Vegas wird er zum Superstar. 1977 stirbt Elvis Presley mit nur 42 Jahren an den Folgen seiner Tablettenabhängigkeit.

Bereits 2014 wurde ein Biopic über Elvis Presley mit Baz Luhrmann als Regisseur angekündigt. Doch erst 2019 kam wirklich Bewegung in die Produktion als der zweifacher Oscar-Gewinner Tom Hanks (für Philadelphia [1993] und Forrest Gump [1994]) als Colonel Tom Parker gecastet wurde. Für die Titelrolle konnte Austin Butler (The Dead Don’t Die, Once Upon A Time in Hollywood) die wesentlich bekannteren Konkurrenten Ansel Elgort, Miles Teller, Aaron Taylor-Johnson und Harry Styles ausstechen. Die ausschließlich in Australien stattfindenden Dreharbeiten begannen Ende Januar 2020, mussten aber nach einer Corona-Infektion von Hanks sowie dem allgemeinen Shutdown vieler Film- und Fernsehproduktionen im März 2020 unterbrochen werden. Erst im September 2020 konnte die Produktion wieder aufgenommen werden und schließlich endete der Dreh im März 2021. Elvis feierte seine umjubelten bei den diesjährigen Filmfestspielen von Cannes am 25. Mai 2022.

Schon nach wenigen Minuten wird klar, dass Luhrmanns Interesse nicht darin liegt, das Leben des “King” chronologisch abzuarbeiten oder diesem eine straffe Dramaturgie überzustülpen wie es leider bei Bohemian Rhapsody (2018, über Freddie Mercury und Queen) und Rocket Man (2019, über Elton John) weitgehend getan wurde. Stattdessen inszenieren der Australier und sein Team das Ganze über weite Strecken wie eine rauschhafte Montage von Split Screens, Überblendungen, Flashbacks sowie für den Regisseur typischen schnellen Schnitten und ausladenden Kamerafahrten. Durch diese intensive Machart wird vor allem innerhalb der ersten Stunde das Phänomen Elvis und seine Wirkung auf die (vor allem weiblichen) Fans perfekt auf die Leinwand gebannt, die auch wirkt, wenn man selbst nicht unbedingt einen besonderne Bezug zur Musikikone hat. Obgleich viele Elemente nur angerissen werden oder eher im Hintergrund mitschwingen so ist es erstaunlich, wie viel Stoff in den mit 159 Minuten nicht gerade kurzen Film gepackt wurden. Die Fülle an Details und das hohe Tempo sorgen vor allem im letzten Drittel dafür, dass manch emotionale Szene ihre Wirkung nicht ganz entfalten kann. Nach Aussage des Regisseurs existiert eine 4-Stunden-Schnittfassung.

Im Zentrum der Handlung, die aus der Sicht von Presleys langjährigem Manager, dem zwielichtigen Colonel Tom Parker, erzählt wird, steht auch die Beziehung von Parker und seinem Schützling/Goldesel, wobei ersterer von Beginn an keinen Hehl daraus macht, dass es ihm vor allem darum geht, die Leute einzuwickeln und mit Elvis möglichst viel Geld zu verdienen. Das wird, eher neuartig für die damalige Zeit, auch mit umfassendem Merchandising erreicht, inklusive Buttons für jene, die dem titelgebenden Musiker mit großer Abneigung gegenüberstehen. Der Colonel und der King geraten über ihre unterschiedlichen Vorstellungen im Spannungsfeld von Kommerz und Kunst immer wieder aneinander, vor allem weil Elvis das Image des braven, familienfreundlichen Unterhalters, welches ihm aufgedrängt wird, nicht passt und er stattdessen auch als ernsthafter Künstler mit politischem Bewusstsein wahrgenommen werden möchte.

Was mich zunehmend an Luhrmanns Elvis beeindruckt hat war die Detailtreue und Authentizität mit welchem Schlüsselmomente im Wirken seiner Hauptfigur umgesetzt werden. Teilweise lassen sich das gelegentlich eingestreue Bildmaterial des Originals von den akribischen Rekreationen kaum unterscheiden. Und Hauptdarsteller Austin Butler (geboren 1991), der bisher überwiegend als Teenie-Star in diversen Serien und in den oben genannten 2019er Werken von Jim Jarmusch bzw. Quentin Tarantino in Erscheinung trat, liefert eine bärenstarke Performance ab. Butler sieht Presley eigentlich überhaupt nicht ähnlich, doch Make Up, Hairstyling und Nachbildungen der ikonischen Kostüme machen die Transformation perfekt. Dazu gelingt es dem zur Zeit der Dreharbeiten 28 bzw. 29 Jahre jungen Schauspielers in der Originalfassung die sich über die Jahre wandelnde Sprechweise und den Akzent von Elvis mit fast unheimlicher Genauigkeit zu imitieren. Und wenn der jüngere Elvis im Film singt dann hören wir da auch wirklich den Gesang von Austin Butler. Lediglich für den älteren “King” griff man auf Originalaufnahmen zurück.

Fazit: Atemlose, detailreiche und gewollt diffuse Montage voller Glamour und Ekstase über Aufstieg und Fall des “King of Rock ‘n’ Roll”, erzählt aus der Sicht des langjährigen Managers Colonel Parker und mit einem starken Austin Butler in der Titelrolle. 8 von 10 Punkten.

 

Elvis bringt die Fans zur Ekstase
 

Elvis und seine Mutter
 

Der Colonel und der King

 


Marius Joa, 3. Juli 2022. Bilder: Warner.

 

 


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Kommentare

Eine Antwort zu „Elvis (2022)“

  1. Avatar von Ulrike

    Ist ja interessant, wer alles für die Rolle gegenüber Austin Butler das Nachsehen hatte. Harry Styles? Huch!

    So gerne ich ihn auch singen höre, als Elvis wäre er für mich eine Fehlbesetzung – auch wenn ich nach wie vor der Meinung bin, dass es nicht auf die Ähnlichkeit mit dem dargestellten Vorbild bin. Erst, wenn man trotz fehlender Ähnlichkeit vergisst, dass die Person auf der Leinwand nicht die dargestellte Person ist, dann stimmt alles.

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