The End (2024)

Leinwandikone Tilda Swinton in einem Musical? Das gab es bisher wohl noch nie. Wie der Titel andeutet, handelt es sich bei The End von Joshua Oppenheimer auch um ein Endzeit-Drama über eine abgeschottet unter der Erde lebende Gruppe, die Jahrzehnte nach einer verheerenden Katastrophe einen weiteren Überlebenden findet. 

The End
Drama/Musical Dänemark, Deutschland, Irland, Italien, Schweden, UK 2024. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 149 Minuten. Kinostart: 27. März 2025. Mit: Tilda Swinton, George MacKay, Moses Ingram, Michael Shannon, Bronagh Gallagher, Tim McInnerny, Lennie James u.a. Drehbuch: Rasmus Heisterberg und Joshua Oppenheimer. Regie: Joshua Oppenheimer.



Endzeit im schicken Bunker – Das Musical

Kurz bevor die Menschheit durch eine verheerende Klimakatastrophe weitgehend ausgelöscht wurde, konnte sich ein Milliardär (Michael Shannon) mit Familie und wichtigen Vertrauen in einem Bunker eines stillgelegten Salzbergwerks retten, wo sie gut zwanzig Jahre später immer noch ein angenehmes Leben führen können. Neben der Frau des reichen Mannes (Tilda Swinton), ihrer besten Freundin (Bronagh Gallagher), dem Butler (Tim McInnerny) und einem Arzt (Lennie James) lebt dort auch der mittlerweile erwachsene Sohn des Paares (George MacKay), der die Welt dort oben nur aus Erzählungen seiner Eltern kennt und diese in einem epischen Diorama nachbaut. Eines Tages findet die Gruppe eine junge Frau (Moses Ingram). Entgegen den ursprünglichen Prinzipen wird sie im Bunker aufgenommen. Während sich der Sohn und die neue Mitbewohnerin langsam näher kommen sorgt die Anwesenheit von letztgenannter dafür, dass alte Wunden und Geheimnisse allmählich ans Licht kommen…

Nachdem er zuvor ausschließlich Kurzfilme und zwei Dokumentationen inszeniert hatte legte der amerikanische Filmemacher Joshua Oppenheimer (geboren 1974) mit The End seinen ersten fiktionalen Spielfilm vor. Für die Mischung aus postapokalyptischem Drama und Musical konnte er namhafte Schauspieler*innen gewinnen. Allen voran natürlich die schottische Oscar-Gewinnerin Tilda Swinton, welche hier (zumindest nach einem Kenntnisstand) erstmals ihre Sangeskünste auf der Leinwand präsentierte, als Ehefrau des von Michael Shannon (Nocturnal Animals, Shape of Water) gespielten Milliardärs. Außerdem sehen wir unter anderem George MacKay (1917, The Beast [2023]) als behütet aufgewachsenen Sohn und Bronagh Gallagher (The Commitments, Pulp Fiction) als beste Freundin der Mutter. Die Rolle der jungen Frau, welche sich den Bunker-Bewohner*innen anschließt, übernahm Moses Ingram (Das Damengambit).

Prämisse und Papierform der internationalen Produktion (zur Heerschar der Produzent*innen zählen neben Oppenheimer und Swinton auch die Regisseure Werner Herzog und Sam Mendes) klingen durchaus spannend und vielversprechend. Superreiche, die sich für den gravierenden Ernstfall einen luxuriösen Bunker bauen, gibt es ja in der Realität auch. Man nennt dies „doomsday prepping“. Doch was macht es mit einem, wenn man zu den wenigen Menschen gehört, welche eine apokalyptische Katastrophe überlebt hat? Wenn man manche seiner Lieben zurücklassen musste? Und wie verarbeitet ein junger, in behüteter Isolation aufgewachsener Mensch die Erkenntnis, dass ihm seine Eltern viele Lügen erzählt haben? Diese und andere Themen reißen Oppenheimer und sein Co-Autor Rasmus Heisterberg (Die Königin und der Leibarzt) hier an, ausgelöst durch die Aufnahme der jungen Frau in die „Bunker-Gemeinschaft“. Aber bezüglich all dieser Fragen kratzt The End fast nur an der Oberfläche.  

Die Musical-Sequenzen, komponiert sowie getextet von Joshua Schmidt und Marius De Vries (Romeo & Julia [1996], Moulin Rouge), bremsen die Handlung aber eher aus oder ziehen den Film unnötig in die Länge, als dass sie als sinnvolle Ergänzung fungieren. Aus meiner Sicht hätte die Geschichte auch ohne sie funktioniert und die ganze Angelegenheit locker 45 Minuten kürzer sein können und sich nicht über zweieinhalb Stunden erstrecken müssen.

In inszenatorischer und schauspielerischer Hinsicht kann The End aber durchaus punkten. Die in einem echten Salzbergwerk in Italien gedrehten Bilder lassen die Szenerie wie eine verschneite Winterlandschaft wirken. Dazu wirken die opulenten Räumlichkeiten der reichen Familie mit ikonischen, teuren Gemälden an den Wänden wie dreidimensionale Räume, die gekonnt von der Kamera eingefangen werden, und nicht nur als Kulisse. Während George MacKay eine Entwicklung vom abgeschirmten Jüngling zum kritisch hinterfragenden Erwachsenen durchmacht und diese glaubhaft spielt, so gibt Tilda Swinton seine psychisch labile und gelegentlich abwesende Mutter mit fragiler Ruhe.     

The End von Joshua Oppenheimer ist Teil des Angebots von MUBI sowie seit dem 18. Dezember 2025 auf DVD und BluRay erhältlich.

Fazit: Stark bebildertes und gespieltes Endzeit-Drama mit weitgehend überflüssigen Musical-Nummern, das inhaltlicher leider ziemlich an der Oberfläche bleibt. 6 von 10 Punkten.



Marius Joa, 25. Dezember 2025. Bilder: MUBI.


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