Drei Jahre nach Skyfall kehrt der bekannteste Geheimagent der Welt mal wieder auf die Leinwand zurück. In Spectre macht James Bond Jagd auf ein Phantom aus der Vergangenheit während sein Status auf dem Spiel steht.
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Spectre
Agententhriller UK/USA 2015. FSK: Freigegeben ab 12 Jahren. 148 Minuten. Kinostart: 5. November 2015. Mit: Daniel Craig, Christoph Waltz, Léa Seydoux, Ben Whishaw, Naomie Harris, Dave Bautista, Andrew Scott, Monica Bellucci, Ralph Fiennes, Rory Kinnear, Jesper Christensen u.a. Regie: Sam Mendes. Drehbuch: John Logan, Neal Purvis, Robert Wade, Jez Butterworth.
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Jagd auf das Phantom
Beim traditionellen Straßenfestival zum Tag der Toten in Mexiko City gelingt es James Bond (Daniel Craig) den Attentäter Sciarra zu stellen und dadurch einen Terroranschlag zu verhindern. Zurück in London wird 007 vom gar nicht begeisterten M (Ralph Fiennes) suspendiert, weil der Agent ohne Genehmigung gehandelt und damit dem neuen Geheimdienstbeauftragten Max Denbigh alias C (Andrew Scott), der das Doppelnullprogramm zugunsten effektiverer Dronen einstellen will, in die Karten gespielt hat. Mit der Unterstützung des Quartiermeisters (Ben Whishaw) und Miss Moneypenny (Naomie Harris) forscht Bond auf eigene Faust weiter. Sciarras Witwe (Monica Bellucci) bringt ihn auf die Spur einer mysteriösen Organisation, die hinter jüngsten Terroranschlägen steckt. Dabei trifft 007 auf einen totgeglaubten alten Vertrauten…
Von Beginn an, seit Daniel Craig (*1968) zum sechsten Darsteller des legendären Geheimagenten James Bond gekürt wurde, war man bemüht die langjährige Filmreihe neu zu beleben. Craigs erster 007-Auftritt, Casino Royale (2006), funktionierte nicht nur als recht werkgetreue Adaption von Ian Flemings erstem Roman sondern auch als eindringliche Vorgeschichte des Doppelnullagenten, wie er durch seine folgenschwere Liebe zu Vesper Lynd zu jenem wurde, den wir als James Bond kennen. Zwei Jahre später begab sich Bond in dem kurzen, aber heftigen Ein Quantom Trost (2008) auf eine Art Rachefeldzug. Zum 50jährigen Jubiläum der Filmreihe erschien im November 2012 das 23. Bond-Abenteuer. Skyfall führt zwar die zuvor noch ignorierten Figuren Miss Moneypenny und Q wieder ein, behielt den neuen Kurs aber bei.
Der nun erschienene Spectre will nun den Spagat schaffen, die Craig-als-Bond-Reihe zu einem zusammenhängenden Ende zu führen und sich gleichzeitig wieder verstärkt auf alte Elemente konzentrierten. Nicht dass diese Zielsetzung nicht erreichbar gewesen wäre. Nur ist der 24. Bond-Film im Vergleich zu seinen jüngsten Vorgängern dann noch etwas enttäuschend geraten, wenn auch zu keiner Zeit ein Reinfall geworden.
Dabei hat sich das Team um Sam Mendes, dem Rückkehr auf den 007-Regiestuhl, wirklich mächtig ins Zeug gelegt. Fast ohne Computereffekte und mit vielen gewohnt waghalsigen Stunts wurden einige spannende Szenerien auf die Leinwand gezaubert, beginnend mit einer mehrminütigen Plansequenz ohne Schnitt und einer anschließenden Hubschrauberhatz in Mexiko City am traditionsreichen “Tag der Toten”. Ansonsten führt den Geheimagent Ihrer Majestät die Reise diesmal nach Rom, Österreich, Marokko und wieder zurück nach London. Was aber die knalligen Actionszenen, rasanten Verfolgungsjagden und illustren Locations nicht kaschieren können: insgesamt ist Spectre dann doch recht substanzlos.
Zwar bietet das Drehbuch interessante und potenzialträchtige Ansätze, etwa wenn die aus den frühen Filmen bekannte Verbrecher-Organisation SPECTRE von der Zeit des Kalten Krieges in das 21. Jahrhundert mit völlig veränderter politischer und gesellschaftlicher Landschaft übertragen wird. Um die Welt vor SPECTRE und anderen gefährlichen Bedrohungen zu schützen, wollen sich neun Staaten, darunter Großbritannien zu einem gemeinsamen Überwachungssystem zusammenschließen, was die bisherige Vorgehensweise des britischen Geheimdienstes mit seiner “prähistorischen” Doppelnullsparte natürlich obsolet machen würde. In Skyfall wurde anhand einer nicht unähnlichen Thematik ein abwechlungsreicher und tiefgehende Plot aufgebaut. Spectre hingegen versagt hier eher, liefert lediglich diffuse Andeutungen.
Zu gewollt ist darüber hinaus auch der Bösewicht und seine Hintergrundgeschichte. Im Vorgänger brachte der Showdown den Zuschauer in Bonds Elternhaus irgendwo im schottischen Nirgendwo. Nun erfahren wir, was mit James nach dem Tod seiner Eltern passiert ist und dass der große Megaoberböse, der hinter allen Fieslingen seit Le Chiffre steckt, nicht nur Bonds “Bruder”, sondern natürlich auch noch Blofeld ist. Echt jetzt, das soll das große Geheimnis gewesen sein? Bond jagt also die ganze Zeit nur ein Phantom, das nur ein Phantom ist?
Oscar-Preisträger Christoph Waltz (alias Franz Oberhauser alias Ernst Stavro Blofeld) ist ein hervorragender Schauspieler, aber die nur leicht abgewandelte Rolle des linkisch-charmanten Fieslings (Inglourious Basterds, Django Unchained) hat er jetzt schon zu oft gespielt, als das noch wirklich packen würde. Und auch Andrew Scott befindet sich zu sehr auf “Moriarty-Autopilot” aus Sherlock als dass die wahren Motive seiner Figur noch überraschend wären.
Während Skyfall visuell und inszenatorisch aus einem Guss war, liefert Spectre viele für sich allein genommen gelungene Einzelsequenzen. Selbst das äußerst kurze Tête-à-Tête mit Monica Belluci, dem ältesten und wohl am meisten verschwendeten Bond-Girl der Geschichte, sorgt immerhin für stimmungsvolle Minuten. Daniel Craig glänzt mit seiner eigenen Form von Bonds humorvoller Lässigkeit, nicht ohne jedoch in den entscheidenen Momenten ausreichend Ernsthaftigkeit an den Tag zu leben.
Wer mit Craig als Bond nie so richtig warm wurde, den dürfte freuen, dass Spectre nach all den Holzhammerhinweisen auf ein Leben nach dem Agentsein wohl sein letzter 007-Streifen bleiben wird. Doch was kommt danach? Hoffentlich kein übereilter Reboot wie er derzeit in der Blockbuster-Welt zum letzten Schrei gehört. Aber wenn dann wenigstens mit besserem Titelsong.
Fazit: Spectre unterhält als rasanter, spannender 007-Thriller, verschenkt aber vor allem seine inhaltlichen Möglichkeiten. 7 von 10 Punkten.
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