Frankenstein (2025)

Mit der Adaption des Romans von Mary Shelley von 1818 hat sich der mexikanische Filmemacher Guillermo del Toro einen Traum erfüllt. Nach kurzer Kinoauswertung Ende Oktober 2025 ist sein Frankenstein mittlerweile bei Netflix zu sehen.

Horror/Drama USA 2025. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 150 Minuten. Starttermin: 7. November 2025.
Mit: Oscar Isaac, Jacob Elordi, Mia Goth, Felix Kammerer, David Bradley, Lars Mikkelsen, Christoph Waltz u.a. Nach dem Roman von Mary Wollstonecraft Shelley. Drehbuch und Regie: Guillermo del Toro.



Das Monster und seine Schöpfung

1857. Ein dänisches Schiff unter dem Kommando von Kapitän Anderson (Lars Mikkelsen) auf dem Weg zum Nordpol rettet einen schwer verletzten Mann aus dem Eis. Dieser entpuppt sich als Victor Frankenstein (Oscar Isaac). Wenig später wird die Besatzung von einer hünenhaften Kreatur (Jacob Elordi) angegriffen. Die Kreatur fordert die Herausgabe Frankensteins. Victor erzählt Anderson daraufhin seine Geschichte.

Als Teenager (Christian Convery) leidet Victor nicht nur unter der strengen Hand seines Vaters (Charles Dance), eines erfolgreichen Mediziners, sondern auch darunter, dass die Mutter (Mia Goth) bei der Geburt seines kleinen Bruders William stirbt. Von da an nimmt sich Victor vor, den Tod durch Wissenschaft zu besiegen. 1855 wird der erwachsene Frankenstein von der Universität in Edinburgh verwiesen, weil er mit Hilfe von Elektrizität totes Gewebe wieder zum Leben erweckt. Nachdem Victors Bruder William (Felix Kammerer) sich mit Elizabeth (Mia Goth), der Nichte des einflussreichen Waffenhändlers Heinrich Harlander (Christoph Waltz), verlobt, liefert Harlander dem geschassten Mediziner die Mittel, um seinen Traum in die Tat umzusetzen. Es gelingt Victor schließlich, eine aus Leichenteilen zusammengefügte Kreatur zu erschaffen…

Die Kreatur

Nachdem er mit der Serie Cabinet of Curiosities und den gemeinsam mit Mark Gustafsson inszenierten, Oscar-gekrönten Stop-Motion-Animationsfilm Pinocchio im Jahr zuvor schon hochkarätiges Material für Netflix produziert hatte, konnte Guillermo del Toro auch sein langersehntes Wunsch-Projekt für den Streaminganbieter umsetzen. Denn seit langem träumte der Mexikaner davon, eine eigene Adaption von Frankenstein (1818), jenem ikonischen Roman von Mary Wollstonecraft Shelley, der vor zweihundert Jahren den Startschuss für moderne Science-Fiction gab, zu drehen. Knapp zwei Jahrzehnte nach ersten Ankündigungen fanden von Februar bis September 2024 die Dreharbeiten im kanadischen Toronto sowie an unterschiedlichen Orten in England und Schottland statt. Nach der Welturaufführung auf den 82. Internationalen Filmfestspielen von Venedig am 30. August 2025 gab es ab 23. Oktober einen limitierten Kinostart in Deutschland, bevor del Toros Frankenstein ab dem 7. November 2025 bei Netflix weltweit veröffentlicht wurde. Mit großem Aufwand und hochkarätiger Besetzung hat der Mexikaner seine Version inszeniert. Am Ende bin ich aber leider nicht so angetan, wie ich es mir im Vorfeld erhofft hatte.

Als potenzielle und sehr wahrscheinliche Highlights 2025 standen für mich Robert Eggers Remake von Nosferatu und del Toros Neuverfilmung von Frankenstein zu Beginn des Jahres fest. Beide Filme sind durchaus gelungen. Doch bei beiden wird man vom Gefühl beschlichen, dass aufgrund der Personalien auf dem Regiestuhl insgesamt mehr drin gewesen wäre. Denn so hochwertig die neue Version von Frankenstein inszeniert wurde und zudem eine hochkarätige Besetzung aufbietet, wirklich komplett funktioniert del Toros Vision nicht.

James Whales ikonische erste Filmversion des Stoffes von 1931 hat definitiv einen großen Einfluss auf den Mexikaner ausgeübt. Und dennoch sucht er inhaltlich mehr die Nähe zur Vorlage zu Shelleys Vorlage, siehe die Rahmengeschichte an Bord des dänischen Schiffes und der grobe Handlungsverlauf. Andererseits gibt es dann doch immer wieder Abweichungen, etwa in der Figur des Heinrich Harlanders, der Frankenstein mit seinem Geld und Einfluss zur Seite steht. Die ganze Story wird sehr schlüssig aufgezogen. Doch die intensive Nachwirkung wie bei del Toros Pinocchio oder seinem positiv besprochenen, aber gefloppten Remake Nightmare Alley (2021) bleibt eher aus.

Wer wirklich das Monster der Geschichte darstellt, darüber dürfte man sich weitgehend einig sein. Nicht die monströs aussehende Kreatur, sondern ihr von Hybris und Narzissmus getriebener, titelgebender Schöpfer. Diese beiden Charaktere stehen deutlich im Zentrum der Geschichte, auch wenn Frankensteins Kreatur erst etwa in der Mitte des Films zum Leben erwacht. Oscar Isaac (Star Wars-Sequeltrilogie, Dune [2021])kann als titelgebende rWissenschaftler an der Grenze zur Göttlichkeit durchaus überzeugen. Doch mit zunehmender Laufzeit hatte ich mich an diesem Victor Frankenstein recht sattgesehen.

Im Gegensatz zur von Jacob Elordi (Euphoria [Serie], Saltburn) verkörperten Kreatur. Auch wenn der Australier stundenlange Make-Up-Prozeduren über sich ergehen lassen musste und kaum zu erkennen ist, so vermag er der unwirklich-übermenschlichen Schöpfung auf eindringliche Weise Leben einzuhauchen. Als „Monster“ verschriene Außenseiter liegen del Toro bekanntlich besonders am Herz und bei der wohl berühmtesten Schöpfung der Phantastik liefert der Regisseur wie erwartet.

Weil sich das Geschehen sehr auf Schöpfer und Schöpfung konzentriert erhalten die weiteren Schauspieler*innen eher wenig Raum zur Entfaltung, egal ob Felix Kammerer (Im Westen nicht Neues [2022]) als Victors jüngerer Bruder William oder Mia Goth (X, Pearl, MaXXXine) in einer Doppelrolle als Frankenstein-Mutter und Williams Braut Elizabeth. Außerdem werden Christoph Waltz (Inglourious Basterds, Django Unchained) und Charles Dance (Game of Thrones, Die Erlösung der Fanny Lye) in für sie üblichen Rollen verschenkt, ersterer als wortgewandter Teutone und der andere als gestrenger Vater.

Zur Handschrift des mexikanischen Filmemachers gehört es auch, dass er auf detailreiche Sets und Kulissen setzt, die tatsächlich gebaut werden und nicht aus dem Computer stammen. Die Szenerie von Frankenstein zelebriert dies mit unwirklichen Bildern. Dass etwa die Tiere allzu offensichtlich CGI-Animationen sind, schmälert den optischen Gesamteindruck. Zumal sich del Toro ja immer deutlich gegen zuviel künstliche Bildwelten aus dem Rechner und KI als kreatives Tool ausspricht.                   

Frankenstein von Guillermo del Toro ist seit dem 7. November 2025 Teil des Angebots von Netflix.

Fazit: Hochkarätige Neuverfilmung des ikonischen Stoffes durch Guillermo del Toro, die allerdings ihr Potenzial sowohl inhaltlich als auch inszenatorisch etwas liegenlässt. 7 von 10 Punkten.


Der reiche Harlander…
…und seine Nichte Elizabeth



Marius Joa, 23. November 2025. Bilder: Netflix.


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