Lisa Frankenstein

Über 200 Jahre nach Erscheinen wirkt Mary Shelleys Roman Frankenstein immer noch in unterschiedlichen Adaptionen und Versionen nach. Zelda Williams (Regie) und Diablo Cody (Drehbuch) machen aus dem Stoff eine romantische Horrorkomödie: Lisa Frankenstein.

Lisa Frankenstein
Horrorkomödie USA 2024. FSK: Freigegeben ab 16 Jahren. 101 Minuten. Kinostart: 22. Februar 2024.
Mit: Kathryn Newton, Cole Sprouse, Liza Soberano, Henry Eikenberry, Joe Chrest, Carla Gugino u.a. Drehbuch: Diablo Cody. Regie: Zelda Williams.



Der Tote steht ihr gut

Nachdem sie als Kind Zeuge wurde wie ihre Mutter von einem Einbrecher ermordet wurde ist Lisa (Kathryn Newton) nicht mehr dieselbe. Zwar hat sie ihre stumme Phase überwunden, doch bevorzugt die Highschool-Schülerin allein zu sein. Ihr Vater Dale (Joe Chrest) hat neu geheiratet und seiner Tochter mit Taffy (Liza Soberano) eine liebevolle Stiefschwester sowie mit Janet (Carla Gugino) eine biestige Stiefmutter beschert. Heimlich schwärmt Lisa für ihren Mitschüler Michael (Henry Eikenberry), Chefredakteur der Schülerzeitung. Gerne zieht sie sich auf den heruntergekommenen viktorianischen Friedhof in der Nachbarschaft zurück und verbringt ihre Zeit am Grab eines junges Mannes, der vor über hundert Jahren verstarb. Nach einem verheerenden Sturm mit heftigen Blitzschlägen wird die Leiche dieses jungen Mannes (Cole Sprouse) zum Leben erweckt…

Für ihr erstes Skript zur Komödie Juno (2007) gewann Diablo Cody (geboren 1978) den Oscar in der Kategorie bestes Originaldrehbuch. Es folgten Drehbücher zu den Filmen Jennifer’s Body (2009) und Young Adult (2011). Ihr neues Werk ist das Skript zu Lisa Frankenstein, dem Regiedebüt von Zelda Williams (geboren 1989), der Tochter des berühmten Hollywoodstars Robin Williams (1951-2014). Darin trifft eine einsame Schülerin auf einen durch Blitzschlag wieder zum Leben erweckten Toten.

Lisa und die Kreatur
Lisa und die Kreatur

Die Liste der Verfilmungen von Mary Shelleys 1818 veröffentlichten Roman über einen Wissenschaftler, der eine aus Leichenteilen zusammengeflickte Kreatur zum Leben erweckt, ist lang. Nach der ersten Tonfilm-Adaption Frankenstein von 1931 folgte mit dem kürzlich gesichteten Frankensteins Braut (1935) eine Fortsetzung, beide inszeniert von James Whale, sowie weitere Streifen aus dem Hause Universal. Frankensteins Fluch (1957) von Terence Fisher läutete wiederum die lange Reihe von Horrorfilmen aus den britischen Hammer-Studios ein.

Kultparodist Mel Brooks veralberte den Stoff in Frankenstein Junior (1974). Zwanzig Jahre später drehte der vor allem für seine Shakespeare-Verfilmungen bekannte Kenneth Branagh seine Version der Geschichte. Vor fünfzig Jahren eroberte mit The Rocky Horror Picture Show (1975) von Richard O’Brien eine queer-campige Musicalverfilmung die Leinwände und avancierte zum Kultfilm. Auch im Serienformat war Frankenstein ein beliebtes Motiv, siehe etwa Penny Dreadful (2014-2016) von John Logan und The Frankenstein Chronicles (2015/17) von Benjamin Ross und Barry Langford. In diese weitläufigen Fußstapfen trat letztes Jahr Lisa Frankenstein, den ich leider im Kino nicht sehen konnte, und der dem Thema durchaus einen erfrischenden Twist hinzufügt.

Das Setting scheint hier schon fast die halbe Miete. Mit seinen stimmigen, aber nicht ausgelutschten Soundtrack und der passenden Ästhetik versetzt uns der Film deutlich in die etwas überstilisierten 1980er. Je länger ihre Freundschaft zu dem zutraulichen Untoten, den sie im begehbaren Schrank versteckt, andauert desto selbstbewusste wird die eigentlich schüchterne Protagonistin, was sich vor allem in ihrem immer stylisheren Kleidungsstil und überbordender Haarpracht äußert.

Williams und Cody zelebrieren ihr gemeinsames Werk als passende Mischung aus Achtziger Jahre Teenie-Komödie à la John Hughes sowie Edward mit den Scherenhänden (1990) bzw. Frankenweenie (2012) von Tim Burton bzw. dessen Gothic-Charme. Referenzen an das Slasher-Kino und an den legendären Stummfilm Die Reise zum Mond (1902) von Georges Méliès dürfen auch nicht fehlen. Trotz einer eher auf Jugendliche zugeschnitten Coming-of-Age-Story im Herz des Films erweist sich Lisa Frankenstein bisweilen auch als einigermaßen brutal, ohne jedoch in Gewaltspitzen auszuarten.

Vor allem Kathryn Newton (Freaky) als Lisa, aber auch Cole Sprouse (Hotel Zack & Cody) als stumme, etwas eingeschränkte Kreatur tragen einen großen Anteil am Unterhaltungswert. Und dass obwohl der Film im letzten Drittel etwas nachlässt, auch weil die Story insgesamt zu unentschlossen wirkt. Dennoch eine gelungene Neuinterpretation der archetypischen Vorlage von Mary Shelley, mit einer überwiegend weiblichen Crew.       

Lisa Frankenstein ist auf DVD und BluRay erhältlich sowie aktuell Teil des Angebots von Amazon Prime Video.

Fazit: Unterhaltsame, wenn auch inhaltlich etwas unausgegorene Frankenstein-Version als Mischung aus RomCom und 1980er Slasher-Horror. 7 von 10 Punkten.


Lisa und ihre liebevolle Stiefschwester Taffy
Janet, die biestige Stiefmutter



Marius Joa, 30. Oktober 2025. Bilder: Universal.


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